Aufgelesen: Unfähig, Freiheit zu akzeptieren

Ministerpräsident Stephan Weil gibt im ZDF kein gutes Bild ab

Foto: LGheute02.05.2021 - Er würde ja gern, aber er kann einfach nicht. So ließ sich am heutigen Abend Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil in der ZDF-Sendung "Berlin direkt" vernehmen. Moderator Theo Koll wollte von ihm wissen, warum er sich so schwer damit tut, Geimpften wieder alle Grundrechte zu gewähren. Schließlich könnten möglicher Neid oder Missgunst der noch nicht Geimpften ja nicht gleichrangig mit dem anhaltenden Entzug der Grundrechte gesetzt werden. "Nein. Aber ..." – versuchte Weil sich der stringenten Argumentation des Moderators zu entziehen. Doch der ließ nicht locker.

Geht es etwa um mehr Gleichheit statt um Freiheit, wollte Koll wissen und traf damit den Nerv in der aktuell entbrannten Diskussion um die Wiedererlangung der Grundrechte von Geimpften auf den Punkt. "Nein", bemühte Weil sich staatstragend um Grundrechtskonformität, doch das war es dann auch schon. Denn mit seinem anschließenden "Aber" räumte er all das vom Tisch, was er mit seinem "Nein" eben noch als höherrangigen Wert zu bewahren vorgab. Schließlich müssten auch "all die anderen Fragen" geklärt werden, die im Raum stehen, etwa wenn die eine Hälfte der Gesellschaft am Strand spazieren gehen kann und die andere nicht. 

Also doch nur Gleichheit vor Freiheit?, hakte Koll nach. Von Stephan Weil gab es erneut nur ein "Nein. Aber ... ", um gleich mit einem aus Politiker-Sicht vermutlich schlagenden Argument zu kommen: Es gehe auch um die "Kontrollierbarkeit". Schließlich könne die Polizei ja nicht wissen, wer geimpft ist und wer nicht. Zumindest sei der Aufwand, dies in jedem einzelnen Fall festzustellen, einfach zu hoch.

Damit war es raus. Grundrechte schön und gut, aber Ungleichheit oder gar Unkontrollierbarkeit? Da hört der Spaß auf. Zumindest beim niedersächsischen Ministerpräsidenten. Dass dieser aber vermutlich ohne jegliche Konsequenzen Grundrechtsfragen Aspekten der Gleichbehandlung oder der Kontrollierbarkeit unterordnen kann, erschreckt dann doch.

Das Bedrohliche daran: Nicht die Gesellschaft entscheidet, wie sie mit – temporärer – Ungleichheit umgeht, sondern die Politik gibt es vor. Nicht die Familien sind es, die Oma und Opa einen womöglichen letzten schönen Sommer-Urlaub auf Mallorca gönnen wollen, weil sie bereits geimpft sind, sondern Stephan Weil entscheidet darüber. Dabei wäre das genaue Gegenteil der richtige Weg: Nicht Politiker, sondern Großeltern entscheiden, ob sie als Geimpfte die Freuden eines Urlaubs genießen oder zu Hause zu bleiben wollen. Sie, die Menschen, entscheiden allein, nicht die Politik. Es wird Zeit, dass Letztere wieder lernt, sich weniger in Dinge einzumischen, die sie nichts angeht.