Arroganz statt Sexshows

18.03.2018 - Sonntag, 21.45 Uhr. Der Tatort ist endlich vorbei, doch die sonntägliche Vorfreude auf eine spätabendliche politische Streitsendung bricht abrupt ab. Nix mit Anne Will, es gibt noch einen Krimi. Der gefühlt 2.825te in diesem Jahr. Klar, die Einschaltquoten oder was auch immer sprechen für dieses Format, von dem das Fernsehpublikum offenbar nicht genug bekommen kann. Doch ist das der Maßstab? Ähnlich hoch wären vermutlich auch die Einschaltquoten von Sexshows, wenn das Erste sich denn trauen würde, diese zu senden. Dass die Öffentlich-Rechtlichen es nicht tun und lieber Zwangsgebühren eintreiben, begründen sie immer wieder aufs Neue mit ihrem sogenannten Bildungs- und Informationsauftrag. Und produzieren "Lindenstraße" und "Rote Rosen" am laufenden Band.

Es ist die Arroganz des Staatsfernsehens, mit dem ohne jede Rechtfertigung eine Sendung einfach durch eine andere ersetzt wird, noch dazu durch eine ohne erkennbare Relevanz. Wobei: Es gibt wohl einen Grund, denn es ist ein Darsteller eines Tatortkommissars verstorben, allerdings einer, dessen Namen wohl nur die Standhaftesten unter den Tatortbewunderen kennen. Vermutlich musste AW dafür ihren Sendeplatz abgegen. 

Damit wird aber auch offenkundig, wo die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten à la ARD ihre Prioritäten setzen: in der Ausrichtung auf einen angeblichen Publikumswillen, schließlich mögen den Tatort ja nicht Wenige. Dagegen ist grundsätzlich nichts zu sagen, doch sollte man dann auch so konsequent sein und auf das Gebühreneintreibungsrecht verzichten. Denn wenn nicht mehr der Informationsauftrag, sondern nur noch der Publikumsgeschmack zählt, ist man da angekommen, wo die Privaten schon lange sind.

Damit es nicht falsch verstanden wird: Nichts gegen die Privaten. Die machen – siehe "Homeland", "House of Cards" oder "game of Thrones" – ohnehin Vieles zehnmal besser, als es die Öffentlich-Rechtlichen wohl je können. Den Verzicht auf die Zwangsgebühren aber damit abzuwettern, dass es dann keine unabhängige Berichterstattung mehr gebe, ist allein schon eine Frechheit gegenüber den zahlreichen Verlagshäusern in diesem Land – wobei auch dort nicht jede Tageszeitung einem kritischen Blick standhalten dürfte. 

Übrigens: Laut ARD-Webseite gibt es die nächste "Anne Will"-Sendung am 8. April. Kein Problem, bis dahin wird es ja vermutlich auch nichts Neues in der bundesdeutschen Politik geben.

Ein Kommentar von Ulf Stüwe