Aufgelesen: Wo bleibt der Nachfolger?

Seit Monaten ist die Stelle des Kämmerers in Lüneburg unbesetzt

Foto: LGheute22.05.2023 - Vor einer Woche hat Robert Habeck seinen massiv in die Kritik geratenen Parteifreund und Staatssekretär im Klimaministerium Patrick Graichen wegen Vetternwirtschaft vor die Tür gesetzt. Heute hat er mit dem Grünen Philipp Nimmermann, den Habeck noch aus Kieler Zeiten kennt, Graichens Nachfolger präsentiert. Das ging fix. Da fragt man sich doch, warum die Neubesetzung der Stelle des Lüneburger Kämmerers nach mehr als neun Monaten immer noch nicht erfolgt ist.

Im August letzten Jahres gab Gabriele Lukoschek, damals amtierende Stadtkämmerin und Erste Stadträtin Lüneburgs, ihren Abschied für Anfang diesen Jahres bekannt – genug Zeit also für Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch, sich um Ersatz zu kümmern. Doch der ist bislang offenbar noch in weiter Ferne. Denn noch immer ist von einem Kandidaten oder einer Kandidatin, die Kalisch dem Rat vorstellen kann, nichts in Sicht. 

Dabei gab es bereits einen ersten Versuch, doch der scheiterte in letzter Sekunde. Eine Bewerberin hatte kurz vor ihrem Auftritt vor dem Rat der Stadt – dieser muss der zuvor erfolgten Empfehlung durch die Oberbürgermeisterin zustimmen – ihre Kandidatur zurückgezogen, aus welchen Gründen auch immer.

Erneut wurde daraufhin eine Personalagentur in die Spur geschickt, doch fündig scheint sie noch immer nicht zu sein. Dabei drängt die Zeit, denn der Haushalt für 2024 müsste längst im Rathaus vorbereitet zu sein, um nach der Sommerpause in den Ausschüssen und von den Ortsteilen abgesegnet zu werden. 

Woran liegt es also, dass die Stadt keinen Kämmerer findet? Ist Lüneburg zu unattraktiv? Wohl kaum. Vielleicht ist es der millionenschwere Minus-Haushalt, den geeignete Kandidaten abschrecken. Wer will sich schon mit Sparappellen herumschlagen, wenn woanders üppiges Gestaltungspotential lockt? Zumal die Grünen zwar für Verzicht-, nicht aber für eine Sparpolitik bekannt sind, wenn es um grüne Prestige-Projekte geht.

Ist also Robert Habecks Klimaministerium – von einem Wirtschaftsministerium kann mangels solider Wirtschaftspolitik ja eigentlich nicht mehr die Rede sein – um Längen attraktiver? Was das Gehaltsniveau betrifft, allemal. Allerdings sind auch die Anforderungen inzwischen deutlich höher: Man muss die grüne Klimawende politisch auch ohne Agora-Background und persönliche Familienbande auf die Spur bringen. Da wird die Luft dann schon deutlich dünner. Und auch wenn die Neubesetzung der Berliner Stelle zügig erledigt wurde, doch bleibt die Frage: Nach wie vielen Absagen blieb nur noch Nimmermann übrig? Und wer sind seine Trauzeugen? 

In Lüneburg döst es derweil vor sich hin, keine der Fraktionen fragt bei der äußert wichtigen Besetzung der offenen Kämmerer-Stelle nach, es wirkt fast so, als habe man sich mit dem Halbdämmerschlaf im Rathaus inzwischen abgefunden. Protest kommt nur noch auf, wenn die Verwaltungsmitarbeiter sich per Chefin über Arbeitsaufträge beschweren – die Mitarbeiter, die jedes Jahr aufs Neue auf die Erhöhung des Stellenplans durch den Rat hoffen. Das muss man sich trauen. 

Lüneburg wartet derweil weiter auf seinen Nimmermanns-Tag.