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Nur geringe Chance, Fracking zu verhindern

LBEG-Informationsgespräch enttäuschte die Umweltausschüsse - Moratorium soll Fracking stoppen

Hansestadt, 24.11.2012 - "Wir können vorbringen, was wir wollen, wir haben von vornherein keine Chance, Fracking zu verhindern, weil die Systematik so angelegt ist", zog SPD-Landtagsabgeordnete Andrea Schröder-Ehlers ernüchtert Bilanz aus einem knapp zweistündigen Informationsgespräch mit Mitarbeitern des Landesamts für Berbau, Energie und Geologie (LBEG). Sie waren auf Einladung der beiden Umweltausschüsse von Hansestadt und Landkreis Lüneburg am vergangenen Mittwoch in die Ritterakademie gekommen, um über die gesetzlichen Rahmenbedingungen des Frackings zu sprechen.

Dass die Behörde überhaupt den Weg nach Lüneburg gefunden hatte, war ungewöhnlich, "denn", so Christian Möller vom LBEG, "normalerweise führen wir die Gespräche erst in einer späteren Phase". Damit meinte er die Zeit nach dem jetzt für die Erlaubnisfelder "Oldendorf" und "Lüneburg" angelaufenden Erlaubniserteilungsverfahren, bei dem es um eine reine Aufsuchungserlaubnis gehe. Eine Bohrtätigkeit sei in dieser Phase nicht erlaubt, sie diene lediglich dazu, betroffenen Kommunen im Vorfeld einer Betriebserlaubnis Gelegenheit zu einer Stellungnahme zu geben. Zugleich, so Möller, sichere sich das beantragende Unternehmen damit das Gebiet für einen bestimmten Zeitraum. 

Die Genehmigung, Fracking durchzuführen, so das LBEG, werde erst am Ende eines fünfstufigen "Betriebsplanzulassungsverfahrens" erteilt, zu dem ein Rahmenbetriebsplan (mit Beteiligung der Kommunen und Träger öffentlicher Belange) gehört, eine Hauptbetriebsplanung, ein Sonderbetriebsplan zur Einrichtung von Bohrplätzen (mit erneuter Beteiligung), die Genehmigung zur Durchführung einer Bohrung und schließlich die Beantragung der Behandlungsarbeiten im Bohrloch.

|| Wer am besten ausbeutet, bekommt den Zuschlag ||

Das Interesse an der Förderung von Kohlenwasserstoffen ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen, das LBEG sprach von einem regelrechten "Boom" auf diese Energieträger. Bei konkurrierenden Anträgen würde dasjenige Unternehmen den Zuschlag erhalten, das eine bestmögliche Ausbeutung der Vorkommen erkennen lasse. Die Rechtslage sei zudem so, dass Unternehmen einen Anspruch auf positive Entscheidung hätten, sobald sie die entsprechenden Voraussetzung erfüllten. Auch hätten sie Anspruch auf eine zeitnahe Entscheidung.

Mit der Stellungnahme, die der Landkreis bis zum 30. November abzugeben hat, wolle die Behörde prüfen, ob das jeweilige Erlaubnisfeld als Ganzes geschützt sei. Nur eine teilweise Einschränkung des Gebietes beispielsweise durch vorhandene Schutzgebiete sei kein Grund, die Erlaubnis für das ganze Feld zu verweigern. Dies gelte auch dann, wenn der ungeschützte Teil deutlich kleiner als der geschützte Teil sei. "Auch bei einem Verhältnis von 70 zu 30 würden wir die Erlaubnis erteilen", so Möller.

|| Bislang keine Anträge abgelehnt ||

Wie das LBEG weiter informierte, seien in Niedersachsen bislang bereits rund 250 Bohrungen mittels Fracking-Technologie durchgeführt worden. Anträge wurden von der Behörde bislang nicht abgelehnt. Auch gebe es kein Recht für Grundstückseigentümer, Bohrungen mit Hinweis auf die unter ihrem Grundstück lagernden Bodenschätze zu verweigern, da sie als "Oberflächeneigentümer" kein Recht an den Bodenschätzen hätten. Dieses Recht, so das LBEG, hätten nur Eigentümer, die das Grundstück vor etwa 1920 erworben hätten und somit noch im Besitz "alten Rechts" seien.

Allerdings stehe jedem Eigentümer das Recht zu, die Einrichtung eines Bohrplatzes oder die Zufahrt dorthin zu verweigern. Da es aber nicht so sehr darauf ankomme, wo sich der Bohrplatz befinde - Unternehmen seien heute in der Lage, Horizontalbohrungen bis zu einer Länge von 8 Kilometern durchzuführen -, würde sich letztlich immer ein geeignetes Grundstück finden, so das LBEG.

|| Stellungnahme wird nur wenig Chancen eingeräumt ||

Im Landkreis-Gebiet liegen sieben Wasserschutz- und Trinkwassergewinnungsgebiete, zudem befinden sich in der Region wertvolle Vogelschutz- und Naturschutzgebiete und so genannte FFH-Gebiete, die schon durch Erkundungsbohrungen empfindlich gestört werden könnten. Bohrungen in der Hansestadt Lüneburg mit dem Senkungsgebiet wären ebenfalls äußerst kritisch zu bewerten.

Der Landkreis hat sich deshalb in seiner Stellungnahme gegen die Erlaubnis zur Erkundung von Erdöl- und Erdgasfeldern in der Region ausgesprochen. "Alle Erkundungsschritte dienen einer möglichen späteren Gewinnung von Kohlenwasserstoffen. Dieses Ansinnen wird äußerst kritisch gesehen", so das Schreiben. Doch die Chancen, damit das Erlaubnisverfahren stoppen zu können, schätzt auch der Landkreis als nur gering ein.

|| Kreistag und Stadtrat sollen Resolution für Moratorium beschließen ||

Zur Frage der Festsetzung eines Moratoriums bis zur Klärung der noch offenen Fragen zum "Fracking" sagte die Behörde, dass dies nicht von ihr als Executiv-Behörde ausgesprochen werden könne. Dieser Punkt bekam zusätzliche Brisanz durch einen jüngst von der Umweltministerkonferenz in Kiel getroffenen Beschluss. Danach soll der Einsatz der Fracking-Technologie bis zur Klärung der damit verbundenen Risiken ausgesetzt werden, auch soll künftig eine Umweltverträglichkeitsprüfung und die Beteiligung der Öffentlichkeit vorgesehen werden.

Doch ob es in Niedersachsen dazu kommt, steht noch in den Sternen, da hier nicht der Umweltminister, sondern der Wirtschaftsminister für dieses Thema zuständig ist. Wirtschaftsminsiter Jörg Bode aber ließ bislang noch keine Bereitschaft erkennen, sich dem Moratorium anzuschließen.

Die Ausschussmitglieder haben sich daher dafür ausgesprochen, zusätzlich zur Stellungnahme des Landkreises auf politischer Ebene einen Fracking-Stopp zu fordern. Über eine enstprechende Resolution sollen der Kreistag und der Rat der Hansestadt noch in diesem Jahr abstimmen.