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Verteilungsromantik

10.03.2013 - Julia Verlinden scheint der neue Shootingstar der Grünen zu werden, zumindest schon mal in Niedersachsen. Die Lüneburgerin hängt nicht nur problemlos langgediente Grüne aus der Region ab, offenbar mühelos schaffte sie jetzt auch den Sprung auf einen der vordersten Listenplätze für die kommende Bundestagswahl. Was aber macht die 34-Jährige so erfolgreich? Für mehr Umwelt und noch weniger Energieverbrauch setzen sich doch auch andere ein?

Vermutlich ist es ihr Vermögen, umweltpolitische und gesellschaftspolitische Ziele so miteinander zu verbinden, dass daraus echte grüne Politik entstehen kann. Die meisten der 170 Delegierten haben das offenbar sehr schnell begriffen. Denn wenn Julia Verlinden über Energieeffizienz spricht, hat das nicht nur im Umweltbereich weitreichende Konsequenzen.

Verlinden will "den schlafenden Riesen wecken", wie sie kürzlich im Rahmen einer Klima-Konferenz an der Leuphana bekannte. Der Riese, das sind die aus ihrer Sicht enormen Primärenergieeinsparungen, die im Rahmen von Gebäudesanierungen gehoben werden könnten. Doch dabei hat sie nicht nur noch mehr Dämmmaterial für Gebäude im Sinn, sondern offenbar auch eine vollkommen andere Form des Lebens.

Denn Verlinden stößt auf, dass trotz eines stetig sinkenden Raumwärmebedarfs pro Quadratmeter der Raumwärmebedarf pro Kopf hingegen nahezu unverändert bleibt. Ihre Schlussfolgerung: Zu viele Menschen wohnen in zu großen Wohnungen. Daraus leitet sie - und das macht für viele Grüne offensichtlich den Charme der Verlindenschen Politik aus - ein Gerechtigkeitsproblem ab, für dessen Lösung sie sich politisch einsetzen will. 

Verteilungsgerechtigkeit lautet daher auch eines ihrer Themen, das Verlinden nicht mehr aus dem Kopf geht. Die grüne Euphorie trägt sie nun vielleicht bis nach Berlin und vielleicht auch irgendwann ins Ministeramt. Man darf also gespannt sein, wann es die ersten grünen Gesetze gibt, die vorgeben, wie groß die Wohnung oder das Eigenheim künftig noch sein darf. Doch bis es so weit ist, wird es den vielen alleinlebenden gutsituierten Grün-Wählern in ihren weiträumigen Altbauwohnungen dann ja vielleicht doch noch dämmern, dass diese Verteilungsromantik plötzlich sie selbst treffen könnte.

Ein Kommentar von Ulf Stüwe
zum Beitrag "Grüne wählen Julia Verlinden auf Platz 3"