Nicht nur an die Radler denken

Umfrage: Lüneburger Unternehmen sehen im Auto wichtigstes Verkehrsmittel   

Wer meint, Lüneburg brauche nur noch Fahrradstraßen, verkennt die Bedeutung der Stadt vor allem auch für Auswärtige. Foto: LGheuteLüneburg, 29.04.2021 - Lüneburg nur noch für Fahrradfahrer? Wenn es nach den Vorstellungen einiger Zweiradfreunde geht, sollte das lieber heute als morgen so sein. Weil sich nun aber Pläne immer mehr verdichten, Lüneburg zur Fahrradstadt zu machen, regt sich Widerstand von der Industrie- und Handelskammer Lüneburg-Wolfsburg (IHKLW) und dem Verein Lüneburger Citymanagement (LCM). Ihre Forderung: ein Innenstadt-Konzept für alle Verkehrsteilnehmer.

"Für Unternehmen ist es elementar wichtig, dass Kunden, Mitarbeiter und Lieferanten ihre Geschäfte erreichen – ob mit dem Auto, dem Rad, mit Bus oder Bahn. Aus Sicht der regionalen Wirtschaft braucht Lüneburg ein Konzept, das alle Verkehrsmittel einschließt", sagt Michael Zeinert. Der IHKLW-Hauptgeschäftsführer kommentiert damit die Ergebnisse einer Umfrage unter 464 Unternehmen in der Hansestadt Lüneburg. Die Erreichbarkeit ihres Betriebs bewerten dabei rund 72 Prozent der Unternehmer als "sehr wichtig"/"wichtig" für ihren Geschäftserfolg.

◼︎ 71 Prozent setzen aufs Auto, 11 Prozent aufs Fahrrad

Als wichtigstes Verkehrsmittel ihrer Kunden nennen 71 Prozent der Befragten das Auto, elf Prozent nennen das Fahrrad und nur sieben Prozent den ÖPNV. Dieselbe Rangfolge ergibt sich auch bei der Frage nach dem wichtigsten Verkehrsmittel für Mitarbeiter: Das Auto bewerten 62 Prozent der Befragten als besonders wichtig, 27 Prozent stufen das Fahrrad als wichtigstes Verkehrsmittel ein und laut vier Prozent der Befragten nutzen ihre Mitarbeiter vorwiegend den ÖPNV.

Die IHKLW hat die Umfrage in Kooperation mit dem LCM durchgeführt. Anlass sind die Pläne der Stadtverwaltung, mittelfristig einen Ring aus "Fahrradstraßen" um die Innenstadt zu errichten, auf denen der Radverkehr gegenüber ÖPNV und Autoverkehr privilegiert werden soll. Außerdem würden durch die baulichen Maßnahmen entlang dieser Fahrradstraßen bestehende Parkplätze für Besucher der Innenstadt wegfallen.

IHKLW und LCM sehen das kritisch: "Vor allem vor dem Hintergrund der pandemiebedingten Krisensituation sind weitere Belastungen oder Hürden für Innenstadtbesuche unbedingt zu vermeiden", betonen Zeinert und der LCM-Vorsitzende Heiko Meyer. Laut Umfrage befürchten 42 Prozent der Unternehmen sinkende Kundenfrequenzen, wenn die Erreichbarkeit Lüneburgs mit dem Pkw eingeschränkt würde.

◼︎ Keine Verkehrspolitik nur für die Stadt

Dazu gibt der LCM-Vorsitzende Heiko Meyer zu bedenken: "Lüneburg ist das Zentrum der Region. Vier Landkreise sind auf Lüneburg ausgerichtet. Die Erreichbarkeit der Innenstadt muss auch für Besucher aus der Region und überregionale Touristen gewährleistet bleiben." Für Besucher aus Salzhausen, Bleckede, Lüchow oder Amelinghausen sei das Fahrrad ebenso wenig eine Alternative wie für Touristen. Eine Verkehrspolitik nur für die Bewohner der Stadt greife zu kurz, ist Meyer überzeugt. "Ohne überregionale Besucher und Touristen können Handel und Gastronomie nicht überleben."

"Verkehr und Mobilität werden in der Lüneburger Wirtschaft engagiert und differenziert diskutiert", betont Zeinert. "Aktuell aber ist das Auto das wichtigste Verkehrsmittel, um die Erreichbarkeit durch Kunden und Mitarbeitende zu gewährleisten." Dieser "Fakt" müsse in der Verkehrspolitik der Stadt Berücksichtigung finden. Gleichzeitig könnten attraktive, flexible und preisgünstige neue Mobilitätsangebote den innerstädtischen Straßenverkehr entlasten.

◼︎ 60 Prozent positiv zu Fahrradstraßen-Ring 

Auch wenn die große Mehrheit der Befragten weiterhin aufs Auto setzen, stehen dem geplanten Fahrradstraßen-Ring laut Umfrage 60 Prozent der Befragten positiv gegenüber, 23 Prozent sehen die Pläne negativ. Gleichzeitig schätzen 84 Prozent der Unternehmen die Erreichbarkeit Lüneburgs mit dem Auto als "sehr gut" oder "gut" ein, die ÖPNV-Anbindung bewerten 36 Prozent hingegen als "weniger gut". Zeinert schlussfolgert: "Hier gibt es noch Luft nach oben. Die Aufgabe für Politik und Verwaltung ist es nun, eine Lösung und einen Kompromiss zu finden, der das Radfahren attraktiver macht und die Erreichbarkeit über den ÖPNV verbessert – ohne zu Lasten der Autofahrer zu gehen."