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Liberale starten in den Wahlkampf

Katja Suding beim Neujahrsempfang der Lüneburger FDP

Katja Suding umrahmt vom FDP-Kreisvorsitzenden Dr. Edzard Schmidt-Jortzig (l.) und seinem Stellvertreter und Lüneburgs Stadtverbandsvorsitzenden Frank Soldan. Foto: LGheuteLüneburg, 22.01.2017 - Die Lüneburger FDP hat mit ihrem alljährlichen Neujahrsempfang ein glückliches Händchen, das hat sie auch heute wieder bewiesen. Gut 100 Gäste waren der Einladung der Liberalen ins Veranstaltungslokal Comodo gefolgt, wo Gastrednerin Katja Suding, stellvertretende Bundesvorsitzende der FDP und Vorsitzende der FDP-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft, über "Mut, Optimismus und Fortschritt" sprach – und darüber, wie die Liberalen wieder den Weg zurück in den Bundestag finden. Doch wer eine kämpferische Rede zum Auftakt des Wahljahres 2017 erwartet hatte, wurde enttäuscht.

"Wir leben in bewegten Zeiten, da ist es wichtig, eine Partei der Vernunft und der Mitte zu haben", sagte Suding und kam damit schnell zu den Themen, die aktuell die Weltlage bestimmen: der neue US-Präsident Donald Trump, Machtverschiebungen in der Türkei zugunsten Erdogans, das weitere Vordringen von Rechtspopulisten oder die Gefahren durch den islamistischen Terror. Doch Rufe nach schärferen Gesetzen, wie bei diesem Thema jetzt durchgängig zu hören, sei nicht Sache der FDP als Partei der Bürgerrechte. Eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung oder flächendeckende Videoüberwachung werde ihre Partei nicht akzeptieren: "Es ist Aufgabe des Staates, Gefährder in den Blick zu nehmen, aber nicht 80 Millionen Deutsche."  

"Gefährder in den Blick nehmen, nicht 80 Millionen Deutsche"

Mehr statt weniger Freiheit sollten Bürger stattdessen in der Steuerpolitik bekommen. "Die Menschen sollen selbst entscheiden, wofür sie ihr Geld ausgeben", findet Suding. Diskussionen über neue Umverteilungen per Steuererhöhung, wie vom linken politischen Parteienspektrum gefordert, seien der falsche Weg. Finanzminister Schäuble müsse Entlastung nicht nur ankündigen, sondern sie auch umsetzen. "Und solange große Konzerne wie Google oder Starbucks keine Steuern zahlen, verbietet es sich, über Steuererhöhungen zu sprechen."

Mehr Freiheit und eine stärkere Ausrichtung auf marktwirtschaftliche Prinzipien wünscht sich Suding auch in anderen Bereichen: Im Energiemarkt fordert sie eine Abschaffung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG), auf dem Immobilienmarkt die Abschaffung der gerade erst eingeführten Mietpreisbremse. "War gut gemeint, funktioniert aber nicht." Hingegen bedauert sie das Nichtzustandekommen von TTIP und Ceta, beides vertane, aber "großartige Chancen", eigene Standards zu setzen. Überhaupt halte sie nichts davon, wenn der Staat sich zu sehr einmische, das setze nur die Markt-Regeln außer Kraft.

Einwandungsgesetz statt Laissez-faire-Politik

Klarere Regeln fordert die FDP hingegen in der Flüchtlingsdebatte. Statt "alle reinlassen" oder "komplett abschotten" gelte es, sich für eine gezielte und gesteuerte Zuwandung einzusetzen, dazu brauche man ein Einwanderungssgesetz. Natürlich müssten Flüchtlinge auch weiterhin aus humanitärer Pflicht aufgenommen werden, aber es müsse klar sein, dass sie das Land auch wieder verlassen müssten. Alle anderen, die hier leben wollten, müssten sich an die hier geltenden Werte halten, da gebe es "keinen Rabatt für niemanden". Eine Laissez-faire-Politik wie gegenwärtig bei Fragen wie Zwangsverheiratung, Scharia-Priorität oder Sportunterricht für Mädchen könne nicht weiter toleriert werden. 

Mehr Zutrauen in die Fähigkeiten der Menschen forderte Suding eindringlich. "Die allermeisten wollen auf eigenen Beinen stehen." Politik, die glaubt, die Menschen an die Hand nehmen zu müssen, sei "zutiefst menschenverachtend". "Anders als andere Parteien trauen wir Menschen etwas zu."

Nach rund 40 Minuten hatte Suding die liberalen Eckpunkte ihrer Partei abgearbeitet, ohne dabei Begeistungsstürme unter den Gästen – vorwiegend FDP-Mitglieder und -Anhänger – ausgelöst zu haben. Vor vorschneller Selbstzufriedenheit aber warnte die stellvertrende Bundesvorsitzende dann auch: "Wir sollten nicht glauben, dass die Plätze im Bundestag für uns schon reserviert sind", sagte Suding mit Blick auf die positive Entwicklung, die die FDP in den letzten Monaten in Umfragen und Wahlen verzeichnet hat. 

Es war dann auch Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, der als FDP-Kreisvorsitzender deutlich machte, was auf die FDP in den nächsten Monaten zukommen wird: "Es ist gar nicht so leicht, zwischen den vielfach auch populistischen Strömungen einen Mittelweg zu finden." Dass die FDP dabei auch bereit ist, frühere Pfade zu verlassen, machte Schmidt-Jortzig schon mal optisch deutlich: Der Kreisvorsitzende verzichtete auf eine Krawatte und trat locker mit offenem Hemd vor seine Gäste.