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Aufgelesen: Schluss mit den Belästigungen

Warum die Gesellschaft mehr "Safer Spaces" braucht

Foto: LGheute01.09.2023 - Wenn Sie sich als Soziales Konstrukt mit Privilegien verstehen, haben Sie ein Problem. Denn dann sind Sie laut Definition des Museums Zeche Zollern in Dortmund ein Weißer oder eine Weiße und haben, temporär, keinen Zutritt zu einer Ausstellung des Museums. Die Museumsmacher haben dort nämlich für "BIPoc" einen "Safer Space" geschaffen, der sie vor Belästigungen schützt. Eigentlich keine schlechte Idee, oder?

Was "BIPoc" bedeutet? Es steht für Black People, Indigenous People und People of Colour, also grob gesagt Dunkelhäutige, wobei das Museum da eine feine Unterscheidung macht, denn als Weiße werden nicht Menschen mit weißer Hautfarbe verstanden, sondern, siehe oben, jedes "Soziale Konstrukt mit Privilegien", wie es in dem lesenswerten Artikel in der NZZ beschrieben wird.

Nun ist es durchaus zu begrüßen, wenn Räume geschaffen werden, in denen man frei von Belästigungen ist. Etwa in Restaurants, in denen am Nachbartisch sabbernde Hunde von ihren Besitzern mit Speiseresten gefüttert werden oder unerzogene umherlaufende, kreischende Kinder jegliche Unterhaltung zunichte machen. Oder in der Berliner S-Bahn, wo regelmäßig einfallende Musiker eine Station lang Lärm machen und dafür auch noch Geld verlangen. Oder in der Lüneburger Innenstadt, wo aus den Fugen geratene Menschen insbesondere mit Beginn der wärmeren Jahreszeit meinen, ihre Körperfülle durch besonders knappe Bekleidung zur Schau stellen zu müssen.

Und natürlich wären auch gesellschaftliche Sicherheitszonen wünschenswert, etwa, wenn mal wieder männliche und weibliche Studierend:innen meinen, ungebeten ihre Menstruationsprobleme per Megaphon politisieren zu müssen. Nicht zu vergessen auch die inzwischen außer Kontrolle geratene Horde wild gewordener Radfahrer, die jedem den Stinkefinger zeigen, der nicht schnell genug zur Seite springt, egal, auf welcher falschen Fahrbahnseite sie unterwegs sind.

Es gibt also viele Gründe zur Einrichtung von "Safer Spaces". In England haben solche Räume übrigens eine lange Tradition. In den dortigen Clubs treffen sich seit Generationen ausgewählte Personen der gehobenen Schicht, tauschen sich bei schottischem Whisky und kubanischer Zigarre über die Zukunft der Gesellschaft aus, frei von Belästigungen durch Andersdenkende. Einen solchen Raum gibt es übrigens auch in Deutschland, genauer gesagt im Deutschen Bundestag. Dort gibt es die Lobby, einen Vorraum zum Plenarsaal, den nur Auserwählte betreten dürfen. Whisky und Zigarren wurden dort allerdings noch nicht gesichtet.

Zurück zur Zeche Zollern. Ob deren Museumsmacher eigentlich darüber nachgedacht haben, wie sie mit dem früheren amerikanischen Präsidenten Barack Obama verfahren, sollte der doch einmal das Museum aufsuchen wollen? Als "Soziales Konstrukt mit Privilegien", die ein amerikanischer Präsident nun mal ist, wäre er BIPoc und Weißer zugleich.