Transgender oder lieber genderfluid?

Eine Ausstellung im Lüneburger Wasserturm beschäftigt sich mit Geschlechts-Identitäten 

Das Plakat zur Ausstellung. Grafik: VeranstalterLüneburg, 08.04.2022 - Wer wissen möchte, was "LSBTI*-Identitäten" sind und ob er oder sie ohne es zu wissen oder zu wollen womöglich dazu gehört, findet von heute an Gelegenheit, dem im Lüneburger Wasserturm nachzugehen. Nicht, weil dort besonders viele Gleichgesinnte oder Orientierungsuchende zusammenkommen, sondern weil dort bis zum 30. April die Wanderausstellung "Sexualitäten und Geschlechter im Spiegel" stattfindet. Heute um 15 Uhr ist Eröffnung. 

Wer meint, mit "m" und "w" gebe es bereits ausreichend Möglichkeiten zur Sinn-, Identitäts- und Problemsuche, sieht sich beim Blick ins Internet schnell getäuscht. Denn hinter dem inzwischen auch in Stellen- und Wohungsangeboten obligatorischen "d" verbirgt sich mehr, als für gewöhnlich vermutet wird. Die Anzahl der angeblich möglichen Geschlechter-Identitäten ist schon jetzt unüberschaubar und wächst immer weiter.

Bei der Vielfalt der Angebote dürfte eine Entscheidung für ein anderes Geschlecht oftmals schwerer fallen als die Auswahl bei einem Autokauf. Allein bei den nichtbinären Geschlechts-Identitäten werden aufgezählt: transgender, genderqueer, genderfluid, bigender, pangender, agender, demigender, abinär und – weil sich es ansonsten wohl jeder Möglichkeit einer Aufzählung gesprengt hätte – auch noch "Selbstbezeichnungen". Wer sich partout nicht festlegen mag, findet Erlösung im "genderfluid". Genderfluide Personen ziehen es laut Wikipedia vor, "ihre Geschlechtsidentität anhaltend veränderbar zu halten ("fließend"), statt sich auf ein Geschlecht festzulegen. Dabei können sie sich zwischen verschiedenen Geschlechtern bewegen oder mehrere Geschlechter gleichzeitig zum Ausdruck bringen".

Doch zurück zur Ausstellung und zur Frage, was LSBTI* denn nun bedeutet. Die vier Buchstaben stehen für: Lesben, Schwule, bisexuelle, transgender und intergeschlechtliche Menschen, im Englischen steht dafür LGBTQ – sofern zwischenzeitlich nicht bereits eine weitere Kategorie hinzugekommen ist. 

Zu viel sollten Orientierungsuchende von der Ausstellung allerdings nicht erwarten, denn sie ist lediglich mit elf "Rollups" – also Schautafeln – angereist, die in drei Linien 21 Aspekte geschlechtlicher und sexueller Vielfalt aufzeigen. Man darf dem Verein Niedersächsischer Bildungsinitiativen, der die Ausstellung entwickelt hat, die wiederum vom Niedersächsischen Sozialministerium gefördert wird, also nur wünschen, dass sie niemanden vergessen hat. 

Inhaltlich ist die Ausstellung dreigeteilt: Die erste Linie thematisiert laut Veranstalter "historische Veränderungen, wie sexuelle und geschlechtliche Vielfalt zu verschiedenen Epochen in Europa gesehen oder gelebt wurde. Die zweite Linie stellt transkulturelle Beispiele von Geschlechtern jenseits von Frau und Mann vor und thematisiert den gewaltigen Einfluss des Kolonialismus auf außereuropäische Vorstellungen geschlechtlicher und sexueller Vielfalt. Die dritte Linie zeigt aktuelle LSBTI* Identitäten in Deutschland".

Mit der Ausstellung soll der "Austausch über Unterschiede, Veränderungen sowie herrschende gesellschaftliche und alternative Vorstellungen" ermöglicht werden. Zudem soll sie der "eurozentrischen Sicht" entgegenwirken, "die sexuelle und geschlechtliche Vielfalt sowie einen positiven Umgang damit ausschließlich in Europa verortet". 

Die Ausstellungseröffnung findet selbstverständlich mit Vertreter*innen der Stadt, sowie der Organisator*innen des Vereins statt. Anschließend wird es um 16 Uhr eine Führung mit zusätzlichen Informationen durch die Ausstellung mit der "Projektkoordination" Kristina Schneider geben.