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Neuer Streit um die A39

Neubauprojekt in Bundesverkehrswegeplan aufgenommen – Gutachten sorgt für Krach in rot-grüner Koalition

Hannover/Lüneburg, 13.07.2016 - Der Lückenschluss der Autobahn 39 zwischen Lüneburg und Wolfsburg rückt offenbar näher. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt hat den Bau der A39 jetzt in den Bundesverkehrswegeplan (BVWP) aufgenommen und damit ein wichtiges Signal für die geplante Umsetzung des Projekts gegeben. Doch während die Befürworter vor Freude noch jubelten, legten die Grünen im Niedersächsischen Landtag ein Gutachten vor, das den Bau ihrer Auffassung nach überflüssig macht. Ihr Koalitionspartner in Hannover, die SPD, will sich davon aber nicht irritieren lassen. 

"Dieses von den Grünen in Auftrag gegebene Gutachten wird am Regierungshandeln nichts verändern, weder hier in Niedersachsen noch in Berlin", erklärte postwendend Niedersachsens Verkehrsminister Olaf Lies (SPD). Die niedersächsische Landesregierung habe sowohl die A20 als auch die A39 beantragt, nun freue er sich, dass beide Projekte in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans aufgenommen sind.

Grüne werfen Bund Trickserei vor

"Hier wurde getrickst, um noch irgendwie eine Wirtschaftlichkeit beim Neubau nachzuweisen. Die Zahlen zur A20 und A39 machen deutlich, dass allenfalls die Mindestbedingungen für einen Autobahnbau gegeben sind. Gar nicht erst berücksichtigt wurde der Flächenverbrauch und der massive Eingriff in FFH-Gebiete", kritisiert die Fraktionsvorsitzende im Landtag von Hannover, Anja Piel.

Den Grünen weist das Gutachten eine umfassende Mängelliste auf. Hierzu zählten unter anderem fehlende Berechnungsgrundlagen für Schienenstrecken, Alternativplanungen, Kostenansätze auf Basis von 2012 sowie unzureichende Annahmen zu Nutzung und Reisezeiten. Zudem würden Nutzeneffekte im bestehenden Verkehrsträgernetz werden nicht abgebildet und berechnet. Auch werde das Klimaschutzziel im Verkehrsbereich völlig verfehlt. 

 Lies: "Wir werden beide Autobahnen bauen"

Den roten Koalitionspartner in Hannover interessiert das jedoch wenig. "Wir werden beide Projekte zügig weiter planen und auch bauen. Beide Vorhaben haben eine erhebliche Netzfunktion, sie sind wichtig für die wirtschaftliche Entwicklung Niedersachsens und von elementarer Bedeutung für die Anbindung unserer Seehäfen. Das gilt in gleicher Weise übrigens auch für die Schleuse Lüneburg. Diese hat in der Berechnung des Kosten-Nutzen-Faktors eine deutlich schlechtere Bewertung als die Autobahnen, und trotzdem sind alle für den Bau, auch die Grünen. Die Grünen-Fraktion betreibt insofern Rosinenpickerei und sucht sich ihre Argumente, wie es gerade passt. Es ist übrigens Unsinn, ÖPNV-Projekte gegen Infrastrukturprojekte aufzurechnen, wie die Grünen das tun. Wir brauchen beide", sagt Lies.

Einen Grund, die Berechnungen aus Berlin anzuzweifeln, sieht Lies nicht, auch würde er dazu auch keine eigenen Berechnungen anstellen. "Ich bin ganz sicher, dass das Gutachten auch beim Bundesverkehrsminister keine Neubewertung auslösen wird." Hinzu komme, dass selbst der Gutachter der Grünen nicht zu einer Kosten-Nutzung-Bewertung von unter 1 komme. Also selbst danach könnten beide Autobahnen gebaut werden. "Der Bund wird bei seiner Entscheidung bleiben, und wir werden beide Autobahnen planen und bauen. Das Gutachten erfüllt nur einen Zweck: Es füllt für ein paar Tage das Sommerloch."

IHK: Gutachten beruht auf veralteten Informationen

"Die Stellungnahme der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen zur A20 und A39 ist nicht nachvollziehbar“, kommentiert Michael Zeinert, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Lüneburg-Wolfsburg. Beide Autobahnen hätten eine wichtige Netzfunktion und seien nicht ohne Grund in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans aufgenommen worden. Daran werde auch das teilweise auf bereits veralteten Informationen beruhende Gutachten nichts ändern.

"Offenbar verfolgen die Grünen die Absicht, die Systematik der Bundesverkehrswegeplanung nochmals grundsätzlich auf den Prüfstand zu stellen“, sagt Zeinert. Dabei gebe es keinen Grund, die Berechnungen aus Berlin anzuzweifeln. "Ich rate allen Beteiligten, zur Sachlichkeit zurückzukehren und politische Zankereien einzustellen. Unsere Region braucht die A39, sie ist eine wichtige Voraussetzung für die wirtschaftliche Entwicklung. Daran ändert auch das Gutachten der Grünen nichts.“