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Droht die Energiewende am Bürgerunmut zu scheitern?

100 Wörter zur Zukunft der Energiewende - Landtagskandidaten beziehen Position

Lüneburg, 10.01.2013 - Der Landkreis Lüneburg will bis 2030 - vor kurzem noch bis 2020 - 100-Prozent-Region für erneuerbare Energien werden. Derzeit werden im gesamten Landkreis Vorrangflächen für Windenergieanlagen abgesteckt und neue Standorte für Biogasanlagen gesucht. Doch die von Vielen herbeigesehnte Energiewende verliert in der Bevölkerung spürbar an Akzeptanz. LGheute hat bei den Kandidaten zur Landtagswahl am 20. Januar nachgefragt, wie sie - sollten sie in den Landtag einziehen - dieser Entwicklung begegnen wollen. Wie immer durften ihre Antworten nicht mehr als 100 Wörter umfassen.


LGheute
: Die Kritik an der Energiewende wird lauter. Mega-Windkraftanlagen, die nur gelegentlich Strom liefern, Biogasanlagen, die zur "Vermaisung" ganzer Landstriche führen, Solaranlagen, die nur die Taschen weniger Investoren füllen, und Stromtrassen, die erst noch gebaut werden müssen - die Liste mit Kritikpunkten ließe sich fortsetzen. Doch seit deutlich wird, dass der Anstieg der Stromkosten gerade erst begonnen hat, bekommt der Unmut eine breite Basis. Droht die Energiewende an zunehmendem Akzeptanzmangel in immer weiteren Teilen der Bevölkerung zu scheitern?

Wie wollen Sie als Mitglied des Niedersächsischen Landtags oder der Landesregierung sicherstellen, dass die Menschen durch die Energiewende nicht überfordert werden?

 

Karin Bertholdes-Sandrock, CDU: "Das Wichtigste ist der Dialog mit den Bürgern. Wer aus Naturkräften Energie haben will, muss sie dort gewinnen, wo sie zu haben ist. Deshalb sind auch so viele Menschen an so vielen Orten direkt betroffen. Die Auswirkungen aber müssen tragbar sein, z.B. durch mehr unterirdische Trassen in sensiblen Gebieten. Modernste Windkraftanlagen sind auch deutlich leiser und verträglicher als kleine alte, auch viel leistungsfähiger.
Wenn Fragen und Sorgen der Bürger ernst genommen werden, wird die Energiewende als gemeinsame Aufgabe begriffen. Und das ist nötig, damit sie funktioniert. Und effizient muss sie sein als eine Voraussetzung für Bezahlbarkeit. Gute Lösungen sind Kompromisslösungen."

 

Franz-Josef Kamp, SPD: "Der Ausstieg aus der Kernenergie, der vom Großteil unserer Bevölkerung begrüßt wird, ist richtig und zukunftsweisend. Gleichzeitig sind wir gefordert, alternative Energiequellen zu erschließen. Überrascht werden die Menschen nun von den ersten Auswirkungen, die sowohl in ihren Geldbörsen als auch vor ihren Haustüren spürbar sind.
Wir müssen einen gerechten und verträglichen Weg zu alternativen Energien finden, der nur durch eine hohe Öffentlichkeitsbeteiligung zu einer breiten Akzeptanz in der Bevölkerung führen kann. Mit bezahlbarem Strom, effizienter Nutzung der Energie, Transparenz bei der Gewinnabschöpfung durch Investoren und Energieerzeuger und einem verantwortungsbewussten Umgang mit unserer Umwelt kann die Energiewende gelingen."

 

Dr. Edzard A. Schmidt-Jortzig, FDP: "Gegen die betroffenen Menschen wird die Energiewende nicht umsetzbar sein. Die Belastung, z.B. durch den ortsnahen Bau von Windkraftanlagen, ist vielerorts schon sehr hoch. Helfen können Effizienzverbesserungen bei Offshore-Anlagen, ein intelligenter Energiemix sowie die Förderung innovativer Technologien. Hierfür sowie für ein freundliches Investitionsklima für moderne Kohle- und Gaskraftwerke werde ich mich einsetzen.
Energie muss aber auch bezahlbar bleiben - für Verbraucher und Unternehmen gleichermaßen. Dies sichert die Akzeptanz bei den Bürgern und vermeidet den Verlust von Arbeitsplätzen sowie die Abwanderung von Betrieben. Ich werde mich für eine umfassende Reform des EEG auf Basis des sogenannten "Quotenmodells" stark machen."

 

Miriam Staudte, Bündnis 90/Die Grünen: "Kritik an der schlingernden Energiewende von Merkel und Rösler wird immer lauter. Eine neue Energiepolitik durchzusetzen und gleichzeitig die Gewinne der alten Energiekonzerne zu erhalten, funktioniert nicht und wird jetzt teuer für die Bürger. Stromnetzbetreiber verlangen trotz garantierter Gewinnmarge von 9 Prozent staatliche Gelder; die CDU löst 2009 durch Prämienwahn den massiven Biogasanlagenausbau aus und schafft dadurch die "Vermaisung".
Wir Grüne fordern lokale "Energiegenossenschaften" - regenerative Energieerzeugung in Bürgerhand. Wir müssen selbst handeln und dürfen uns nicht von den Konzernen treiben lassen. Bürger sollen vor Ort über den Leitungsausbau, über Wind- und Solarkraftanlagen mitbestimmen. So entsteht Akzeptanz für eine nachhaltige Energiezukunft."

 

Michèl Pauly, Die Linke: "Energie muss bezahlbar bleiben. Ich werbe deswegen auf meinem Wahlkampfplakat bewusst damit, dem "Energiepreis-Wucher" etwas entgegenzusetzen. Konkret bedeutet das, die Konzernmacht des Atommonopolisten E.on zu brechen, der halb Niedersachsen im Würgegriff hält. Ich will kommunale Stadtwerke und Energiegenossenschaften flächendeckend fördern und E.on damit das faktische Monopol über Strom und Gas sowie auch die Strom- und Gasnetze entreißen.
Kommunale Energieversorger sollen wirtschaftlich in die Lage versetzt werden, Sozialtarife anzubieten, so dass Strom für jeden bezahlbar bleibt. Es darf nicht sein, dass die EEG-Umlage voll auf den Stromkunden umgeschlagen wird, der strompreissenkende Effekt (Merit-Order-Effekt) der erneuerbaren Energien aber zu Monopolgewinnen wird."

 

Daniel Brügge, Piraten-Partei: "Dezentralisierung und Förderung regenerativer Energien scheiterten in der Vergangenheit immer wieder an Profitinteressen der großen Stromkonzerne. Wir Piraten setzen uns für ein Landesförderprogramm ein, welches die Position der Kommunen wieder stärkt. Wir wollen, dass sich die Bürger vor Ort selbst an den Fragen der Energieversorgung beteiligen können, etwa über Miteigentümerschaft an bzw. Mitbestimmungsregelungen in den jeweiligen Stadtwerken. Öffentliche Einrichtungen und Gesellschaften, an denen die öffentliche Hand beteiligt ist, sollen ausschließlich erneuerbaren Strom beziehen.
Zudem wollen wir die Speicher- und Verteilungstechnologien weiterentwickeln. Zukunftsfähig ist ein intelligentes Energienetz, das Energieerzeuger, Speicher und Kunden effizient miteinander verknüpft und eine Steuerung des Verbrauchs ermöglicht."

 

Bernd Wald, Bündnis 21/RRP: "Rund 80 Prozent unserer Bevölkerung wollen den Atomausstieg. Die Durchführung des neuen Gesetzes für erneuerbare Energien wurde unkontrolliert und mit viel Steuergeldern in Angriff genommen. Die Photovoltaikanlage hat den Steuerzahler bislang über 100 Milliarden Euro gekostet. Der Anteil der Energiemenge beläuft sich gerade um 4 Prozent. Was wir benötigen, ist eine intelligente Stromerzeugung und Stromverteilung. Die zurzeit produzierte Energie (Strom) wird durch das Zufallsprinzip erzeugt. Zum Beispiel keine Sonne und kein Wind - somit kein Strom. Um die fehlende Strommenge auszugleichen, müssten zusätzliche parallel laufende Kraftwerke gebaut werden.
Wichtig für unsere Partei: Aufklärung der Bevölkerung über zusätzliche Kosten und Zeitangaben."

 

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