Aufgelesen: Unglückliches Johanneum

Bundesweit beschäftigen sich die Medien mit der verschobenen Weihnachtsfeier an Lüneburgs Gymnasium 

21.12.2017 - Die von der Schulleitung des Lüneburger Johanneums, ein jahrhundertealtes Gymnasium mit christlichen Wurzeln, abgesagte oder verschobene Weihnachtsfeier – mal heißt es so, mal so – hat ein gewaltiges Medienecho ausgelöst. Ob Hamburger Abendblatt, Stern, Focus online, FAZ online, Spiegel online – quer durch die Republik wird die Entscheidung thematisiert. Auch der Bayernkurier im Süden der Republik ist dabei. Er spricht von "vorauseilendem Gehorsam" und hat damit wohl den Nerv vieler getroffen, denn die Empörung ist groß, dass eine Schule eine Weihnachtsfeier verschiebt, weil eine Muslimin sich dadurch in ihrem Glauben beeinträchtigt sieht (LGheute berichtete).

"Der Fall Lüneburg ist trotz des halbherzigen Dementis des Direktors ein Paradebeispiel für vorauseilenden Gehorsam gegenüber intoleranten Muslimen. Das Singen von Weihnachtsliedern etwa im Fachunterricht Musik ist nichts Falsches, weil sie unserer Kultur gehören. Falsch verstandene Toleranz, das Kappen der eigenen kulturellen Wurzeln, um dem anderen ja keinen Anlass zur Klage zu bieten, führt zur Diktatur der aggressiven Minderheit", schreibt der Bayernkurier

Und weiter heißt es dort: "Es wäre der muslimischen Schülerin durchaus zuzumuten, bei der Weihnachtsfeier anwesend zu sein, es hätte sie ganz bestimmt niemand gezwungen mitzusingen. Im Idealfall hätte das Mädchen etwas mehr über die christlichen Wurzeln der deutschen Kultur gelernt, in der sie lebt. Umgekehrt passt sich ja auch jeder christliche Auswanderer selbstverständlich an Kultur und Brauchtum des aufnehmenden Landes an und fordert nicht ein, dass sich alle gemäß seiner Vorstellungen anpassen und ändern müssen."

Dass die Entscheidung gar nicht notwendig gewesen wäre, macht ein Beitrag auf dem gemeinsamen Internetportal von der Zeitung "Die Welt" und N24 deutlich. Sie hat die Niedersächsische Landesschulbehörde dazu befragt. In dem Artikel der heißt es: "Landesschulbehördensprecherin Schöneich sagte, in dem Gesetzestext gehe es vor allem darum, dass Schülerinnen und Schüler lernten, religiöse Überzeugungen anderer Schüler zu tolerieren und zu respektieren. 'Diese Regelung bedeutet nicht, dass die Schule frei von religiösen Bezügen zu halten ist. Die Schule ist gehalten, diese zu vermitteln, ohne sie zu bewerten.'“

Auch die hat die "Welt" zu dem Vorgang befragt. In dem Artikel heißt es: "Die hannoversche Oberlandeskirchenrätin Kerstin Gäfgen-Track betonte, in Schulen müsse es eine religionssensible Vermittlung der adventlichen und weihnachtlichen Inhalte geben. Diese gehörten 'zu den grundlegenden kulturellen Pfeilern unserer Gesellschaft'. Der Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schulen basiere laut niedersächsischem Schulgesetz auch auf der Grundlage des Christentums. 'Von daher sind die christlichen Grundüberzeugungen in den Schulen zur Sprache zu bringen.'“

Die "FAZ" richtet auf ihrer Internetseite den Blick auf die Frage, was denn nun zutreffend sei, die Darstellung des NDR, der nach der Lüneburger "Landeszeitung" über den Vorgang berichtet hatte, oder die Darstellung der Schulleitung. Die will von einer Verlegung nichts wissen und spricht in jüngster Fassung stattdessen von Personalproblemen, die zu der Entscheidung geführt hätten. 

Der "Stern" sieht mit den jüngsten Erklärungen des Schulleiters Friedrich Suhr allerdings mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet. In dem Artikel heißt es: "Auf Nachfrage des stern bei der Landesschulbehörde Niedersachsen, auf die Suhr im Fall weiterer Fragen verweist, bleiben allerdings immer noch Fragen offen. Etwa, in welchem 'Pflichtunterricht' sich der Vorfall ereignet habe und welches Weihnachtslied der Stein des Anstoßes war."