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Rot-Grün setzt sich mit Bürgerbefragung zur Elbbrücke durch

Hansestadt, 06.03.2012 - Die Bürger des Landkreises Lüneburg sollen zur geplanten Elbbrücke bei Neu Darchau befragt werden. Das beschloss gestern der Kreistag mit den Stimmen der Mehrheitsgruppe von SPD und Grünen. Alle anderen im Kreistag vertretenen Parteien stimmten gegen das Vorhaben. Die Befragung soll parallel zur kommenden Landtagswahl am 20. Januar 2013 durchgeführt werden. Die Kreisverwaltung wurde beauftragt, zunächst eine entsprechende Satzung für die Bürgerbefragung bis Anfang Mai auszuarbeiten und zur Kreistagssitzung am 16. Juli einen Entwurf für den Wortlaut vorzulegen.

Der Fraktionsvorsitzende der SPD, Franz-Josef Kamp, machte gleich zu Beginn der zum Teil sehr emotionsreich geführten Debatte deutlich, worum es aus Sicht der SPD in dem Antrag der Mehrheitsgruppe gehe: "Wir können es nicht verantworten, ein Projekt zu starten, dessen Ende wir nicht absehen können." Nicht absehbar, so Kamp, seien die Kosten, die auf den Landkreis am Ende tatsächlich zukämen.

Bislang ist die Brücke mit 45 Millionen Euro Kosten veranschlagt, wovon der Landkreis maximal 10 Millionen Euro selber tragen muss. Für Mehrkosten, die bei Projekten dieser Größenordnung in der Regel nicht auszuschließen sind, müsste am Ende ebenfalls der Landkreis aufkommen. Offen ist darüber hinaus, wer die auf 700.000 bis 800.000 Euro geschätzten jährlichen Kosten für Unterhalt der Brücke zahlen soll. "Ohne ein Votum des Bürgers geht es nicht", machte Kamp deutlich, der darin eine wichtige demokratische Einbindung des Bürgers sehe.
"Es geht nicht um die Frage, ob die Brücke kommen soll oder nicht, sondern es geht um die Kosten", sagte Kamp. In diesem Sinne solle auch der Wortlaut für die Befragung verfasst werden. Sollte sich die Mehrheit der Bürger dagegen aussprechen, müsse in Hannover angefragt werden, erläuterte Kamp. Erst wenn auch die Landesregierung abwinke, sehe es schlecht aus für die Brücke. "Doch da sind wir noch nicht", sagte Kamp, der sich erneut zur Brücke bekannte.

Doch genau das stellte CDU-Fraktionschef Alexander Blume in Frage. "Die Grünen und einige aus der SPD wollen die Brücke nicht, und jetzt schieben sie die Verantwortung den Bürgern zu", sagte Blume, der zugleich hervorhob, dass er nicht grundsätzlich gegen eine Befragung sei, sondern dagegen, dass sie für "parteipolitisches Kalkül" der Mehrheitsgruppe missbraucht werde. "Die Menschen erwarten von uns, dass wir entscheiden", sagte Blume. Beim Audimax, der Museumslandschaft und dem Reitsportzentrum Luhmühlen habe man die Bevölkerung auch nicht zuvor gefragt, erinnerte Blume. Außerdem würden mit der Befragung Teile der Bevölkerung eingebunden, die von der Brücke gar nicht betroffen seien, sagte Blum der davor warnte, das Instrument der Bürgerbefragung zu leichtfertig einzusetzen: "Mit der Bürgerbefragung rufen Sie den Zauberlehrling!"

Dem hielt Miriam Staudte von den Grünen entgegen, dass der Zauberlehrling gerufen worden sei, "als man den Menschen versprach, dass die Brücke kommt, egal was sie kostet." Staudte legte dann noch eins drauf, als sie darauf hinwies, dass mit der Brücke voraussichtlich nicht nur Schwerlastverkehr in das Amt Neuhaus komme: "Wollen die Neuhauser wirklich eine Castor-tragfähige Brücke in ihrer Region haben?" Anders als die SPD sieht sie mit einem Votum der Bürger gegen die Brücke hingegen auch deren endgültiges Aus gekommen. "Wenn die Befragung gegen die Brücke ausfallen sollte, dann können wir nicht mehr nach Hannover gehen und um Nachschlag bitten. Nein, dann muss irgendwann auch mal entschieden werden", sagte Staudte.

Gisela Plaschka, Gruppensprecherin von FDP/Unabhängige, warf Kamp vor, die Brücke zu Wahlkampfzwecken zu mißbrauchen. "Mit mehr Demokratie hat das nichts zu tun", sagte die FDP-Politikerin, deren Gruppe sich ebenfalls gegen die Befragung aussprach. Obendrein wüssten SPD und Grüne genau, "dass das Interesse an der Brücke in Lüneburg aufhört", sagte Plaschka mit Blick auf das zu erwartende Abstimmungsverhalten der Bürger aus der Hansestadt und den Kommunen, die kaum oder nur wenig Bezug zur Brücke hätten.

Dem schloss sich auch Frank Stoll, Fraktionschef der Links-Partei, an und schlug vor, man solle die Bürgerbefragung deshalb auch nur im Ostteil des Landkreises durchführen. Auch warnte er davor, mit der Befragung sich aus der eigenen Verantwortung stehlen zu wollen. "Dies führt nur zu noch mehr Politikverdrossenheit", sagte Stoll. Franz-Josef Kamp warf er vor, bei diesem Thema nicht mehr glaubwürdig zu sein: "Herr Kamp, Sie können noch so oft sagen, dass Sie für die Brücke sind, im Amt Neuhaus glaubt Ihnen niemand mehr."

Peter Rowohlt von der SPD griff das Stichwort Politikverdrossenheit auf und stellte die Frage: "Was würde denn geschehen, wenn wir die Menschen nicht fragen würden, ob sie mit den Mehrkosten einverstanden sind?" Auch sei die Befragung aller Bürger des Landkreises richtig, weil auch alle von den finanziellen Mehrkosten betroffen seien, so Rowohlt.

Dieter Hublitz von der CDU erinnerte daran, dass eine feste Elbquerung im Ländervertrag gesetzlich verankert sei. Natürlich wolle niemand 70 oder 80 Millionen Euro für die Brücke ausgeben, erklärte Hublitz, der selber viele Jahre Bürgermeister im Amt Neuhaus war. Letztlich komme es bei einer Bürgerbefragung aber auf die richtige Fragestellung an.

Landrat Manfred Nahrstedt zeigte sich zuversichtlich, dass sich die Mehrheit der Bürger für die Brücke aussprechen werde. "Über Folgekosten müssen wir dann reden", sagte Nahrstedt und deutete an, dass es für Niedersachsens Ministerpräsident McAllister nicht einfach sein dürfte, eine solche Bitte im dann laufenden Landtagswahlkampf auszuschlagen. Ein vorangegangenes Votum für die Brücke könne den dafür erforderlichen Druck nur verstärken, sagte Nahrstedt, der versprach, sich für die Brücke einsetzen zu wollen.

Im weiteren Verlauf wurde noch bemerkt, dass die Befragung insofern einen "Schönheitsfehler" habe, da die Brücke auch den Landkreis Lüchow-Dannenberg betreffe, die Bürger dort aber nicht befragt würden, hieß es aus dem Lager der CDU. Die SPD führte an, dass man das Thema dorthin zurück bringe, wo es hingehöre, nämlich nach Hannover. Schließlich sei es ja im eigentlichen Sinne keine Kreisstraße, sondern eine Landesstraße, und für die müsse das Land aufkommen.

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