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Rat beschließt Erhöhung seiner Aufwandsentschädigungen

Hansestadt, 09.12.2011 - In seiner ersten "normalen" Sitzung nach der Konstituierung Anfang November hat der Rat der Stadt gestern die Erhöhung der Aufwandsentschädigungen für Ratsmitglieder, Fraktionen sowie Ortsratsmitglieder und ehrenamtlich Tätige wie vorgesehen beschlossen. Auch der umstrittene Bebauungsplan "Wohnpark am Wasserturm" wurde - erneut - verabschiedet, ebenso die geplante Anhebung der Grund- und Gewerbesteuern. Der Antrag der Linken zur Rückübertragung des Grundstückes in der Frommestraße wurde nicht angenommen.

In der mit Spannung erwarteten Sitzung wurde der Vorsitzende der Links-Fraktion, Michèl Pauly, zum Teil heftig attackiert. Dieser hatte sich im Vorfeld der Sitzung bereits öffentlich gegen die aus seiner Sicht völlig überzogene Höhe der geplanten Entschädigungssätze ausgesprochen (LGheute vom 06.12.). Das vor allem brachte ihm den Unmut der neuen Mehrheitsgruppe von SPD und Grünen im Rat ein. Heiko Dörbaum, Fraktionsvorsitzender der SPD, warf Pauly indirekt vor, den Rat bewusst vorgeführt zu haben: "Zuerst in die Medien und dann in den Rat, das geht nicht!"

In die gleiche Kerbe schlug Ulrich Blanck von den Grünen: "Wenn Sie gewollt hätten, hätten Sie einen anderen Weg gehen können." Pauly sei es nicht um die Kosten, sondern um die Bloßstellung von Personen gegangen; ansonsten hätte er erkennen müssen, dass die jetzt gefundene Regelung sogar Kosten einspare, da durch die Doppelfunktion von Fraktionsvorsitz und Bürgermeisteramt 20 Prozent weniger Kosten anfielen als bei jeweils getrennten Funktionsträgern.

Seine Parteikollegin Claudia Schmidt merkte immerhin an: "Ich finde es gut, dass es Opposition gibt". Sie rechtfertigte die neuen Sätze damit, dass ein Teil der Gelder nicht bei den Ratsmitgliedern bleibe, sondern der Partei zukomme, was wiederum FDP-Frau Birte Schellmann aufbrachte: "Der Stadtsäckel ist nicht dazu da, die Parteien zu finanzieren." Schellmann selber lehnte die Erhöhung ab, da dies ein falsches Signal zu dieser Zeit sei. Auch Torbjörn Bartels von der Piraten-Partei lehnte einen Beschluss in dieser Sache grundsätzlich ab, da er nicht über Mittel abstimmen wolle, die ihm selber zugute kämen.

Aber auch die CDU wollte sich dem Antrag der Linken für eine moderatere Erhöhung der Entschädigungen nicht anschließen. Fraktionschef Eckhard Pols bezeichnete die Entschädigungen als "eine Form von Schmerzensgeld", die nur ansatzweise die vorhandene Zeit und Arbeit vergüte, die tatsächlich bei Ratsmitgliedern, insbesondere bei Doppel-Funktionsträgern wie Andreas Meihsies, anfielen. Heftig reagierte auch Regina Baumgarten auf das Vorgehen des Fraktions-Linken: "Sie stellen den gesamten Rat an den Pranger und provozieren eine Neiddebatte."

Hier setzte auch Oberbürgermeister Ulrich Mädge an, der Pauly vorwarf, mit seinem Vorgehen die Politikverdrossenheit zu fördern und den rechten Rand des Parteienspektrums zu stärken. "Sie greifen die Funktionsträger an. Das ist schädlich für die Demokratie." Mädge räumte allerdings ein: "Es war ein Fehler, dass der alte Rat zuletzt vor 18 Jahren die Entschädigungen erhöht und zwischenzeitlich sogar reduziert hat." Bei dieser Gelegenheit ließ Mädge durchblicken, dass derzeit Planungen für die Anhebung des Gehalts für den Oberbürgermeister um rund 400 Euro laufen.

Eckhard Neubauer von der SPD sah durch Veröffentlichung der Aufwandsentschädigungen auf der Facebook-Seite von Michèl Pauly sein Recht auf informelle Selbstbestimmung verletzt und drohte mit rechtlichen Konsequenzen für den Fall einer Wiederholung. 

Nach heftiger Diskussion beschloss der Rat bei fünf Gegenstimmen und zwei Enthaltungen schließlich die geplante Erhöhung der Aufwandsentschädigungen.

Frommestraße

Abgelehnt wurde der Antrag der Links-Fraktion zur Überführung der Grundstücke Frommestraße 1 - 3 und Bastionstraße 1 - 2 in städtisches Eigentum. In ihrem Antrag kritisierten die Linken die drohende "Entmietung" durch den derzeitigen Besitzer und sprachen sich dafür aus, die Grundstücke zurück zu erwerben, um "Raum für Kultur und Kontemplation" zu schaffen. Andreas Meihsies brachte die Meinung der Mehrheit des Rates auf die ihm eigene Art mit der Feststellung auf den Punkt: "Wir wären doch mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn wir uns diese Problem-Immobilie an die Backe nageln." Insbesondere wandten sich die Fraktionen gegen die von den Linken als "Rückübertragung"  kaschierte Form der Enteignung.

Wohnpark am Wasserturm

Erneut musste der Rat über den Bebauungsplan "Wohnpark am Wasserturm" beschließen. Nach einem formalen Fehler im ersten Durchlauf - nicht allen Ratsmitgliedern wurden zur Sitzung im vergangenen Oktober sämtliche erforderlichen Unterlagen zur Verfügung gestellt - musste die bereits getroffene Entscheidung heute wiederholt werden. Pikant: Die Grünen, damals noch in der Opposition und erklärte Gegner des Projekts, mussten noch einmal Farbe bekennen. 

Ulrich Blanck von den Grünen versuchte es mit dem Gesamteindruck, den das Projekt bei ihm hinterlasse: "Ich bin kein Befürworter dieses Projekts, aber es sieht alles nicht so schlimm aus." Die geplante Exclusivzufahrt über die Friedenstraße sei "nicht gut", aber grundsätzlich sei das Vorhaben "kein häßliches Projekt". Sein Parteikollege Ulrich Löb wollte da allerdings nicht so ganz mit: "Wir geben öffentlichen Raum nicht aus der Hand", und vom Grünen-Mitglied Björn Adam kam sogar die Aufforderung: "Wir können jeden Fehler korrigieren."

Birte Schellmann von der FDP sah in dem Verwaltungsfehler "einen Wink des Schicksals". Sie bat alle Ratsmitglieder, ihrer inneren Stimme zu folgen und noch einmal über den B-Plan kritisch nachzudenken.

Michèl Pauly schließlich beantragte "wegen der besonderen Situation" die Abstimmung geheim durchzuführen, was von der Mehrheit des Rates aber abgelehnt wurde. Der Bebauungsplan Nr. 144 "Wohnpark am Wasserturm" wurde dann mit 24 Ja-Stimmen, acht Gegenstimmen und sieben Enthaltungen zum zweiten Mal beschlossen.

Anhebung der Grund- und Gewerbesteuern

Die Grund- und Gewerbesteuern werden erhöht. Der Rat beschloss dies mit den Stimmen von SPD, Grünen und Linken. Die CDU wies auf die negativen Auswirkungen dieser Erhöhung hin. "Neue Betriebe werden sich genau überlegen, wo sie sich ansiedeln wollen", gab Gerhard Scharf zu Bedenken. Schon jetzt seien die Gewerbesteuern in den Gemeinden um Lüneburg herum niedriger als in der Hansestadt. Zudem sei nicht nachvollziehbar, warum man jetzt die Steuern für Betriebe und Unternehmen anheben wolle, die aufgrund der positiven wirtschaftlichen Situation gerade unerwartete Mehreinnahmen in die Stadtkasse gespült hätten. Dem schloss sich auch die FDP an.

Oberbürgermeister Mädge erinnerte daran, dass für einen ausgeglichenen Haushalt noch ein Einsparvolumen von rund zwei Millionen Euro erforderlich sei. Wer die Grund- und Gewerbesteuer ablehne, müsse sagen, wo dann gespart werden soll.

Weitere Themen

Einstimmig stimmte der Rat der Änderungssatzung der Haupsatzung der Hansestadt Lüneburg zu. Damit können künftig auch in einigen Ausschüssen Beschlüsse gefasst werden, die vorher dem Verwaltungsausschuss vorbehalten waren.

Ebenfalls einstimmig wurden die Zuweisungen und Zuschüsse für die Ortschaften der Hansestadt in Höhe von 0,50 Euro pro Einwohner beschlossen.

Die Änderung der Vergnügungssteuer wurde vertagt. Die übrigen Anpassungen wurden wie vorgeschlagen angenommen. 

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