Peinlich

11.03.2023 – Manchmal verwundert es, wie oft Fehler wiederholt werden. 2017 war es, als die Stadtverwaltung ihr Projekt "Urban Gardening" ins Leben rief und in der Stadt zwanzig Holzkisten zur freiwilligen Bepflanzung verteilte. Ein Jahr später waren noch fünf übrig, heute steht noch eine verlassene Kiste mit welkem Inhalt vor dem Lüneburger Museum. 2022 dann sollte die "Essbare Stadt" folgen, Gemüseanbau im Clamartpark. Daraus wurde zum Glück nichts. Nun sollen die "Grünen Oasen" kommen. 

Man reibt sich beim Anblick der im Rathaus angefertigten Ideenskizze für die neuen grünen Verweilzonen verwundert die Augen: So will sich die Stadt wirklich ihren Bürgern und Gästen präsentieren? Schlichte Holzkisten auf Euro-Paletten inmitten prächtiger, mittelalterlicher Straßen und Plätze, deren Bürgerhäuser noch heute den Wohlstand zeigen, auf den Lüneburg lange Zeit stolz sein konnte? Billige Pflanzkübel, deren Inhalt mit viel Aufwand gefüllt und hochgezogen wird und der dann doch, weil sich natürlich niemand länger als einen Sommer freiwillig mit ihrer Pflege beschäftigen will, allmählich vergammelt? Liegestühle, die für ältere Menschen schon mal gar nicht gehen und die nach einer Saison verwaschen, verschmutzt, verschlissen und zusammengeklappt in der Ecke liegen? 

Wer meint, mit solchen Ideen die Attraktivität Lüneburgs steigern zu können, hat da wohl etwas gründlich falsch verstanden. Wer möchte, dass Menschen in die Stadt kommen, Geschäfte und Restaurants aufsuchen, Theater, Museen, Galerien und Konzerte besuchen und vielleicht sogar ein ganzes Wochenende bleiben, weil das kulturelle Angebot ebenso wie die gut geführten Geschäfte einfach zu verlockend sind, wer diese Menschen ansprechen will, der muss schon deutlich mehr bieten.

Wer heute im Ringen der Städte um die begehrten, gut betuchten Touristen mithalten will, die auch wirklich Geld in die Stadt bringen, und auch für seine steuerzahlenden Bürger attraktiv bleiben will, der braucht gutes Marketing. Holzkisten-Ideen mit Kuschel-Feeling, die mehr den rührenden Vorstellungen grüner Provinz-Politiker entsprechen, werden da nicht reichen. Allenfalls für ein paar Rentner-Busse, die sich neben den kostenlosen öffentlichen Toiletten gern auch mal das Rathaus von außen anschauen, bevor die Reise weiter geht.

Lüneburg hat viel zu bieten. Jetzt gilt es, unter professioneller Führung erfahrener externer Marketing-Spezialisten ein Konzept zu schmieden, das die echten Schätze der Stadt intelligent miteinander verzahnt. Das kostet und braucht Zeit, aber es würde sich auszahlen. Wie wenig die Stadtverwaltung dies verstanden hat, zeigt sich auch daran, dass sie sogar auf Spendensuche für ihre Holzkisten gehen will. Weniger Wertschätzung kann man seiner eigenen Stadt kaum noch entgegenbringen. 

Ein Kommentar von Ulf Stüwe
zum Beitrag "Kräuter und Liegestühle für die Bäckerstraße"