Konflikte drohen Volkstrauertag zu überschatten

Die Antifa will am Feiertag gegen die AfD protestieren und verweigert Kooperationsangebot der Stadt

Lüneburg, 16.11.2018 - Zum kommenden Volkstrauertag am 18. November bahnt sich in Lüneburg Unschönes an. Die Antifaschistische Aktion (Antifa) Lüneburg will offenbar die Teilnahme der AfD an den Feierlichkeiten zum Volkstrauertag verhindern und hat dafür am Mahnmal an der Lindenstraße von 10 Uhr bis 18 Uhr eine Versammlung unter dem Motto "Das Gedenken schützen – NS-Verherrlichung stoppen!" angemeldet. Die Hansestadt Lüneburg hat die antifaschistische Kundgebung nicht untersagt, aber zur Auflage gemacht, dass die Kundgebung nicht zur selben Zeit und am selben Ort wie die alljährliche städtische Gedenkfeier stattfindet.

"Die Gedenkfeier am Mahnmal in der Lindenstraße anlässlich des Volkstrauertages ist eine öffentliche Veranstaltung. Ich kann niemanden von dieser offiziellen Gedenkveranstaltung ausschließen. Ich gehe davon aus und hoffe sehr, dass sich alle, die an dieser Gedenkveranstaltung teilnehmen, dem Ort und dem Anlass angemessen verhalten, das gilt für die Mitglieder der AfD genauso wie für die Mitglieder der Antifaschistische Aktion Lüneburg", sagt Oberbürgermeister Ulrich Mädge.

Die Hansestadt Lüneburg wird am Volkstrauertag unter anderem am Mahnmal in der Lindenstraße einen Kranz niederlegen. Das Mahnmal, das am 9. November 1990 eingeweiht wurde, wurde von der Stadt konzipiert und errichtet, um einen Ort zu haben, an dem allein den Opfern der NS-Gewaltherrschaft gedacht wird. Seit mehr als 20 Jahren findet an dieser Gedenkstätte die offizielle Gedenkveranstaltung der Stadt mitsamt einer Kranzniederlegung statt. Der Oberbürgermeister hat, wie in den vergangenen Jahren, zu dieser offiziellen städtischen Gedenkveranstaltung auch die Fraktionen eingeladen, die als gewählte Vertreter der Lüneburger an der Veranstaltung teilnehmen und, wenn sie möchten, ebenfalls einen Kranz niederlegen.

Antifa nicht kooperationsbereit 

Die Hansestadt hat kürzlich Vertreter der Antifaschistischen Aktion Lüneburg entsprechend der Vorgaben des niedersächsischen Versammlungsgesetzes zu einem so genannten Kooperationsgespräch eingeladen. Ziel war es, Argumente auszutauschen, die rechtliche Lage zu erklären und zu einer tragbaren Lösung für alle Beteiligten zu gelangen. Der Vorschlag der Stadt war es, dass die Kundgebung zu der angemeldeten Zeit, aber an einem anderen Ort stattfindet oder aber ebenfalls am Mahnmal an der Lindenstraße, allerdings dann erst ab 14 Uhr. Leider konnten diese Vorschläge nicht diskutiert werden, da sich die Antifa in diesem Gespräch nicht kooperationsbereit zeigte, wie die Stadt erklärt. Stattdessen habe die Antifa, vertreten durch Olaf Meyer, das Gespräch einseitig nach nur wenigen Minuten beendet.

Die Rechtslage

Hierzu erklärt die Stadt: Das Versammlungsrecht ist ein durch das Grundgesetz geschütztes Recht. Dennoch besteht es nicht uneingeschränkt. So ist das Recht des Veranstalters und der Versammlungsteilnehmer zu einer freien Wahl des Versammlungsortes beispielsweise dann eingeschränkt, wenn das öffentliche Interesse an der ungestörten und würdevollen Durchführung von verschiedenen Formen staatlicher Selbstdarstellung und öffentlicher Repräsentation entgegensteht. Dies ist am 18. November der Fall: Die städtische Gedenkveranstaltung, die seit der Einweihung immer zwischen 12 Uhr und ca. 13.30 Uhr am Mahnmal an der Lindenstraße stattfindet, könnte nicht durchgeführt werden, würde der Antifa das Recht eingeräumt, an dem von ihr angegebenen Ort zur angegebenen Zeit eine Versammlung durchzuführen. Daher hat die Stadt die Auflagen erteilt, Ort oder Zeit anders zu wählen.
In Paragraph 4 des Niedersächsischen Feiertagsgesetzes heißt es außerdem: "Öffentlich bemerkbare Handlungen, die die äußere Ruhe stören oder dem Wesen der Sonn- und Feiertage widersprechen, sind verboten." Der Volkstrauertag ist darüber hinaus laut §6 des Niedersächsischen Feiertagsgesetzes noch in besonderer Weise geschützt. So sind am Volkstrauertag öffentliche Veranstaltungen verboten, "außer wenn sie der geistig-seelischen Erhebung oder einem höheren Interesse der Kunst, Wissenschaft oder Volksbildung dienen und auf den ernsten Charakter des Tages Rücksicht nehmen." Diese rechtlichen Vorgaben hat der Veranstalter der angekündigten Kundgebung nicht beachtet. Eine kooperative Lösung aufgrund der einseitigen Beendigung des Kooperationsgespräches war nicht möglich.

Oberbürgermeister Mädge erinnert daran, dass der Volkstrauertag ein Tag ist, "an dem wir in Stille gedenken und erinnern – an die vielen Kriegstoten und an die vielen Opfer der Gewaltherrschaft. Das Mahnmal an der Lindenstraße ist ausdrücklich allen Opfern der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft gewidmet. Auf dem Gedenkstein steht ein wichtiges Zitat von Richard von Weizsäcker: 'Lassen Sie sich nicht hineintreiben in Feindschaft und Hass gegen andere Menschen, [.] Lernen Sie, miteinander zu leben, nicht gegeneinander. Ehren wir die Freiheit. Arbeiten wir für den Frieden. Halten wir uns an das Recht.' In diesem Sinne bitte ich alle eindringlich darum, sich bei der Gedenkveranstaltung friedlich und würdevoll zu verhalten."

Linke unterstützen Antifa

Die Linksfraktion im Lüneburger Rat verteidigt das Recht der Antifa "gegen die Anwesenheit rechtsradikaler Kräfte am Volkstrauertag zu demonstrieren". Dazu erklärt ihr Fraktionsvorsitzender Michèl Pauly: "Es ist nicht nur legal, sondern auch absolut legitim, die Stimme zu erheben und zu demonstrieren, wenn Rechtsradikale den Volkstrauertag für ihre Propaganda missbrauchen wollen. Wo den Opfern von Krieg, Faschismus und Nationalismus gedacht wird, müssen Nationalisten, auch wenn Sie im Rat oder in Parlamenten sitzen, Widerspruch erfahren."

Weil die Stadt in dem Kooperationsgespräch mit der Antifa von der Kranzniederlegung der Stadt als einem "Staats-Akt" gesprochen hat, will die Links-Fraktion nun prüfen lassen, "welche Konsequenzen es hat, wenn unter dem Begriff 'Staats-Akt' die Versammlungsfreiheit eingeschränkt wird", erklärt Pauly.