Aufgelesen: Sendepause

Foto: LGheute05.11.2017 - Politik in Deutschland? Findet nicht statt. Jedenfalls nicht mehr im Ersten. Seit Wochen ist die Nummer Eins der Polit-Talkrunden der ARD, "Anne Will", nicht mehr auf Sendung. Dabei ist es dem Sender offenbar egal oder schlichtweg entgangen, dass derzeit in Berlin hart darum gerungen wird, wie die künftige Politik auf Bundesebene aussehen soll – von anderen drängenden Themen wie ungelösten Integrationsproblemen oder verlässlicher Energieversorgung ganz zu schweigen. Und selbst das Lieblingsthema der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, sexuelle Übergriffe von Männern, kommt nicht zu Wort. Schande! Wo bleibt die Erhebung der Massen???

Auch sie findet, ebenso wenig wie die Sendung selbst, nicht statt. Ein Zusammenhang? Nicht auszuschließen, schließlich wird mit dem Krimi nach dem Tatort ja zumindest Ebenbürtiges verabreicht. Was aber nicht geht, ist, dass mit Steuermitteln ein Sendeformat aufgebaut wird, das dann ganz nach Belieben mal gesendet wird und mal nicht. An die unsäglichen Sommerpausen bei der politischen Berichterstattung hat man sich ja inzwischen bereits gewöhnt, obwohl diese noch aus Adenauer-Zeiten herrühren, in denen die Politik in den sitzungsfreien Wochen des Bundestages eben mal für ein paar Wochen einfach abgeschaltet wurde.

Ist aber lange her. Seit Trump einen eigenen Account bei Twitter hat, findet Politik inzwischen sekündlich statt, auch, wenn bei uns Merkel und die ARD im Urlaub sind. Dass nun aber die Sommerpause fast nahtlos in die Winterpause übergeht, ist stark. Sollen wir jetzt nur noch für den moralüberladenen Tatort zahlen, der sich immer mehr dem unerträglichen Niveau der Lindenstraße nähert? Eine Reform ist – mit oder ohne Anne Will – dringend erforderlich, am besten gleich des gesamten Systems der Öffentlich-Rechtlichen.

Am nächsten Sonntag soll die Sendung fortgesetzt werden. Man darf gespannt sein, zu welchem Thema. Politik kann es ja wohl nicht sein.