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Handwerk ohne Zukunft?

Betriebe klagen über mangelnden und schlecht ausgebildeten Nachwuchs

Hansestadt, 17.09.2012 - Eine Reise zum Handwerk unternahmen am Wochenende Vertreter aus Politik und Verwaltung von Stadt und Landkreis Lüneburg. Anlässlich des bundesweiten "Tag des Handwerks" besuchten sie auf Einladung der Handwerkskammer Lüneburg Handwerksbetriebe in Wittorf, Adendorf und Lüneburg und wurden dabei nicht nur mit angenehmen Botschaften konfrontiert. Die wichtigste davon: Das Handwerk leidet unter mangelndem und oft schlecht ausgebildetem Nachwuchs.

"Wenn sich nicht grundlegend etwas ändert, werden wir schon bald vor großen Problemen stehen", gab Firmenchef Rainer Mencke den Besuchern mit auf den Weg. Der Familienbetrieb Mencke Naturstein in Lüneburg war die letzte von drei Stationen, zu der die Handwerkskammer am Sonnabend eingeladen hatte. Zuvor hatten Lüneburgs Bundestagsabgeordneter Eckhard Pols (CDU), die SPD-Landtagsabgeordnete Andrea Schröder-Ehlers, Bürgermeisterin Renate Baumgarten, Kreisrätin Monika Scherf, die stellvertretende Landrätin Nicole Ziemer, der Chef der Agentur für Arbeit Lüneburg, Bernd Passier, Wirtschaftsförderer Jürgen Enkelmann, Mitglieder des Stadtrats und Kreistags sowie weitere Gäste aus Wirtschaft und Verwaltung zusammen mit Kammer-Präsident Rolf Schneider die Backstuben des Heidebäckers in Wittorf und den Spezialbetrieb für ökologischen Holzbau in Adendorf, die Firma Maack, aufgesucht, um sich ein Bild über die Situation des Handwerks zu machen.

Was die Gäste zu sehen bekamen, war durchweg erfreulich: Gut florierende Handwerksbetriebe und stattliche Unternehmen, die sich erfolgreich den Herausforderungen des Wettbewerbs stellen, sich mit ihren Angeboten und Produkten den Bedürfnissen des Marktes anpassen und die auch manch bürokratisches Hindernis sportlich meistern.

Weniger erfreulich war, was die Angereisten von den Firmenchefs zu hören bekamen: Klagen über schlecht ausgebildete Schulabgänger, Lehrlinge, die nach Einführung des zweiten Berufsschultages für viele Betriebe nicht mehr bezahlbar sind, sowie ein Mangel an Gesellen und Meistern, der über kurz oder lang zu einer ernsten Bedrohung für die Fortführung bestehender Handwerksbetriebe führen wird - wenn sich nicht Grundlegendes an der aktuellen Situation ändern sollte.

Die Handwerkskammer, selbst oft mit dem unzureichenden Ausbildungsstand sowie fehlender Leistungsbereitschaft der Lehrlinge konfrontiert, kennt die Defizite und mahnt die Politik seit längerem, Abhilfe durch bessere Ausbildung und Vorbereitung in den Schulen zu schaffen.

Doch ob damit das Problem fehlender qualifizierter Nachwuchskräfte gelöst wird, scheint fraglich, seit immer deutlicher wird, dass mit zunehmender Qualifikation die Bereitschaft, eine Ausbildung im Handwerk anzustreben, zu sinken scheint. "Wir brauchen für die Herausforderungen im Handwerk qualifizierte junge Menschen. Leider entscheiden sich aber diejenigen, die über die erforderlichen Qualifikationen verfügen, dann nicht mehr für eine Ausbildung im Handwerk, sondern streben eine andere berufliche Laufbahn an", beschreibt Eckhard Sudmeyer, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer, die Situation.

Die Handwerkskammern versuchen daher, mit einer breit angelegten Imagekampagne wieder Raum gut zu machen im Ringen um die begehrten Nachwuchskräfte. "Das Handwerk hat sich in den vergangenen Jahren in weiten Teilen stark verändert. Es gibt heute kaum noch einen Bereich, der nicht auch fachübergreifende Kenntnisse erfordert", erklärt Sudmeyer. "Hierfür brauchen wir die richtigen Leute". Wie das erreicht werden kann, verrät Sudmeyer auch: "Wir müssen die Jugendlichen da abholen, wo ihre Interessen sind, und die sind oft näher am Handwerk, als viele vermuten."

Mit diesen Erfahrungen und Botschaften des Tages im Gepäck fuhren die Gäste dann zurück zum Ausgangspunkt der Reise, dem Technologiezentrum des Handwerks. Ein unfreiwilliger Zwischenstopp sorgte dann noch einmal für eine kurze Verschnaufpause: Am Waldfriedhof streikte der eingesetzte Sonderbus der KVG, ein ausgebildeter Handwerker war weit und breit nicht in Sicht. Zum Glück kam aber schon bald die Linie 5011.