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Turbulente Ratssitzung mit Unterlassungserklärung

Hansestadt, 24.02.2012 - Turbulent ging es gestern in der Ratssitzung der Hansestadt zu. Gleich zu Beginn der Sitzung gerieten CDU-Fraktionschef Eckhard Pols und Oberbürgermeister Ulrich Mädge heftig aneinander. Harmloser Auslöser war die Renovierung des Ratskellers, doch dann war ein Vorgang im Verwaltungsausschuss Anlass für eine Unterlassungserklärung, die Pols Verwaltungschef Mädge zustellen wird. Sachlicher und zielführender waren die Diskussionen dann bei den weiteren Themen des Abends. Dabei nahmen die Reiterdenkmale der Stadt besonders breiten Raum ein.

Eigentlich war es nur eine Anfrage der CDU-Fraktion zu den Kosten für die Renovierung des Ratskellers. Die Fraktion um ihren Vorsitzenden Eckhard Pols wollte wissen, ob durch die Schadstoffbelastungen, die während der Renovierungsarbeiten im Ratskeller festgestellt wurden, der angesetzte Kostenrahmen eingehalten werde. Oberbürgermeister Ulrich Mädge entgegnete, dass darüber ausführlich in den jeweiligen Ausschüssen informiert worden sei, die CDU aber anscheinend ein internes Kommunikationsproblem habe. Die daraus resultierenden Anfragen, so Mädge, würden seine Verwaltung über Gebühr beanspruchen. "Wir sind hier nicht im Parlament, wo ein riesiger Stab an Mitarbeitern vorhanden ist", hielt Mädge Pols vor. Als dieser dennoch nachhakte, warf Mädge ein: "Im Bundestag dürfen Sie höchstens einmal pro Jahr sprechen".

Offenbar brachte dies bei Pols das Fass zum Überlaufen, denn er machte in einer persönlichen Erklärung deutlich, dass er nicht bereit sei, die beleidigenden und diffamierenden Äußerungen des Oberbürgermeisters weder für sich noch für andere CDU-Mitglieder weiter hinzunehmen. Zugleich nahm er das Verhalten des Oberbürgermeisters zum Anlass für eine Klarstellung im Zusammenhang mit der Besetzung einer Stelle bei der Stadt. Pols warf Mädge vor, im Verwaltungsausschuss der Stadt geäußert zu haben, dass er, Pols, Einfluss auf das Bewerbungsverfahren dieser Person genommen habe. Er kenne diese Person zwar, weise aber mit Entschiedenheit jede Einflussnahme zurück und gab bekannt, dass er Mädge hierzu eine entsprechende Unterlassungserklärung zustellen werde. Zudem, so Pols, lasse er sich nicht vorschreiben, zu welchen Themen sich seine Fraktion äußern dürfe und kündigte an, andernfalls zusammen mit seiner Fraktion die Sitzung zu verlassen.

"Wenn ich Sie persönlich getroffen habe, dann tut mir das leid, das war nicht meine Absicht", räumte Mädge ein, machte aber auch deutlich, dass die Belastungsgrenze für seine Verwaltung insbesondere vor dem Hintergrund des Großereignisses Hansetag erreicht sei. "Sie müssen selber entscheiden, wie Sie mit der Verwaltung umgehen wollen", sagte Mädge und empfahl, weitere Fragen an die Verwaltung bis nach dem Hansetag zurückzustellen. "Danach können Sie ja wieder losschießen", sagte Mädge und kündigte an, dass Pols Äußerungen über vertrauliche Informationen aus dem Verwaltungsausschuss ein Nachspiel haben werden.

Ebenfalls kontrovers, aber entspannter ging es dann bei den nachfolgenden Themen zu. Einig waren sich sämtliche Ratsmitglieder, Professor Dr. Anton Schafmayer für seine Verdienste als langjährigen Leiter und Chefarzt des Klinikums Lüneburg mit dem Ehrenring der Stadt Lüneburg auszuzeichnen. Kritik gab es aber dennoch seitens der Oppositionsparteien, die bemängelten, dass ihnen dieser Antrag der Mehrheitsgruppe erst einen Tag vor der Ratssitzung zur Kenntnis gegeben worden sei. "Wir hätten es begrüßt, wenn der Rat hierzu einen von allen Fraktionen gemeinsam eingebrachten Antrag eingebracht hätte", bemerkte nicht nur Regine Baumgarten von der CDU dazu.

Keine Zustimmung von CDU und Linken erhielt die Mehrheitsgruppe für ihren Antrag, "die Abordnung des Geschäftsführers der Wirtschaftsförderungs-GmbH (WLG) schnellstmöglich zu kündigen" (LGheute berichtete). Niels Webersinn von der CDU machte deutlich, dass diese Kündigung genau den gegenteiligen Effekt zur Folge habe, nämlich die Abkopplung von der für Lüneburg wichtigen regionalen Netzwerkstruktur. Dem hielt Ulrich Blanck von den Grünen entgegen, dass die derzeit gute wirtschaftliche Situation nicht ewig anhalte und man daher jetzt handeln müsse. Außerdem brauche die Region ein Gesicht, "und dieses Gesicht ist Enkelmann", so Blanck. Der Antrag wurde mit den Stimmen der Mehrheitsgruppe, der FDP/RRP-Fraktion und den Piraten angenommen.

Angenommen wurde gegen die Stimmen von CDU und Piraten-Partei auch der von der Mehrheitsgruppe eingebrachte Antrag, dem Bündnis "Kommunen für biologische Vielfalt e.V." beizutreten. Die CDU sprach sich dagegen aus, da Lüneburg in der Region ohnehin Vorreiter in vielen Umweltthemen sei. Außerdem hätte der Beitritt eine zusätzliche Bindung von Fachpersonal zur Folge, das von der Stadt gegenwärtig gar nicht bereitgestellt werden könne, so Eckhard Pols.

Eine Mehrheit fand auch die Abstimmung über die Einrichtung eines "Zukunftsrats zur Zusammenarbeit von Hansestadt Lüneburg, Landkreis Lüneburg und Leuphana Universität Lüneburg". Damit, so die Antragsteller von SPD und Grünen, solle die Zusammenarbeit zwischen der Stadt und der Universität verbessert werden. Nach Auffassung der CDU, die gegen den Antrag stimmte, sei dies gar nicht erforderlich, da auch bisher aufgetretene Probleme stets in vertrauensvollen Gesprächen mit der Universität hätten geklärt werden können. Zudem, so die CDU, sei die Leuphana als Stiftungs-Universität unabhängig und brauche keine Beeinflussung von außen.
Neben der CDU sprach sich auch die FDP gegen den Zukunftsrat aus, "obwohl wir die Idee grundsätzlich begrüßen", wie Birte Schellmann betonte. Zugleich aber befand sie, dass vieles von dem, was mit dem neuen Zukunftsrat umgesetzt werden solle, ohnehin schon passiere, und dass "ein zusätzlicher Zukunftsrat nur zusätzliche Mehrarbeit bedeutet", so Schellmann. Jens Kiesel von der Rentnerinnen und Rentner-Partei enthielt sich der Stimme.

Große Zustimmung fand der Vorschlag für die Bewerbung der Hansestadt um Aufnahme in die Tentativliste für die Anmeldung zur UNESCO-Weltkulturerbe-Liste. Bis auf die Enthaltung des Ratsmitglieds Kai-Ralf Kunath von der Links-Partei stimmten sämtliche Ratsmitglieder für die Bewerbung und lobten die gute Vorbereitung durch den Leiter des Salzmuseums, Dr. Christian Lamschus. Die CDU wollte wissen, welche Auswirkungen der Titel für Hauseigentümer in der Altstadt habe und regte an, dazu den Austausch mit den Fachleuten aus der Weltkulturerbe-Stadt Lübeck zu führen.

Mit der Bewerbung ist ein Gutachten vorzulegen, das als Bestandsliste den Zustand der historischen und schützenswerten Gebäude der Stadt auflistet. Als Kosten für dieses Gutachten wurden 200.000 Euro angeführt. Dieser Betrag, so Ulrich Völker von den Grünen, sei gut angelegtes Geld und würde sich positiv auf den für die Hansestadt wichtigen Tourismus auswirken. Eckhard Neubauer von der SPD ergänzte, er sei froh, "dass wir nun die Kultur der Abrissbirne überwunden haben". Lüneburg habe nun einmal kein Industrieunternehmen wie "VW" und sei auf den Tourismus angewiesen. Ein Welterbetitel für Lüneburg sei zudem eine "gute Alternative zu den 'Roten Rosen'".

Neu beschlossen wurde die Bildung eines gemeinsamen Grundsatzausschusses Energie mit dem Landkreis Lüneburg. Dies sei eine "Herzensangelegenheit der Grünen", sagte ihr Fraktionschef Andreas Meihsies, da es darum gehe, die Stadt im Jahr 2020 zu hundert Prozent mit Strom aus erneuerbarer Energie zu versorgen. Da dies aber nicht ohne den Landkreis gehe, brauche man jetzt den neuen Ausschuss.

Michèl Pauly, der die Bildung des Ausschusses grundsätzlich begrüsste, wandte ein, dass dadurch auch ein Unternehmen der Atomkraftindustrie mit am Tisch sitzen werde. Dem widersprach Ulrich Blanck. Der regionale Netzbetreiber (gemeint ist E.on Avacon; Anm. d. Red.) habe nichts mit Atomkraft zu tun, er müsse aber mit dabei sein, "denn anders geht es gar nicht", so Blanck. Pauly solle endlich aufhören, dieses Gerücht weiter in der Stadt zu verbreiten.

Der Bericht über die Diskussion um den Erhalt und die Sanierung der Reiter-Denkmale, die einen sehr breiten Raum während der Ratssitzung einnahm, kann hier nachgelesen werden.