Mahnende Worte zum Abschied

Birte Schellmann (FDP) mahnt den künftigen Rat zu mehr Respekt im Umgang miteinander

Birte Schellmann war für die FDP 30 Jahre im Rat der Stadt Lüneburg aktiv. Foto: LGheuteLüneburg, 15.10.2021 - Als am Mittwoch der Rat zu seiner letzten Sitzung in dieser Wahlperiode zusammenkam, war dies auch mit der Verabschiedung mehrerer Ratsmitglieder verbunden. Einigen von ihnen, darunter Birte Schellmann (FDP), wurden für ihre langjährige ehrenamtliche Arbeit im Rat und den Ausschüssen der Ehrenring der Stadt Lüneburg verliehen. Ihren Dank für die Ehrung verband Birte Schellmann mit einer deutlichen Kritik am zuletzt zunehmend niveaulosen Stil im Umgang der Ratsmitglieder untereinander sowie ehrverletzenden Äußerungen Mitarbeitern der Verwaltung gegenüber. Hier ihre Rede.

Birte Schellmann in der Ratssitzung am 13. Oktober 2021:    

"Zunächst möchte ich mich bei Ihnen herzlich dafür bedanken, dass Sie mir in Würdigung meiner langjährigen Tätigkeit den Ehrenring der Hansestadt Lüneburg zuerkannt haben. Ich empfinde das als Wertschätzung meiner Arbeit im Rat, die mir bei weitem nicht immer nur Freude und Freunde eingebracht hat, was ich heute bei unserem Abschied aus dem Rat nicht verhehlen möchte.

Die Ratsarbeit war auch zu meinem Beginn vor 30 Jahren nicht immer leicht, denn die unterschiedlichsten Ansichten prallten auch da in aller Härte aufeinander, aber es herrschte nicht diese feindselige Gesinnung zwischen den Fraktionen, wie wir sie in der letzten Ratsperiode erlebt haben. Die unversöhnlichen Redebeiträge, teilweise mit perfiden Unterstellungen, mitunter auch Kraftausdrücken, die ich hier nicht wiederholen möchte, hinterlassen allzu oft das Gefühl, den politischen Gegner oder die Verwaltung unbedingt in die Pfanne hauen zu müssen. Hier hat in den letzten Jahren eine Vulgarisierung in Ausdruck und Stil stattgefunden, wie wir sie vorher nie gekannt hatten. Ich höre von vielen Einwohnern, die in den letzten Jahren an den Ratssitzungen teilgenommen haben, wie entsetzt sie über den Verfall der Sprache von einigen gewesen sind und sich fragen, welch qualifizierter Mensch eigentlich noch Lust haben kann, sich an einer solchen Ratsarbeit zu beteiligen. Früher saß man nach anstrengender Sitzung bei einem versöhnlichen Bier zusammen. Aber solche eigentlich unerlässlichen Ausklänge für ein gedeihliches Miteinander finden schon gar nicht mehr statt. Schade.

Bitte denken Sie auch daran, dass der Rat als Organ der Kommune nicht nur Gestaltungs- und Kontrollrechte ausübt, sondern in gewissem Sinne auch in der Funktion des Arbeitgebers steckt. Wenn Sie ein privater Arbeitgeber wären, kann ich Ihnen versichern, wäre so manches Ratsmitglied schon längst vor dem Arbeitsgericht gelandet, und den Prozess hätte es dann auch verloren – und zwar zu recht. Denn es geht überhaupt nicht, dass – wie bereits mehrfach geschehen – Beschäftigten der Stadt, die eine umfassende Arbeit abgeliefert haben, Nachlässigkeit, Unzulänglichkeit oder gar völlige Inkompetenz vorgeworfen wird, nur weil manchen deren Arbeitsergebnisse nicht passen, zumal ja keineswegs eindeutig ist, auf wessen Seite die Inkompetenz jeweils liegt.

Auch als Rat haben Sie eine Fürsorgepflicht allen Beschäftigten gegenüber. Es geht nicht an, dass in menschenverachtender Weise Persönlichkeiten der Verwaltung in aller Öffentlichkeit durch diese Art der Kritik gemaßregelt werden. Fürsorge dem Verwaltungspersonal gegenüber ist darüber hinaus besonders jetzt gefordert, angesichts der starken Unterbesetzung in der Verwaltung – trotz zahlreich wiederholten Stellenausschreibungen – worauf die Stadtkämmerin vorhin hinwies.

Lassen Sie mich mit einem Aphorismus von Lichtenberg schließen, den ich sowohl auf Ihre zukünftige inhaltliche Arbeit als auch auf den Stil im Rat beziehe: Ich weiß nicht, ob es besser wird, wenn es anders wird, aber es muss anders werden, damit es besser wird!

Mit dem Ehrenring der Stadt Lüneburg wurden neben Birte Schellmann auch die folgenden Ratsmitglieder ausgezeichnet: