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Rat besiegelt Schicksal der Frommestraße

Große Mehrheit für Abriss der Frommestraße 5 - Kein Konzept für Nachnutzung

Hansestadt, 22.09.2012 - "Ich fordere Sie auf: Stellen Sie sich der Realität und setzen Sie sich mit den Fakten auseinander." Mit diesen Worten versuchte Andreas Meihsies, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Lüneburger Stadtrat, bei der Ratssitzung am Donnerstag die Diskussion um die Zukunft der Gebäude in der Frommestraße zu justieren.

Adressat seines Appells aber war nicht der versammelte Rat, sondern die rund 30 Bewohner und Sympathisanten der Frommestraße, die gekommen waren, um erneut auf ihre Situation aufmerksam zu machen. Genutzt hat es ihnen nichts, der Abriss des Hauses Frommestraße 5 wurde mit großer Mehrheit beschlossen.

Als Fakten führte Meihsies auf, dass - entgegen der in den vergangenen Tagen aus dem Umfeld der Frommestraßen-Bewohner vorgebrachten Kritik - die Politik und Verwaltung in Sachen Frommestraße durchgängig mit offenen Karten gespielt und stets umfassend und transparent informiert habe. Fakt sei weiter, dass sich die Senkung schneller und intensiver vollzogen habe als erwartet. Und: Fakt sei auch, dass sich die Hoffnung der rot-grünen Ratsmehrheit, die Frommestraße 4 unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten durch den Eigentümer zu sanieren und damit erhalten zu können, nicht erfüllt habe.

|| "Wir hätten uns auf das Abenteuer eingelassen" ||

Für die Mehrheitsgruppe sei aber ebenso Fakt, dass sich durch den - bereits vom Eigentümer beantragten - Abriss der Frommestraße 4 auch das Gebäude 5 nicht mehr halten lasse. "Wir - Rot-Grün - hätten uns auf das finanzielle Abenteuer einer Sanierung der Frommestraße 5 eingelassen, wenn es denn andere Rahmenbedingungen gegeben hätte", so Meihsies.

Anlass der Diskussion im Rat war eine Vorlage der Stadt, mit der für das weitere Vorgehen beim einsturzgefährdeten Gebäude Frommestraße 5 der Rat um ein Votum ersucht wurde. Dazu wurden zwei Alternativen angeboten: Entweder Abriss des Gebäudes oder Zustimmung zu weiteren Sicherungsmaßnahmen für zunächst ein weiteres Jahr. Kosten laut Stadt: Rund 160.000 Euro für den Abriss und 175.000 Euro für die Sicherung (LGheute berichtete).

|| Stadt will Verfügungskompetenz über Fromme-Grundstück ||

Doch damit nicht genug. Der Rat sollte zusätzlich abstimmen über einen Prüfungsantrag der rot-grünen Mehrheitsgruppe, um auszuloten, ob und zu welchen Bedingungen die Stadt das Grundstück Frommestraße 5 erwerben kann. Ziel sei es, "Verfügungskompetenz" über das Grundstück zu erlangen. Hintergrund sind Überlegungen, das Gebiet um die Frommestraße als Sanierungsgebiet auszuweisen.

Als Orientierungshilfe schlug die FDP hierfür einen Kaufpreis von 1 Euro vor, da damit die bisherigen Aufwendungen der Stadt berücksichtigt seien. Wenig Beifall fand die Idee des Grundstückserwerbs bei der CDU. Regina Baumgarten hielt der Mehrheitsgruppe vor, damit den Bewohnern Sand in die Augen zu streuen, da das Grundstück früher oder später ohnehin zum Ausgleich entstandener Kosten verkauft werden müsse.

Gegen den Vorwurf, das Grundstück letztlich nur für Investoren frei zu machen, verwahrte sich SPD-Ratsherr André Schuler. "Die Realität hat uns eingeholt", machte Schuler klar und wies darauf hin, dass eine Bebauung so lange nicht in Frage komme, solange der Boden unter den Häusern nicht zur Ruhe gekommen ist. 

|| "Wir sollten uns die Zeit nehmen" ||

Am Ende waren es die Linken und Piraten, die sich gegen den Abriss der Frommestraße entschieden. Beide sahen keine Veranlassung, ohne Not Fakten durch Abriss zu schaffen. Und beide wiesen darauf hin, dass in dem Gebäude niemand mehr wohne und daher auch keine Gefahr für Leib und Leben bestehe. "Wir haben die Zeit, also sollten wir sie uns nehmen", sagte Torbjörn Bartels, Fraktionschef der Piraten. 

Michèl Pauly, Fraktionschef der Linken, machte zudem deutlich, dass er gar nicht über Abriss oder Sicherung abstimmen könne, da für ihn die damit verbundenen Kosten nicht abschätzbar seien. Pauly bezog sich damit auf die Situation, dass die Stadt für ihre Einschätzung Szenarien zugrunde gelegt habe, die noch gar nicht ausgemacht seien, sprich: der Abriss auch der Frommestraße 4.

Gegen die Stimmen der CDU wurde schließlich der Prüfänderungsantrag der SPD angenommen. Für den Abriss der Frommestraße 5 stimmten 34 Ratsmitglieder, dagegen sprachen sich die Linken und Piraten aus, enthalten hatten sich Björn Adam und Sebastian Heilmann von den Grünen. Letzterer hatte selbst in der Frommestraße gewohnt und sprach am Donnerstag von einem persönlichen "Dilemma", da er sich einerseits den Menschen der Frommestraße verbunden fühle, andererseits die Anstrengungen und Nöte der Stadt vor Augen habe: "Wir haben das alles rauf und runter geprüft."

Wie es konkret mit den - vermutlich schon bald freien - Grundstücken in der Frommestraße weitergehen soll, darüber wurde im Rat nicht gesprochen.