Friendly Fire?

12.06.2022 - Was auch immer Claudia Kalisch sich dabei gedacht hat, einen Gefallen hat sich Lüneburgs grüne Oberbürgermeisterin damit nicht getan. Einfach mal so stehend freihändig 125 Parkplätze in Lüneburgs Innenstadt zu streichen, der Plan konnte nicht gutgehen. Dass dies nicht nur bei Oppositionspolitikern, sondern auch in Handel, Gastronomie und Bürgerschaft Beißreflexe auslösen würde, hätte man vorher wissen können und müssen. Claudia Kalisch hat sich damit ohne Not ein echtes Problem eingehandelt. Oder war da doch Druck dahinter?

Es war bisher nicht viel, was von der im November angetrenenen grünen Oberbürgermeisterin geliefert wurde. Dabei war sie noch im Wahlkampf voller Versprechen gewesen, die vor allem den Radfahr-Enthusiasten der Stadt galten. Vieles sollte sich ändern, Lüneburg ein Paradies für Menschen auf zwei Rädern werden. So hörte es sich damals zumindest an.

Entsprechend groß war die Erwartungshaltung, die Kalisch ausgelöst hatte. Doch viel geschah bislang nicht, schon gar nicht aus Sicht derjenigen, die sie in der Hoffnung auf eine autobefreite Stadt gewählt hatten. Das knurrige Rumoren bei Fahrrad-Initiativen und -Verbänden setzte hörbar an, die Oberbürgermeisterin geriet unter Druck – ausgerechnet von denen, die sie unbedingt im Rathaus haben wollten. 

Dass sie nun aus dem Stehgreif kurzerhand und hinter verschlossenen Türen 125 Parkplätze streichen ließ, überraschte dann doch. Zumal Kalisch mit großer Vehemenz für mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung angetreten war. Dass dieses Thema nicht auf der Tagesordnung der anschließenden Ratssitzung landete, war ein Hinweis darauf, wie heikel das Unterfangen ist. Denn dort wäre es öffentlich diskutiert worden. Aber vielleicht sollte genau das nicht sein. Zu groß das Risiko, eine politische Schlappe einzufahren.

Kalischs Problem: Aus der Nummer kommt sie ungeschadet nicht mehr heraus. Denn mit ihrem hilflos wirkenden Agieren hat sie sich nicht nur Gegenwind von der Opposition eingebrockt. Es ist auch deutlich geworden, dass sie sich gegen Angriffe aus den eigenen Reihen zur Wehr setzen muss. "Friendly Fire" nennen es die Amerikaner, wenn ihre Leute von den eigenen Kräften unter Beschuss genommen werden – mit dem Unterschied, dass dies nicht mit Absicht geschieht.  

Ein Kommentar von Ulf Stüwe
zum Beitrag "CDU kämpft für Parkplätze"