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"Daran sind wir als Stadt gescheitert"

Linker Ratsherr hadert mit eigener Entscheidung zu neuem Stromliefervertrag

Lüneburg, 24.11.2014 - Gegen Atomenergie zu sein und gleichzeitig einem Stromliefervertrag zwischen dem Energiekonzern EnBW Stuttgart und der Stadt Lüneburg zuzustimmen, hinterlässt einen faden Beigeschmack. Michèl Pauly, Fraktionsvorsitzender der Links-Partei im Lüneburger Stadtrat und bekennender Atomkraftgegner, hat - wie auch alle übrigen Mitglieder des Verwaltungsausschusses - dem neuen Stromliefervertrag zugestimmt. Er erklärt dies mit den Ausschreibungskriterien, die von der Stadt bei diesem Verfahren zu erfüllen gewesen seien. 

"Der Wunsch der Lüneburger Atomkraftgegner war, dass kein Atomstromkonzern, sondern ein echter, in erneuerbare Energien investierender Anbieter Lüneburg beliefern soll. Daran sind wir als Stadt gescheitert. Mit EnBW wird sogar ein Konzern mit sehr hohem Atomstromanteil zum Zuge kommen", erklärt Michèl Pauly. "Das Schlimme daran ist aber, dass wir auch bei anderen Ausschreibungskriterien unser Ziel gar nicht erreicht hätten." Als Grund nennt Pauly das europäische Vergaberecht, wonach Atomstromkonzerne nicht ausgeschlossen werden dürften, wenn sie ein Ökostromprodukt anbieten.

Der Verwaltungsausschuss hatte in nichtöffentlicher Sitzung grünes Licht für einen Stromliefervertrag mit dem Energiekonzern EnBW für die kommenden zwei Jahre beschlossen. Der Zuschlag sei erfolgt, weil EnBW den Nachweis erbringen konnte, Ökostrom anzubieten, der mit einem Herkunftsnachweis unterlegt ist und zu einem Drtittel aus Neuanlagen stammt. Zudem haben EnBW das wirtschaftlichste Angebot abgegeben, was zu einer Kostenerspranis von rund 146.000 Euro führe.

"Der ökologische Mehrwert des EnBW-Stroms ist höchst fraglich. Sinnvoller ist der Weg, den Strom über eigene Stadtwerke zu beziehen. Dann muss man ihn auch nicht ausschreiben. Zwar kaufen diese Stadtwerke den Strom dann auch ein, aber nach veränderbaren und dann sinnvolleren Kriterien als EnBW.“

Warum er sich nicht einfach der Stimme enthalten habe, wollte LGheute von dem linken Ratsherrn wissen. Pauly: "Der Verwaltungsausschuss ist ein nicht politisches, sondern ein Verwaltungsgremium, das nach rechtlichen Grundsätzen und nicht nach politischer Richtung zu entscheiden hat." Deshalbd und weil EnBW sämtlichen Anforderungen mit seinem Angebot genügte, sei ist die Pflicht, dies als Verwaltungsausschuss anzuerkennen. "Genau das ist ja das Dilemma - wir können in Anbetracht der Ausschreibung gar nicht anders als zuzustimmen. Im Zweifel - wenn sich alle enthalten hätten - hätte EnBW gegen die Stadt und gegen jedes Verwaltungsausschussmitglied erfolgversprechend klagen können - auf Kosten der Stadt."

Die Stadt hatte im Vorfeld der Ausschreibung eine Arbeitsgruppe zur Erstellung von Ökostromkriterien ins Leben gerufen. Die Gruppe bestand aus Vertretern der Ratsfraktionen und Lüneburger Initiativen gegen Atomenergie. Zwar wurden strengere Kriterien für den Strombezug gefasst, jedoch hätten sich einzelne Mitglieder der Arbeitsgruppe unzufrieden über die zu späte Einberufung und die geringen Einflussmöglichkeiten der Arbeitsgruppe gezeigt, erklärt Pauly.