Denkanstöße zur Organspende

Informationsabend anlässlich der Einführung des neuen Organspendegesetzes

Hansestadt, 01.11.2012 - Rund 12.000 Patienten in Deutschland warten derzeit auf eine Organspende. Diese Situation verbessern soll das neue Transplantationsgesetz, das seit dem 1. November in Kraft ist. Am Mittwochabend wurde darüber in Lüneburg auf Einladung der SPD zusammen mit Dr. Thela Wernstedt von der Medizinischen Hochschule Hannover diskutiert. "Viele haben in Umfragen nichts gegen Organspende. Aber sie füllen keinen Spenderausweis aus", so Thela Wernstedt.

Wegen fehlender Spenderorgane sterben in Deutschland jährlich rund 1.000 Menschen. Weitere 1.000 Patienten müssen von der Warteliste gestrichen werden, weil sich ihr Gesundheitszustand so verschlechtert hat, dass sie für eine Organtransplantation nicht mehr infrage kommen. Die neue Gesetzgebung soll diesem Problem nun begegnen.

Die jüngsten Transplantations-Skandale in Göttingen, Regensburg und München verschlechterten diese Situation. "Im Oktober gab es deutschlandweit nur etwa 60 statt der sonst üblichen 100 Organspenden pro Monat - der Grund sind die Verunsicherungen durch Tricksereien und Manipulationen bei der Organvergabe", erklärt die Oberärztin für Palliativmedizin.

In ihrem Vortrag geht sie konkret auf die Skandale ein. Das Vertrauen der Menschen sei erschüttert worden, die Kontrollmechanismen hätten in diesen Fällen nicht funktioniert und müssten jetzt in den betroffenen Kliniken nachgebessert werden. "Das Vergabe- und Transplantationsverfahren selbst ist aber nicht zu beanstanden - wichtig ist, dass die Gerechtigkeitskriterien nicht ausgehebelt werden", meint Wernstedt, die am Tumorzentrum der Hochschule unter anderem auch im Bereich der medizinischen Ethik lehrt.

"Aufklärung und Transparenz müssen in den Vordergrund, denn bekanntlich gibt es bei diesem Thema Wissens-Defizite. Und dann die neutrale Befragung der Bevölkerung, das Herbeiführen einer persönlichen Entscheidung, wie das jetzt durch die Krankenkassen auch angeregt werden soll." Einer Widerspruchslösung, wie sie in einigen anderen Ländern Europas vorgesehen ist, gibt sie für Deutschland keine Chance.

Eine Zuhörerin regte an, den Blick aus der Sicht des Organspenders künftig stärker auf die des Empfängers und der Angehörigen zu lenken: "Man kommt nicht nur als potentieller Spender infrage, sondern wird im Laufe des Lebens möglicherweise auch zum Empfänger." Für die Initiatorin des Abends, die Lüneburger SPD-Landtagsabgeordnete Andrea Schröder-Ehlers, war es wichtig, Denkanstöße gegeben und Raum geöffnet zu haben, "wo Menschen sich eine eigene Meinung zum Thema Organspende bilden können", so Schröder-Ehlers.