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Aufgelesen: Oma-Journalismus

Unfähigkeit oder Absicht? Viele Medien tun sich schwer bei der Berichterstattung über die AfD, wie das Beispiel "Landeszeitung" zeigt 

Foto: LGheute22.04.2024 - Was treibt die AfD? Bereitet sie im Verborgenen die Abschaffung der Demokratie vor, wie immer wieder zu lesen ist? Finden erneut "Geheimtreffen" an geschichtsrelevanten Orten statt, wie nach den "Correctiv"-Erkenntnissen häufig behauptet? Was ist mit den geplanten "millionenfachen Deportationen", von denen der "Spiegel" berichtete? Man möchte es gern wissen. Gelegenheit, Fragen zu stellen und hinzuhören, wenn womöglich Demokratiegefährdendes beschlossen wird, gab es beim Landesparteitag der AfD Niedersachsen, der an diesem Wochenende in Unterlüß stattfand. Die "Landeszeitung" aus Lüneburg nahm sich des Themas an – auf ihre Art.

Nicht weniger als den Hauptartikel auf der Seite 6 war er der Redaktion der "Landeszeitung" (LZ) wert, der Parteitag der AfD in Unterlüß. Respekt, ist der erwartungsfrohe Zeitungsleser geneigt auszurufen ob der Gewichtigkeit, die die Redaktion diesem Thema einräumt. Doch die ob der schieren Textmenge geweckte Hoffnung, Neues, Spannendes oder gar Empörendes oder Erschreckendes aus den dunklen Gängen des Parteitagssaals zu erfahren, schrumpfte von Zeile zu Zeile. Denn mit Ausnahme des letzten Absatzes, ganzen zwölf Zeilen zum Abstimmungsergebnis über den neuen Landesvorsitzenden, wird über den Parteitag überhaupt nicht berichtet.

Stattdessen beschreibt LZ-Redakteurin Laura Treffenfeld auf 121 Zeilen, was vor dem Eingang zum Veranstaltungsgebäude passierte. Dort hatten sich neben anderen Demonstranten auch rund zwei Dutzend Lüneburger eingefunden, um ihren Unmut über das Vorhandensein der AfD lautstark und plakativ zum Ausdruck zu bringen. Unter ihnen: Vertreter der Lüneburger Linken, der Gewerkschaft Verdi, der Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes (VVN) und die obligatorischen "Omas gegen Rechts". Gemeinsame Parole: "Zeichen setzen gegen Rechtsextremismus".  

Dagegen ist nichts einzuwenden. Irritierend ist nur, warum die LZ-Redaktion Frau Treffenfeld dafür stattliche 121 Zeilen einräumt. Dass die "Omas gegen Rechts" und die übrigen Mitgereisten kein Herz für AfD-Politiker haben, ist ja hinlänglich bekannt, spätestens seit den organisierten Massen-Demonstrationen auf dem Lüneburger Marktplatz. Wäre es da nicht spannender gewesen zu lesen, was sich im Saal in Unterlüß abspielte? Worüber wurde dort diskutiert? Welche Strömungen und Meinungen stießen unter den Delegierten aufeinander? Und welche Positionen zu welchen Themen setzten sich letztlich durch? Zu lesen ist davon nichts, auch nicht auf den überregionalen Seiten weiter hinten in der LZ, die täglich vom Redaktionsnetzwerk Deutschland beigesteuert werden. 

Nun gehört es ja zur journalistischen Freiheit der "Medienschaffenden", selbst entscheiden zu dürfen, worüber man schreibt und berichtet. Dennoch schadet es nicht, dabei gelegentlich auch das Informationsbedürfnis derjenigen zu berücksichtigen, die dafür bezahlen. Vor allem dann, wenn die inzwischen jährlich stattfindenden und meist üppigen Preiserhöhungen aus dem Medienhaus Lüneburg mit den hohen Anforderungen eines "Qualitätsjournalismus" begründet werden, dem sich natürlich auch die LZ verschrieben haben will.

Man kann Medienhaus-Geschäftsführer Sven Fricke nur beipflichten, wenn er anlässlich der jüngsten Preiserhöhung schreibt: "Tag für Tag arbeitet unser Team leidenschaftlich daran, den Dingen in unserer Heimat auf den Grund zu gehen und eine Lokalzeitung mit sauber recherchierten Informationen zu bieten. Mehr denn je sind wir überzeugt davon, dass wir diese in einer mündigen Gesellschaft brauchen." Nur: Die mündige Gesellschaft erwartet mehr als die dreiundzwanzigste Wiederholung dessen, was die "Omas gegen Rechts" bereits auf dem Schilde führen. Daher künftig bitte mehr Qualitäts- statt Oma-Journalismus.