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Flüchtlinge: Erste Zwangsmaßnahme für Unterbringung in Lüneburg

Stadt will ehemaliges Kinderheim für Flüchtlinge nutzen – Eigentümer erhält Verfügung

Lüneburg, 07.10.2015 - Bei der Suche nach weiteren Unterkünften für die nach Lüneburg kommenden Flüchtlinge hat die Stadt jetzt eine härtere Gangart eingelegt: Mit einer Verfügung hat sie dem Eigentümer des früheren Kinder- und Jugendheims in Wilschenbruch den Abriss des Gebäudes untersagt. Sie will sich damit die Option offenhalten, das Gebäude auch gegen den Willen des Eigentümers für die Unterbringung von Flüchtlingen zu nutzen. Die Stadt macht damit wahr, was Oberbürgermeister Ulrich Mädge bereits vor wenigen Wochen angekündigt hatte: unkooperatives Verhalten von Eigentümern im Zusammenhang mit der Unterbringung von Flüchtlingen nicht länger zu tolerieren.

Das jetzt von der Hansestadt in den Blick genommene Gebäude gegenüber dem ehemaligen LSK-Sportplatz in Wilschenbruch, das zuletzt als Kinder- und Jugendheim genutzt wurde, würde nach Auskunft der Stadt Platz für rund 50 Flüchtlinge bieten.

"Wir haben dem Eigentümer jetzt eine Verfügung zugestellt, aus der hervorgeht, dass er das Haus nicht abreißen darf", erläutert Lüneburgs Erste Stadträtin, Gabriele Lukoschek. Ohne diese Verfügung wäre ein Abriss genehmigungsfrei möglich. Die Verwaltung wolle das Haus nach genaueren Untersuchungen gegebenenfalls auch gegen den Willen des Eigentümers entsprechend herrichten und gegen monatliche Zahlungen als Flüchtlingsunterkunft nutzen. Vor einer ersten Belegung wird die Hansestadt Lüneburg die Nachbarn umfassend informieren, so wie sie es bei all ihren größeren Unterkünften handhabt.

20 Neuankömmlinge pro Woche

In den ersten Gesprächen über eine vorübergehende Anmietung soll sich der Eigentümer ablehnend gezeigt haben, teilt die Stadt mit. "Wir hoffen aber, dass er seine Meinung doch noch ändert, und appellieren nochmals eindringlich an Eigentümer geeigneter Grundstücke beziehungsweise Gebäude in Lüneburg, uns bei dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe zu unterstützen", sagt Gabriele Lukoschek.

Die Suche nach geeigneten Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge ist weiterhin eines der beherrschenden Themen im Lüneburger Rathaus: Die regelmäßige Zuweisung von Flüchtlingen an die Hansestadt Lüneburg hat sich inzwischen auf 20 Neuankömmlinge pro Woche eingependelt. Wohncontainer seien auf dem Markt inzwischen nur noch schwer und zu rasant ansteigenden Preisen zu habens, so die Stadt. Zelte sind keine Option, zudem der Winter vor der Tür stehe. Darum überprüft die Verwaltung, wie bereits in der Ratssitzung im September vorgestellt, laufend mögliche Grundstücke und auch große, leerstehende Gebäude auf ihre Eignung, um dort weitere Unterkünfte einzurichten.

Stadt: "Niemand muss Angst um seine vier Wände haben"

Und noch etwas ist Lüneburgs Erster Stadträtin wichtig in diesem Zusammenhang: "Wir sind zwar als ohnehin schon wachsende Stadt in der derzeitigen Flüchtlingssituation in der schwierigen Lage, ausreichend Unterkünfte möglichst über das Stadtgebiet verteilt zu finden. Es muss aber kein Wohnungsmieter deswegen Sorge vor einer Kündigung haben. Das wird es in Lüneburg nicht geben", sagt Lukoschek mit Verweis auf Medienberichte aus kleineren Ortschaften in anderen Bundesländern, in denen Bewohnern städtischer Mietwohnungen gekündigt worden sein soll. Dasselbe gelte etwa für bewohnte Eigenheime und dergleichen.

Lukoschek stellt klar: "Es muss niemand Angst um seine vier Wände haben. Aber wir können gerade jetzt zum Winter keine große und allem Anschein nach gut geeigneten Gebäude einfach leer stehen lassen, während wir anderswo händeringend Unterkünfte suchen, damit Menschen in Not, darunter auch Kinder, ein festes Dach über den Kopf bekommen."