"Für Lüneburg verkraftbar"

Oberbürgermeister Ulrich Mädge erläutert die Ergebnisse und Auswirkungen seiner Tarifverhandlungen

Vier Tage hat Ulrich Mädge in Potsdam verhandelt. Mit den Ergebnissen zeigte er sich "zufrieden". Foto: LGheuteLüneburg, 26.10.2020 - Vier Tage lang wurde in Potsdam über den künftigen Tarifvertrag für die Mitarbeiter im Öffentlichen Dienst verhandelt, gestern wurde das Ergebnis präsentiert. Mit am Tisch war Lüneburgs Oberbürgermeister Ulrich Mädge. Als Präsident der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeber (VKA) war er Verhandlungsführer auf Arbeitgeberseite. Zurück in Lüneburg stellte er heute die Ergebnisse und Auswirkungen für die Hansestadt vor.

"Ich bin mit dem Ergebnis zufrieden", teilte Mädge bei der Pressekonferenz mit, zu der die Stadt heute Mittag ins Heine-Haus eingeladen hatte. Die harten Verhandlungen – "zwei Verhandlungstage hatten wir geplant, vier sind es dann geworden" – sah man ihm nicht an, trotz der wenigen Stunden Schlaf, die den Beteiligten während des Verhandlungsmarathons abverlangt worden seien, wie Mädge berichtete. 

Einen "wirtschaftlich verkraftbaren Abschluss" habe man gemeinsam mit den Tarifpartnern – neben dem VKA auf Arbeitgeberseite auch der Bund, vertreten durch Innenminister Horst Seehofer, sowie die Gewerkschaften Verdi, DBB Beamtenbund und Tarifunion – erreicht. Dieser sei "maßvoll" und trage der besonderen Corona-Krise Rechnung. Und: Er gebe den Arbeitgebern Planungssicherheit, zumindest für die Laufzeit des neuen Tarifvertrags, der bis Ende 2022 abgeschlossen wurde.

Danach steigen die Gehälter für die 2,3 Millionen Beschäftigten im Öffentlichen Dienst zum 1. April 2021 um 1,4 Prozent, mindestens jedoch um 50 Euro, zum 1. April 2022 um weitere 1,8 Prozent. 

Einen zusätzlichen Schub hingegen erwartet die Beschäftigten in den Krankenhäusern und der Pflege. "Uns war wichtig, dass sie überproportional profitieren", betonte Mädge. Für sie wurde die Einführung einer Pflegezulage vereinbart, ebenso eine Intensivzulage sowie eine Zulage für Beschäftigte, die regelmäßig Wechselschicht leisten. Damit erhalte eine Pflegekraft bis Laufzeitende insgesamt ein Plus von 3000 bis 3200 Euro, eine Intensivpflegekraft sogar 4380 bis 4600 pro Jahr, wie Dr. Michael Moormann erläuterte, der als Geschäftsführer des Lüneburger Klinikums bei den Verhandlungen in Postdam ebenfalls anwesend war. 

Insgesamt habe das Paket, das auch Entgelterhöhungen für Auszubildende, Studenten und Praktikanten sowie Sonderlösungen für Sparkassen und Flughäfen beinhaltet, ein Volumen von 4,9 Milliarden Euro, erklärte Mädge. 

◼︎ Zusätzliches Einkommensplus in Lüneburg

Auch wenn der neue Tarifvertrag seine Wirkung erst ab April 2021 entfalten wird, können sich die aktuell 1285 Beschäftigten und Auszubildenden der Lüneburger Stadtverwaltung noch in diesem Jahr über ein Einkommensplus freuen. Denn die Stadt beabsichtigt die Zahlung einer einmaligen Corona-Prämie, gestaffelt nach Einkommensgruppen. So sollen die unteren Einkommensgruppen 600, die mittleren 400 Euro und die oberen Gruppen (bis Stufe 15) 300 Euro erhalten, Auszubildende 225 Euro. Den städtischen Haushalt werde dies mit rund 575.000 Euro belasten. Der Betrag soll aus dem 2-Millionen-Euro schweren Corona-Hilfsfonds genommen werden, der von der Stadt bereits verabschiedet wurde und damit dann auch erschöpft sein dürfte.

Die für den 1. April 2021 vorgesehene Tarifsteigerung wird den Haushalt mit rund 800.000 Euro belasten. Dieser Betrag ist laut Mädge aber bereits in den aktuellen Haushaltsplanentwurf einkalkuliert.

Auch die zweite Stufe ab April 2022 – hier rechnet der Oberbürgermeister mit einer Mehrbelastung von rund 1,1 Millionen Euro – sei bereits bei der mittelfristigen Finanzplanung berücksichtigt. Ende 2022 dürfen die Angestellten sich dann auch noch über Erhöhung des Weihnachtsgelds von 80 auf 85 Prozent des üblichen Monatsgehalts freuen. Kosten für die Stadt: 140.000 Euro.

◼︎ 3 Millionen Euro Mehrkosten fürs Klinikum

Selbst Klinikum-Chef Michael Moormann zeigte sich mit dem erzielten Ergebnis zufrieden, obwohl ein Großteil der Kosten für Pflege und Intensivpflege nicht bei der Stadt, sondern in seinem Bereich auflaufen werden. Diese bezifferte er für seine rund 1000 Mitarbeiter, die von der Tarifeinigung betroffen sind, auf 1,8 Millionen Euro im ersten und 1,2 Millionen Euro im zweiten Jahr. Gleichwohl seien die Mehrbelastungen auch für sein Haus "verkraftbar", da es bereits Corona-Ausgleichszahlungen durch den Bund gegeben habe, allerdings nur bis Ende September 2020. Deshalb werde das Klinikum auch in diesem Jahr entgegen bisherigen Erwartungen wieder "schwarze Zahlen" schreiben. 

Offen sei aber, ob der Bund seine Unterstützung fortsetzen werde, erläuterte Moormann. Daher werde man über die zusätzlichen Belastungen auch mit den Krankenkassen verhandeln. Ob dies dann einen Anstieg der Beitragssätze zur Folge habe oder ob die Politik entstehende Defizite ausgleichen wird, müsse abgewartet werden.

◼︎ Sparkassen sollen Personal abbauen

Mit Blick auf die gesonderten Tarifverhandlungen für die Sparkassen wies Mädge auf die "schwierige Situation" der Geldhäuser hin, bedingt durch sinkende Zinserträge und Provisionen auf der einen sowie hohe Personalkosten durch "zu viel Personal" und eine hohe Eigenkapitalquote auf der anderen Seite. Ziel der Verhandlungen sei es gewesen, den Personalstand "langsam herunterzufahren", ohne aber Kündigungen aussprechen zu müssen. 

◼︎ Wenig Verständnis für VHS-Forderungen

Mit Unverständnis reagierte Mädge auf Forderungen seitens der Volkshochschule Region Lüneburg (VHS): "Ich verstehe die Welt überhaupt nicht, keiner spricht von Kündigungen." Gleichwohl müsse zur Kenntnis genommen werden, dass die VHS in diesem Jahr Einnahmeverluste in Höhe von 600.000 Euro verkraften müsse. Er habe der Belegschaft versprochen, zu verhandeln, "zu diesem Versprechen stehe ich auch." Ziel sei es, die Einrichtung an die Tarifvereinbarungen im Öffentlichen Dienst heranzuführen. In welchem Zeitraum dies geschehen könne, "muss man sehen", sagte Mädge.  

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