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"Häppchenweise an Nichtfinanzierbarkeit gewöhnen"

A39-Gegner sehen in den drastischen Kostensteigerungen den Einstieg zum Ausstieg aus dem Autobahnprojekt

Landkreis, 19.04.2012 - Nach Bekanntgabe der Kostensteigerung für den Bau der geplanten Autobahn 39 zwischen Lüneburg und Wolfsburg ist die Kritik an dem Projekt erneut aufgeflammt. Für den Landesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (LBU) machen die neuen Zahlen die Nichtfinanzierbarkeit des Vorhabens deutlich. Der Dachverband der A39-Gegner vermutet hinter den Kostensteigerungen den Versuch der Politik, aus dem Projekt wieder aussteigen zu können.

Das Niedersächsische Verkehrsministerium hatte kürzlich mitgeteilt, dass die Gesamtkosten des Projekts jetzt 1,1 Milliarden Euro betragen würden. Bislang war man in Hannover und in Berlin von knapp der Hälfte ausgegangen. Der rund 105 km lange Planungsabschnitt ist aufgeteilt in insgesamt 7 Teilabschnitte. Die Kosten für den 1. und 7. Abschnitt schätzt das Ministerium jetzt auf jeweils rund 137 Millionen Euro. Für die weiteren Planungsabschnitte liegen noch keine Zahlen vor. Verkehrsminister Jörg Bode hob hervor, dass besonders die Belange von Mensch und Natur in der aktuellen Planung eine große Rolle spielten: "Hier wurde besonders dem Lärmschutz und Erhalt der biologischen Vielfalt Rechnung getragen. Das kostet, ist es aber am Ende wert."

Die drastisch gestiegenen Kosten könnten nun das gesamte Projekt kippen, davon ist jedenfalls der LBU überzeugt. "Die Kosten waren im Jahre 2003 noch auf geschönte 440 Millionen Euro taxiert worden, bis 2008 zumindest Kostenerwartungen in Höhe von 620 Millionen Euro eingestanden wurden", sagte LBU-Sprecher Günter Schäfers zu den neuen Zahlen.

|| Signale für Alternativen erkennbar ||

Mit den jetzt bekannt gegebenen neuen Zahlen versuche das Bundesverkehrsministerium offenbar, die A39-Befürworter in der Region "häppchenweise an den Gedanken der Nichtfinanzierbarkeit der A39 zu gewöhnen", so der LBU-Sprecher, der bereits Signale für eine Alternative zur A39 ausgemacht haben will: "Zum Beispiel durch den Bau der alternativen B4-Umgehung von Kirchweyhe, durch die jüngst veranlasste Verzögerung der Planungen bei Ehra infolge einer Verlegung der Abfahrt oder durch den Planungsbeginn beim besonders heiklen und klageträchtigen Nord-Abschnitt", sagte Schäfers.

Ähnlich sieht es auch der Dachverband der A39-Gegner. Mit Blick auf die Kostenentwicklung für Lärmschutzmaßnahmen an der A39 allein im Abschnitt 1 - die Lüneburger Ostumgehung von Lüneburg Nord bis zur B216 - spricht der Dachverband inzwischen von einem "Versuch der Politik, an einer definierten Stelle aus dem Projekt A39 auszusteigen". Die geplanten Maßnahmen auf der Trasse der B4 hätten keinerlei verkehrlichen Nutzen und stellten wegen der völlig ungeklärten Finanzierung der übrigen A39 eine riesige Geldverschwendung dar, sagte Dachverbandssprecherin Annette Niemann.

|| Kosten-Nutzen-Verhältnis weiter gesunken ||

Die Bürgerinitiative Hohnstorf 2011 richtet den Blick auf das nach ihrer Auffassung durch die neuen Zahlen jetzt deutlich schlechter gewordene Kosten-Nutzen-Verhältnis (KNV) des Verkehrsprojekts. "Nicht nur die Kosten stellen volkswirtschaftlich den Sinn des Projekts in Frage. Der in Deutschland zuletzt rückläufige Verkehr lässt auch den kalkulierten Nutzen sinken", so die BI. Sie fordert daher, "dass die Politik der Bevölkerung in Sachen A39 reinen Wein einschenkt und die Kalkulation des Kosten-Nutzen-Verhältnisses dieses Autobahnprojekts offenlegt".

Nach Einschätzung des LBU habe die A39 schon damals mit einem KNV-Wert von 2,78 weit unter der üblichen Mindestgrenze von 4,0 gelegen. "Durch die jetzt absehbare Verdoppelung der Kosten sinkt dieses KNV nunmehr in die Nähe der absoluten volkswirtschaftlichen Unrentabilität", ist sich LBU-Sprecher Schäfers sicher.