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"Die Verwaltung hat einen riesengroßen Fehler gemacht"

Stadt verhängt Haushaltssperre - Sondersitzung des Rates am 30. November

Hansestadt, 16.11.2012 - Deutlich verärgert zeigte sich Oberbürgermeister Ulrich Mädge gleich zu Beginn der gestrigen Stadtratssitzung. Bei der Erläuterung zur kurzfristig geänderten Tagesordnung kritisierte Mädge scharf das Verhalten von CDU-Ratsmitglied Niels Webersinn und dem Ochtmisser FDP-Ortsratsmitglied Frank Soldan. Beide hatten im Vorfeld der Sitzung Verfahrensfehler bei der Behandlung des Nachtragshaushalts 2012 beanstandet mit dem Ergebnis, dass die Stadt jetzt eine Haushaltssperre verhängen musste. Die gestern ausgeteilte OB-Kritik wies Soldan heute umgehend zurück.

"Ich habe eine Haushaltssperre verhängt, bis Mitte Dezember werden keine freiwilligen Leistungen mehr ausgezahlt." Dies musste Oberbürgermeister Mädge gestern bekannt geben, nachdem die eigentlich ebenfalls für gestern vorgesehene Verabschiedung des Nachtragshaushalts 2012 nicht zustande gekommen war. Grund war die Absetzung dieses nicht ganz unwichtigen Themas von der Tagesordnung, da die Verwaltung offenkundig versäumt hatte, die Ortsräte hierzu im Vorfeld anzuhören, wie es das Niedersächsische Kommunalverfassungsgesetz (NKomVG) vorschreibt.

|| Die Suche nach den Schuldigen ||

Doch das wollte Mädge - als Chef der Verwaltung verantwortlich für die Arbeit im Rathaus - so nicht hinnehmen und versuchte, die Schuldigen in anderen Reihen ausfindig zu machen. In Frank Soldan und Niels Webersinn erkannte er auch umgehend diejenigen, die für das Debakel verantwortlich zeichnen sollten. Denn sie wollten nicht akzeptieren, dass die Stadt ihren Nachtragshaushalt für 2012 ohne Anhörung der Ortsräte verabschiedet. Während Soldan erklärt hatte, gegen einen so zustande kommenden Haushaltsbeschluss Rechtsmittel einlegen zu wollen, hatte Webersinn sich bereits an die Kommunalaufsicht des Landes Niedersachsen gewandt und um Prüfung gebeten (LGheute berichtete).

|| Liquidität nur noch bis Mitte Dezember ||

Mädge ruderte daraufhin zurück und sorgte dafür, dass das Thema wieder von der Tagesordnung verschwand. Doch das Thema ist damit nicht vom Tisch, denn der Rat muss sich am 30. November in einer Sondersitzung noch einmal mit dem Nachtragshaushalt beschäftigen, um die dringend erforderliche Anhebung der Kassenkreditlinie von 165 auf 175 Millionen Euro noch bis Mitte Dezember unter Dach und Fach zu bringen. Denn nur noch bis dahin ist die Liquidität der Stadt gewährleistet, so Mädge gestern. Vor der Sondersitzung des Rates sollen dann auch die Ortsräte angehört werden.

In der gestrigen Ratssitzung aber warf er Niels Webersinn unkollegiales Verhalten vor, schließlich sei Webersinn, der zugleich auch Mitglied im Ortsrat von Oedeme ist, als Ratsmitglied stets über die Haushaltsplanungen informiert gewesen. Dass Frank Soldan als Ortsratsmitglied eine Anhörung gewünscht habe, sei ihm erst zwei Tage vor der Ratssitzung von Soldan per E-Mail mitgeteilt worden, erklärte Mädge, der dem versammelten Stadtrat minutiös den E-Mail-Verkehr zwischen ihm und Soldan vortrug.

Doch der gestern Attackierte weist die Kritik zurück: "Die Aussagen des Oberbürgermeisters sind falsch. Ich habe Oberbürgermeister Mädge gegenüber nie deutlich gemacht, dass ich eine Anhörung wünsche. Ich habe ihn nur auf den entsprechenden Paragrafen 93 des NKomVG und den dazugehörigen Kommentar hingewiesen." Soldan habe ihn lediglich gebeten zu prüfen, wie eine Beteiligung der Ortsräte aussehen muss und kann und ob zum Beispiel die Ortsratsmitglieder zu einer Sitzung zusammenkommen müssen und ihnen die gesamten Haushaltsunterlagen zur Verfügung gestellt werden müssen.

|| "Die Rechtslage ist eindeutig" ||

Letztlich, so Soldan, sei der Verwaltung selber aufgefallen, dass sie die Ortsräte zwingend auch zum Nachtragshaushalt anhören müsse, nur die Einbindung der Ortsbürgermeister, wie Mädge es noch beabsichtigt hatte, reiche nicht aus: "Die Ortsbürgermeister können nicht entscheiden, ob die Ortsräte anzuhören sind oder nicht. Genauso wenig kann das die Verwaltung", sagt Soldan und sieht sich damit im Einklang mit dem NKomVG: "Wenn dem so wäre, hätte Herr Mädge ja auf die Anhörung verzichten können und die Ortsratsmitglieder nicht einzuladen brauchen." Das habe er aber nicht getan, die Rechtslage sei eindeutig, so Soldan.

"Der Verwaltung - letztlich dem verantwortlichen Hauptverwaltungsbeamten - ist ein riesengroßer Fehler unterlaufen", sagt der FDP-Mann. Und weiter: "Die Schuld versuchen die in der Verwaltung Verantwortlichen jetzt auf andere abzuwälzen."