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Fracking als letzte Hoffnung für Gorleben-Aus?

Kernkraftgegner sehen in neuer Aufsuchungserlaubnis Chance zum Ausstieg aus dem Endlager-Standort

Lüneburg/Brüssel, 29.12.2013 - Das Vorhaben des Mainzer Unternehmens Geo Exploration Technologies (GET), im Ostkreis Lüchow-Dannenbergs nach Erdöl und Erdgas zu suchen, hat bei Politikern der Grünen und den Gegnern eines atomaren Endlagers in Gorleben gleich zwei Reaktionen hervorgerufen: Zum einen die Ablehnung der unbestrittenen Fracking-Methode, die beim Abbau von Schierfergas zum Einsatz kommen könnte, zum anderen die stille Hoffnung, dass damit ein mögliches Endlager in Gorleben ein für allemal aus der Diskussion sein könnte.

Das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) hat der (GET) die Erlaubnis erteilt, im Raum Prezelle im Landkreis Lüchow-Danneberg nach Erdöl und Erdgas zu suchen. Das Terrain umfasst 160 Quadratkilomenter (LGheute berichtete). Damit gibt es nun neben der Salinas GmbH, die statt der Atommüllendlagerung im Salzstock Gorleben dort Salz fördern will, mit der GET ein zweites Unternehmen, das dort wirtschaftliche Interessen jenseits kerntechnischer Interessen verfolgt. 

BI: "Für Befürworter Gorlebens wird es schwieriger"

Das Suchfeld “Prezelle” reicht bis zu 400 Meter an den Salzstock Gorleben heran. Die Pläne, dort ein Atommüllendlager zu errichten, sind bisher nicht aufgegeben worden. Wolfgang Ehmke, Sprecher der Bürgerinitiative (BI) Lüchow-Dannenberg, zeigte sich verwundert über die Aufsuchungserlaubnis: “Diese Erlaubnis des LBEG hat uns überrascht. Wenn hinter dieser Entscheidung der Plan steht, dass Gorleben als Atommüllendlager aufgegeben werden soll, dann ist das ziemlich neu. Die Landesregierung ist aufgefordert, hier Klarheit zu schaffen.” 

Bisher stand der Salzstock in erster Linie geologisch und politisch  in der Kritik. Die Bürgerinitiative BI sieht die Entwicklung mit gemischten Gefühlen. “Einerseits ist klar, dass sich Gasförderung und ein Atommüllendlager nicht vertragen. Denn es wird bei der Gasförderung Erderschütterungen geben, die zu Rissen und Wegsamkeiten führen, über die Radionuklide an die Biosphäre gelangen. Andererseits muss sicher gestellt sein, dass es sich um eine konventionelle Gasförderung und nicht um Fracking handelt,” unterstreicht die BI. Sprecher Wolfgang Ehmke ist sich sicher: "Es wird immer schwieriger für die Befürworter Gorlebens."

Rebecca Harms: "Erwartungen zurückhaltend"

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen/EFA im Europäischen Parlament, Rebecca Harms, hat sich jetzt ebenfalls in die Diskussion eingebracht. Zum Beschluss des Lüchow-Dannenberger Kreistags, sich dafür einzusetzen, dass die Vereinbarung des Landes Niedersachsen aus dem Jahre 1976 mit der Niedersächsischen Erdöl- und Erdgaswirtschaft über den Verzicht auf Gassuche im Raum Gorleben gekündigt wird, sagt sie: "Wenn sich durch Untersuchungen der Erdöl-/Erdgas-Vorkommen bestätigt, dass in erheblichem Ausmaße Kohlenwasserstoffe in der Nähe oder gar unter dem Salzstock Gorleben vorhanden sind, dann wäre das eine weitere Bestätigung der Nichteignung Gorlebens."

Hinsichtlich eines vorzeitigen Aus' für Gorleben als Endlagerstandort zeigt sich Harms jedoch zurückhaltend: "Derzeit kann ich an die Untersuchungserlaubnis für die Mainzer Geo Exploration Technologies noch nicht die Erwartung knüpfen, dass sich aus der Erkundung der Vorkommen ein automatisches Ende der Endlagerpläne für Gorleben ergibt." Zudem mahnt sie, Risiken der konventionellen und unkonventionellen Rohstoffgewinnung auch in diesem Zusammenhang nicht unbeachtet zu lassen.

Julia Verlinden: "Fracking erweist Energiewende Bärendienst"

Die Lüneburger Bundestagsabgeordnete der Grünen Julia Verlinden kann sich weder für die eine noch die andere Variante erwärmen: "Es bleibt unser Ziel, schnellstmöglich zu 100 Prozent Erneuerbare Energien zu nutzen. Dabei helfen uns auch mehr Energieeffizienz und Energiesparen. Der Einsatz von Fracking zur Aufsuchung und Förderung unkonventioneller Gasvorkommen (Schiefergas) lehne ich ab. Es ist gesundheits- und umweltpolitisch nicht zu verantworten.“

Fracking sei energiepolitisch auch nicht nötig, betonte Verlinden. Dem Klimaschutz und der Energiewende erweise Fracking einen Bärendienst, da es die Nutzung der fossilen Brückentechnologie Erdgas verlängere und damit den Klimawandel bei unkalkulierbarem Risiko für Trinkwasser verschärfe. "Die zu diesem Thema in der Koalitionsvereinbarung zwischen CDU und SPD beschlossenen Punkte sind mehr als vage. Angesichts dessen kann mitnichten Entwarnung gegeben werden: Die große Koalition will das Fracking nur in Trinkwasserschutzgebieten regulieren. Von einem Moratorium oder anderen konkreten Maßnahmen ist im Koalitionsvertrag keine Rede.“

Verlinden appelliert stattdessen an die Bundesregierung, das Bundesbergrecht zu novellieren und somit eine rechtliche Grundlage zu schaffen, um die Förderung von unkonventionellem Erdgas verbieten zu können. "Die Tatsache, dass das LBEG über den Kopf des Landkreises hinweg entscheiden kann, zeigt, wie wichtig es ist, dass Planungs- und Genehmigungsverfahren dringend mehr Beteiligung und Transparenz brauchen", so Verlinden.