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"Lüneburg darf auferlegte Demutshaltung ablegen"

Gutachten stärkt Position der Hansestadt bei künftigen Finanzverhandlungen

Hansestadt, 20.04.2012 - Welche ihrer Aufgaben sind freiwillig, welche nicht? Das wollte die Hansestadt Lüneburg genau wissen und gab dazu im Oktober vergangenen Jahres ein entsprechendes Gutachten in Auftrag. Hintergrund ist die Frage, wieviel der Kosten, die die Stadt für die Erfüllung ihrer Aufgaben zu tragen hat, bei der angestrebten Entschuldungshilfe vom Land Niedersachsen berücksichtigt werden. Gestern präsentierten die Gutachter im Rat ihr Ergebnis und gaben Anlass zu Hoffnung.

"Kultur ist eine gemeinsame Aufgabe von Land und Kommunen, und darum muss sie auch dauerhaft gemeinsam finanziert werden", lautet das Ergebnis der Untersuchung, das die Gutachter Dr. Konrad Deufel und Werner Lichtenberg von der profund GmbH aus Hannover vorstellten, beide ausgewiesene Kenner der Materie: Konrad Deufel als langjähriger Oberstadirektor von Hildesheim und Werner Lichtenberg als früherer Staatssekretär im niedersächsischen Innenministerium.

Als Oberzentrum im niedersächsischen Teil der Metropolregion ist Lüneburg nicht nur der wirtschaftliche und kulturelle Schwerpunkt des Landes Niedersachsen, sondern auch der Sogkraft der Metropole Hamburg ausgesetzt, so die Gutachter. Daher komme Lüneburg die Aufgabe zu, der Entleerung dieses Landesteils entgegenzuwirken. "Diese Situation ist für ein niedersächsisches Oberzentrum einmalig", stellte Deufel fest.

|| Aufgaben weit über den kommunalen Rahmen hinaus ||

"Lüneburg hat Aufgaben übertragen bekommen, die weit über den kommunalen Rahmen hinausragen", machte Gutachter Werner Lichtenberg deutlich. Deshalb müsse Lüneburg finanziell auch anders ausgestattet werden als eine Gemeinde, die diese Aufgaben - Infrastruktur-, Kultur-, Bildungsangebote, die weit in die Region hineinwirken - nicht vorhalten muss.

Dass diese Aufgaben nicht als freiwillige Leistungen der Stadt anzusehen seien, ergebe sich aus seiner Funktion als Oberzentrum und aus "dem Blick ins Gesetzbuch", bemerkte Deufel und verwies auf das Staatsziel Kulturförderung sowie auf Artikel 6 der Niedersächsischen Verfassung, in dem es heißt: "Das Land, die Gemeinden und die Landkreise schützen und fördern Kunst, Kultur und Sport."

Das drücke sich nicht nur in einzelnen Zuschüssen für bestimmte Projekte aus, sondern über die allgemeinen Finanzausgleichsleistungen hinaus sorge das Land durch Verträge und Einzelförderungen für die Erfüllung eines bestimmten Qualitätsanspruchs. Der Vertrag für das Theater Lüneburg zwischen Land und kommunalen Trägern ist für die Gutachter aus Hannover ein greifbarer Beleg dafür, dass die gemeinsame Aufgabe in diesem Teilbereich anerkannt wird.

Inwieweit diese Anerkennung auch auf andere Bereiche erweitert werden kann, müsse in Gesprächen mit den zuständigen Ministerien in Hannover geklärt werden, zu denen die Gutachter die Stadt ermutigten: "Lüneburg darf bei Verhandlungen auch mal die auferlegte Demutshaltung ablegen und Forderungen stellen." Seine Bedeutung und Funktion als einziges Oberzentrum in der Metropolregion sollte sich die Hansestadt bei den Gesprächen nicht ausreden lassen.

|| Aufgaben müssen erfüllt werden ||

Zugleich wiesen die Gutachter darauf hin, dass die Aufgaben, die Lüneburg als Oberzentrum zu erfüllen habe, selber nicht zur Disposition stünden, da es sich um "pflichtige Aufgaben" handele. Die Frage sei lediglich, wieviel der Kosten vom Land und wieviel von der Stadt zu tragen seien. Ob die dafür bereitgestellten Mittel für die Erfüllung dieser Aufgaben ausreichend seien, stehe allerdings auf einem anderen Blatt.

Für die Stadt kommen die Ergebnisse rechtzeitig, um sie in die laufenden Verhandlungen mit dem Land über eine Entschuldungshilfe mit einzubeziehen. An diese sind verschiedene Bedingungen geknüpft: So muss Lüneburg unter anderem nachhaltige Konsolidierungsbemühungen nachweisen und außerdem zeigen, dass es nicht zu viel für sogenannte freiwillige Leistungen ausgibt.

Mit dem vorliegenden Gutachten, das jetzt dem niedersächsischen Innenministerium zur Verfügung gestellt werden soll, scheint die Hansestadt aber gut gewappnet zu sein.