Scheinziel Klimaneutralität

Der Rat der Stadt Lüneburg beschließt, was es bereits gibt, aber eigentlich gar nicht geht

Lüneburgs Dächer mit Photovoltaikanlagen bestücken? Von Grünen sind solche Pläne immer mal wieder zu hören. Umsetzbar sind sie – bislang – jedenfalls nicht. Foto: LGheuteLüneburg, 03.01.2022 - Der Rat der Stadt Lüneburg beschließt gern und viel, am liebsten Dinge, für die er entweder gar nicht zuständig ist oder auf die er keinen Einfluss hat. Resolutionen sind da besonders beliebt, schließlich muss man selbst nicht aktiv werden und Geld kostet es für die Stadt auch nicht. In der jüngsten Ratssitzung kam nun eine neue Variante ins Spiel. Da wurde mit breiter Mehrheit etwas beschlossen, was von vornherein aber ausdrücklich ausgeschlossen worden war: Lüneburgs Klimaneutralität bis 2030.

"Im Rahmen der geplanten und umzusetzenden Klimaschutzziele der Hansestadt Lüneburg kann, auch aufgrund von Erfahrungen durch den interkommunalen Austausch mit anderen Kommunen, eine Klimaneutralität frühestens ab Mitte der 2030 Jahre als realistisch betrachtet werden." So steht es in der Vorlage zu dem Beschluss, mit dem sich die Stadt dem Bürgerbegehren "Klimaentscheid" angeschlossen hat.

Deren Initiatoren hatten zuvor die erforderlichen Stimmen für einen Bürgerentscheid zusammengetragen, nun war es an der Stadt zu entscheiden, ob sie deren Forderungen akzeptieren oder einen Bürgerentscheid auf den Weg bringen, mit dem dann die Lüneburger ihr Votum abgeben sollten. Die Frage lautete: "Sind Sie dafür, dass die Hansestadt Lüneburg bis 2030 klimaneutral wird und dazu innerhalb von 12 Monaten einen Klima-Aktionsplan erarbeitet, welcher die zur Erreichung dieses Ziels erforderlichen, rechtlich möglichen Maßnahmen beinhaltet?"

◼︎ Stadt: "Haben nur bedingt Einfluss"

Der Rat folgte der Empfehlung der Verwaltung, auch weil diese dargelegt hatte, dass die Stadt mit dem von ihr im Juni letzten Jahres verabschiedeten "Klimaschutzplan 2030" eigentlich selbst schon alles beschlossen hat, worauf das Bürgerbegehren abzielte. Trotzdem lautete der Beschluss: "Der Rat beschließt, dass die Hansestadt Lüneburg bis 2030 klimaneutral wird." Und: Grundlage hierfür soll der "Klima-Aktionsplan" des bereits verabschiedeten "Klimaschutzplans 2030" sein. 

Nur: Auch der Klimaschutzplan 2030 entspricht offenkundig mehr dem Wunschdenken der Ratsmitglieder als einer nüchternen Betrachtung der Gegebenheiten. So sagt selbst die Verwaltung: "Allerdings hat die Hansestadt Lüneburg insbesondere im Wirtschafts-, Verkehrs- und privaten Gebäudesektor nur bedingt Einfluss- und Handlungsmöglichkeiten."

So kann beispielsweise kein Eigentümer eines Bestandsgebäudes dazu verpflichtet werden, seine Dachflächen mit einer Photovoltaikanlage nachzurüsten. Und das wird sich so schnell auch nicht ändern, denn zu nennenswerten Neubauten wird es in Lüneburg mangels vorhandener Bauflächen nicht mehr kommen. Aber auch neue Dächer durch neue Gewerbeansiedlungen kommen nur, wenn auch der A39-Ausbau kommt. 

◼︎ Ziele längst durch den Kreistag beschlossen 

Welch absurde Züge der Beschluss trägt, machte Andrea Schröder-Ehlers in der Ratssitzung deutlich. Sie könne dem Beschluss schon deshalb zustimmen, weil dieselben Ziele bereits vom Kreistag beschlossen wurden, "und dem gehören wir ja nun mal an", sagte die SPD-Fraktionsvorsitzende. Der Kreistag hatte im März 2021 für die Klimaneutralität bis 2030 votiert. 

Vielleicht hatte der Rat bei seiner Entscheidung aber doch weniger das Klima als vielmehr die klamme Haushaltslage der Stadt im Blick. Denn mit der Annahme des Bürgerbegehrens, oder "Abwendung", wie es formal korrekt heißt, spart die Verwaltung nicht nur die Dürchführung des Bürgerentscheids, sondern auch gleich noch 100.000 Euro, die das Klima-Bekenntnis gekostet hätte.