Ratlos

11.02.2021 - "Ratlos" lasse der jüngst getroffene Bund-Länder-Beschluss zur Verlängerung des Corona-Lockdowns bis zum 7. März viele regionale Unternehmen zurück, sagt IHK-Regionalpräsident Andreas Kirschenmann. Damit dürfte er nicht ganz falsch liegen. Ratlos lässt allerdings Kirschenmann auch seine eigenen Mitglieder zurück, die sich vermutlich fragen, was in ihren Verbandspräsidenten gefahren ist, der erklärt, er "begrüße" die beschlossenen Maßnahmen der Politik. Für wen spricht dieser Mann? Hat er die dramatische Lage vieler Unternehmen nicht im Blick?

Es gebe "Umsetzungsdefizite" bei den angekündigten finanziellen Hilfsmaßnahmen für Unternehmen, beklagt Kirschenmann. Das ist Politik-Sprech, die man von Verantwortlichen kennt, die ihrer Verantwortung nicht gerecht werden. Warum Kirschenmann sich dieses Duktus' bedient, bleibt ein Rätsel. In der wohl schlimmsten wirtschaftlichen Situation dieses Landes kommt dem Vertreter der regionalen Wirtschaft nicht in den Sinn, glasklare Forderungen zu stellen, um den vielen in Existenznot geratenen Unternehmen schnellstmöglich wieder eine Perspektive zu geben. 

Stattdessen freut Kirschenmann sich über die "beginnende Antragstellung" bei den Überbrückungshilfen. Dass diese nicht schon längst da ist und für viele Unternehmen ohnenhin viel zu spät kommt, ist ihm keine Erwähnung wert. Schon jetzt hat die Zahl der leerstehenden Geschäfte in Lüneburgs Innenstadt erkennbar zugenommen, einer Stadt, die für den Handel bislang immer als eine der Top-Adressen galt.

Kirschenmann hat sich mit seinen Äußerungen keinen Gefallen getan. Wer auf der einen Seite die Corona-Politik begrüßt, kann mit Forderungen, die Ergebnisse dieser Politik zu überwinden, nicht überzeugen. Ein "Sowohl als auch" hilft in dieser Situation nicht weiter, schon gar nicht den von Insolvenz bedrohten Unternehmen. Und das sind je nach Branche immerhin bis zu 40 Prozent, wie Kirschenmann weiß. Seine Aufgabe ist es, für sie zu kämpfen.

Ein Kommentar von Ulf Stüwe
zum Beitrag "Verständnis trotz fehlender Perspektiven"