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Ein Ja und zwei Enthaltungen

So haben Lüneburgs Bundestagsabgeordnete bei der Griechenlandfrage abgestimmt

Lüneburg/Berlin, 20.07.2015 - Am Freitag vergangener Woche hat der Bundestag über die Aufnahme von Verhandlungen über Finanzhilfen für Griechenland abgestimmt, offiziell bezeichnet als Abstimmung über Verhandlungen der Bundesregierung über die Gewährung von Finanzhilfen an die Hellenische Republik Griechenland nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 ESM-Finanzierungsgesetz (ESMFinG). Auch die drei Lüneburger Bundestagsabgeordneten Hiltrud Lotze (SPD), Eckhard Pols (CDU) und Dr. Julia Verlinden (Grüne) haben ihr Votum abgegeben: es gab ein Ja und zwei Enthaltungen. Hier die einzelnen Stimmen und ihre Begründungen. 

 


Hiltrud Lotze (SPD): Ja

Hiltrud LotzeIch habe mit JA gestimmt und möchte hier die Hintergründe für meine Entscheidung kurz darlegen. In der gestrigen Fraktionssitzung haben wir gemeinsam mit Jeroen Dijsselbloem (Chef der Euro-Gruppe und sozialdemokratischer Finanzminister der Niederlande) und unserem Genossen Martin Schulz, Präsident des Europaparlaments, die Situation intensiv diskutiert. Die Argumente von Martin Schulz und Jeroen Dijsselbloem haben mich in meiner Haltung bestärkt: Dass jetzt Verhandlungen über ein weiteres Hilfspaket geführt werden können, ist für mich Zeichen und Ausdruck der Solidarität und der Mitmenschlichkeit gegenüber den Menschen in Griechenland, in einem gemeinsamen Europa.
Ein weiterer wichtiger Grund ist die ernsthafte Sorge um eine Spaltung Europas – oder positiv formuliert: der Wunsch nach Zusammenhalt in Europa. Ich bin überzeugt davon, dass unsere Zukunft in einem gemeinsamen, friedlichen, solidarischen Europa besser aufgehoben ist und sich besser gestalten lässt, als in einzelnen Nationalstaaten.
Wir müssen in Europa zusammenbleiben, das ist mein Wunsch und mein Ziel als Sozialdemokratin. Deswegen sind jetzt weitere Anstrengungen und weitere Hilfe nötig, damit Griechenland seine Strukturprobleme langfristig mit europäischer Unterstützung lösen kann.

 

Eckhard Pols (CDU): Enthaltung

Eckhard PolsBereits zu Beginn der Woche war absehbar, dass der Bundestag zu einer Sondersitzung wird zusammentreten müssen, um über die Aufnahme von Verhandlungen abzustimmen. Als Abgeordneter, Familienvater und Handwerksmeister mit eigenem Betrieb habe ich mir die Entscheidung über mein Abstimmungsverhalten nicht leicht gemacht. Denn einerseits zolle ich Angela Merkel und Wolfgang Schäuble größten Respekt für das Verhandlungsergebnis, das striktere Sparauflagen und Reformansätze beinhaltet als alle vorherigen Pakete.
Gleichzeitig ist mir als Mensch und Unternehmer das griechische Gebaren der letzten Wochen eine Lehre gewesen: mir fehlt der Glaube daran, dass die griechische Regierung ernsthaft an Reformen interessiert ist und Willens ist, die europäische Solidarität sinnvoll für sich zu nutzen. Und diese Solidarität war umfassend!
Das Land hat in einer für alle Mitglieder der Eurozone wirtschaftlich schwierigen Zeit rund 240 Milliarden Euro an internationaler Unterstützung erhalten. Sich im Gegenzug dazu zu verpflichten, dringend notwendige Reformen des Staatswesens und der Wirtschaft durchzuführen, ist kein unseriöses Spardiktat fremder Nationen, sondern die logische Konsequenz, um aus eigener Kraft wieder zu wirtschaftlichem Wachstum zu kommen.
Entsprechend bedauere ich die Entwicklung der letzten Wochen sehr. Denn Griechenland war bis 2014 auf einem guten Weg: Die angestrengten Reformen, so viel sie den Menschen abverlangt haben, zeigten erste Wirkung, die Wirtschaft konnte ein leichtes Wachstum verzeichnen, das Bankensystem war ansatzweise stabil. Dieser Trend hat sich leider mit dem Antritt der Linksregierung unter Tsipras umgekehrt: Teile der Reformen wurden wieder zurückgenommen, das Tempo insgesamt verlangsamt.
Ich habe mich aus diesen Gründen bei der Abstimmung bewusst enthalten und mir gleichzeitig offen gelassen, die beginnenden Verhandlungen mit Griechenland aus der nötigen kritischen Distanz heraus zu begleiten.

 

Dr. Julia Verlinden (Grüne): Enthaltung

Dr. Julia VerlindenWir Grüne haben heute einen eigenen Antrag in den Bundestag eingebracht, in dem wir uns für ein drittes Hilfsprogramm und entschieden gegen einen Grexit aussprechen. Dem Antrag der Regierung, die in der Debatte im Vorfeld dem befristeten Ausstieg Griechenlands aus dem Euro das Wort geredet hat, habe ich daher nicht zugestimmt, sondern mich enthalten. Die Bundesregierung hat mit ihrer Verhandlungsstrategie den Zusammenhalt in Europa leichtfertig aufs Spiel gesetzt. Das widerspricht dem europäischen Grundgedanken der Solidarität.

Für die jetzt anstehenden Verhandlungen haben wir Grüne klare Leitlinien vorgelegt, die Griechenlands Zukunft im Euro sichern. Der Reformprozess und die wirtschaftliche Erholung in Griechenland kann nur dann gelingen, wenn das Land die Sicherheit hat, im Euro zu bleiben und die erforderliche Zeit erhält, um verlässliche Rahmenbedingungen, effektive Strukturreformen und notwendige Investitionen zu tätigen.