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Peter Koch mit Klage gegen Stadt erfolgreich

Erster Stadtrat hat korrekt gehandelt, Fachbereichsleiter nicht

Hansestadt, 21.06.2012 - Lüneburgs Erster Stadtrat Peter Koch hat beim Abschluss eines Pachtvertrages im Mai 2009 für die beabsichtigte Unterbringung der Jugendwerkstatt kein Dienstvergehen begangen. Dies hat das Verwaltungsgericht Lüneburg gestern entschieden. Der zuständige Fachbereichsleiter Eckhard Rödenbeck hingegen muss sich nach Auffassung des Gerichts ein Dienstvergehen im Vorfeld des Vertragsabschlusses vorwerfen lassen.

Das Urteil des Gerichts war mit Spannung erwartet worden. Geklagt hatten Lüneburgs Erster Stadtrat Peter Koch und der Fachbereichsleiter Eckhard Rödenbeck gegen den Verwaltungsausschuss der Hansestadt. Beide Beamten hatten im November 2011 Klage erhoben.

Hintergrund des Streits ist die Anmietung einer Immobilie durch die Stadt Lüneburg im Mai 2009. Damals wurde zur Erweiterung der städtischen Jugendwerkstatt ein Pachtvertrag zwischen einer Verpächterin und der Hansestadt Lüneburg geschlossen über eine Immobilie mit einer Nutzfläche von 1.470 qm. Der Vertrag wurde vom Ersten Stadtrat für die Hansestadt Lüneburg unterschrieben.
Eine anschließende Untersuchung ergab, dass der Estrich der früheren Gewerbehalle asbesthaltig war, woraufhin die Hansesadt Lüneburg den Vertrag im April 2010 kündigte. Die Verpächterin aber klagte beim Landgericht Lüneburg auf weitere Zahlung des Pachtzinses. Das zivilgerichtliche Verfahren wurde im Juli 2011 durch einen Vergleich beendet, wonach sich die Verpächterin zur Durchführung von Sanierungsarbeiten verpflichtete und der Vertrag mit der Hansestadt Lüneburg fortgesetzt wurde. Anfang 2011 hatte die Hansestadt die Jugendwerkstatt an einen freien Träger abgegeben.
Die Hansestadt sah darin, dass das Objekt trotz Verpflichtung zur Zahlung des Pachtzinses nicht für die Jugendwerkstatt genutzt werden konnte, einen Schaden und vertrat die Auffassung, dass der Erste Stadtrat und der Fachbereichsleiter ihre dienstlichen Pflichten im Vorfeld und bei Abschluss des Pachtvertrages verletzt hätten.
Im Januar 2011 wurden deshalb gegen beide Beamte Disziplinarverfahren eingeleitet. Der Verwaltungsausschuss der Hansestadt Lüneburg stellte die beiden Verfahren jeweils mit Verfügung vom 12. Oktober 2011 ein. In den Einstellungsverfügungen wurde jedoch festgestellt, dass sowohl der Erste Stadtrat als auch der Fachbereichsleiter Dienstpflichtverletzungen begangen hätten, eine Disziplinarmaßnahme aber nicht erforderlich sei.

Hinsichtlich des Ersten Stadtrates hat das Verwaltungsgericht mit seinem gestrigen Urteil die Einstellungsverfügung aufgehoben, soweit darin ein Dienstvergehen festgestellt worden ist.

Hinsichtlich des Fachbereichsleiters hat das Verwaltungsgericht entschieden, dass die Feststellung über das Vorliegen eines Dienstvergehens nicht zu beanstanden ist, weil er die Eignung der Liegenschaft und die Kosten vor der Entscheidung des Verwaltungsausschusses am 27. Januar 2009 über die Anpachtung nicht ausreichend geprüft habe.

|| Die Begründung des Gerichts ||

Das Gericht führt in den Urteilen aus:
"Im Hinblick auf den Ersten Stadtrat kann nicht festgestellt werden, dass er schuldhaft die ihm obliegenden Beamtenpflichten verletzt hat. Der Vorwurf des Verwaltungsausschusses, der Beamte habe sich nicht mit vollem persönlichem Einsatz seinem Beruf gewidmet und habe seine dienstlichen Aufgaben schuldhaft verletzt, ist nicht gerechtfertigt. Der Erste Stadtrat konnte bei der Unterzeichnung des Vertrages am 5. Mai 2009 von der Eignung des Pachtobjektes für die Unterbringung der Jugendwerkstatt ausgehen, nachdem Mitarbeiter und der Leiter des Fachbereichs 5 das Objekt besichtigt und für gut befunden hatten, die notwendige Beteiligung des Eigenbetriebes Gebäudewirtschaft stattgefunden hatte und die Kosten für die Herrichtung der Immobilie überschlägig ermittelt worden waren. Es war nicht Aufgabe des Beamten, vor Abschluss des Pachtvertrages erneut und eigenständig zu prüfen, ob das Objekt für die Jugendwerkstatt in jeder Hinsicht geeignet war. Der Beamte konnte zu diesem Zeitpunkt davon ausgehen, dass die mit der Prüfung des Pachtobjektes betrauten Mitarbeiter ihre Aufgaben verantwortlich durchgeführt hatten. Der Beamte war auch nicht verpflichtet, zusätzlich wesentliche inhaltliche Veränderungen des Vertrages vorzunehmen. Die Verantwortung für die Vertragsgestaltung war auf den Eigenbetrieb Gebäudewirtschaft übergegangen, der regelmäßig mit dem Abschluss von Verträgen über die Nutzung von Liegenschaften betraut war. Der Beamte hat zusätzlich die Aufnahme einer Klausel veranlasst, wonach der Vertrag frühestens nach fünf Jahren hätte gekündigt werden können. Anlass, eine frühere Kündigungsmöglichkeit zu vereinbaren, hat im Hinblick auf die von beiden Vertragspartnern grundsätzlich gewünschte längerfristige vertragliche Bindung nicht bestanden. Wegen der Förderung der Maßnahme im Rahmen des Europäischen Sozialfonds war eine langfristige Nutzung durch die seit Jahrzehnten von der Hansestadt betriebene Jugendwerkstatt vorgesehen. Entscheidend ist auch, dass zur Zeit des Vertragsschlusses ein Risiko, welches gesondert hätte abgesichert werden müssen, für den Ersten Stadtrat nicht erkennbar gewesen ist.

Der Fachbereichsleiter hingegen hat gegen seine beamtenrechtlichen Pflichten dadurch verstoßen, dass er eine baufachliche Überprüfung der Eignung der Liegenschaft und die Ermittlung der mit der geplanten Nutzung verbundenen tatsächlichen Kosten vor der Entscheidung des Verwaltungsausschusses am 27. Januar 2009 über die Anpachtung nicht ausreichend vorgenommen oder veranlasst hat. Vielmehr hat er sich auf die Einschätzung der baufachlich nicht ausreichend qualifizierten Mitarbeiter der Jugendwerkstatt verlassen, ohne rechtzeitig den Eigenbetrieb Gebäudewirtschaft zu beteiligen, damit dieser ggf. erforderliche weitere baufachliche Prüfungen veranlasst. Das war unter Berücksichtigung seiner Aufgaben als Fachbereichsleiter und der damit verbundenen Verantwortung nicht ausreichend. Weitere disziplinare Vorwürfe können dem Fachbereichleiter allerdings nicht gemacht werden."

Gegen die Urteile (Urteile v. 20.06.2012, Aktenz.: 10 A 25/11 und 10 A 26/11) ist die Berufung statthaft, wenn sie vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.