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Wird Lüneburg Protest-Camp der "Letzten Generation"?

Organisation lädt zu "öffentlichem Protest-Training" im Liebesgrund ein

Dieses Plakat wurde auf der öffentlichen Toilette im Lüneburger Kurpark gesichtet. Foto: privatLüneburg, 03.07.2023 - Wird Lüneburg zu einem Protest-Camp und Ausbildungszentrum der "Letzten Generation"? Dieser Eindruck liegt nahe, wenn man einem Plakat Glauben schenken will, das jetzt in Lüneburg aufgetaucht ist. Darauf wird zu einem "öffentlichem Protest-Training" eingeladen, das im Liebesgrund stattfinden soll. Im Rathaus ist man überrascht über die geplante Aktion. Auch die Lüneburger Politik hat sich dazu geäußert.

Mit ihren Klebe-Aktionen hat es die "Letzte Generation" in Deutschland schnell zu zweifelhafter Berühmtheit gebracht. Denn bei den meisten Menschen ernten die angeblichen Klima-Kämpfer statt Zustimmung vor allem Verständnislosigkeit und Wut. Auch in Lüneburg hatten sich Mitglieder dieser Organisation im Februar an der Reichenbach-Kreuzung auf die Straße geklebt. Jetzt wird zu einem "Protest-Training" im Liebesgrund eingeladen.

Von 12 bis 16 Uhr soll am kommenden Sonntag im Liebesgrund das trainiert werden, was dann später in die Praxis umzusetzen ist. Das Plakat wurde auf der öffentlichen Toilette im Kurpark gesichtet, vermutlich wurde die Veranstaltung aber auch an anderen Orten in Lüneburg plakatiert. 

Einen konkreten Hinweis auf die zu erlernenden Protestformen gibt es auf dem Plakat nicht, auch auf der angegebenen Internetseite ist dazu nichts zu finden. Dort wird ohnehin nur auf eine andere ominöse Webseite weitergeleitet, auf der es weder Ansprechpartner noch Impressum gibt. 

Dass es bei der Veranstaltung auch ums Thema Kleben gehen wird, darf gleichwohl angenommen werden. Immerhin ist es die Methode, mit der die Organisation, die sich darüber hinaus auch auf das Verunstalten von Kunst- und Kulturobjekten versteht, die größte Aufmerksamkeit erzielt. Ansonsten ist das Protest-Repertoire der meist jungen Menschen, die vorgeben, im Namen des Klimawandels Gesetze missachten zu dürfen, auf die sie sich gleichzeitig mit Bezug auf das Pariser Klima-Abkommen von 2015 und das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom März 2021 berufen, eher beschränkt.

◼︎ Rathaus will Kontakt aufnehmen

Im Rathaus weiß man von der geplanten Veranstaltung nichts. Eine Genehmigung dafür liege nicht vor, diese sei aber bei einer Veranstaltung im öffentlichen Raum erforderlich, teilte die Pressestelle auf LGheute-Anfrage mit. Noch aber hätten die Veranstalter Gelegenheit, dies nachzuholen. "Die Stadt versucht aktuell, Kontakt mit den Verantwortlichen aufzunehmen, um zu klären, was geplant wird und ob und unter welchen Voraussetzungen die Veranstaltung genehmigt werden kann", erklärt Pressesprecherin Ann-Kristin Jenckel.

Auch die Plakatierung lief bislang unter dem Radar der Verwaltung. Es werde aber auch hier versucht, die Verursacher zu ermitteln und diese aufzufordern, die Plakate abzuhängen, "gegebenenfalls werden Bußgeldverfahren eingeleitet", so Jenckel. 

Wer genau hinter der Aktion steht, dürfte für das Rathaus leicht herauszufinden sein. Schließlich hatte sich Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch im März mit Vertreterinnen der "Letzten Generation" im Rathaus getroffen und dabei auch erklärt, die Ziele der Organisation zu teilen, nicht aber deren Protestformen (LGheute berichtete).

◼︎ Und was sagt die Politik?

"Es gibt legitimen Protest, der durchaus meine Unterstützung finden würde, aber auch Protestformen, die ich grundsätzlich ablehne", sagt Ulrich Blanck, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Lüneburger Stadtrat. Da das gezeigte Plakat aber keinerlei Angaben über die Art des zu trainierenden Protestes enthalte, könne er sich inhaltlich dazu nicht äußern.

"Das ist ein starkes Stück, ich verurteile das", sagt Wolfgang Goralczyk. Der Fraktionsvorsitzende der Lüneburger CDU-Stadtratsfraktion hält die Ankündigung auch für einen "Aufruf zur Anarchie", auch wenn nicht klar sei, was bei dem Training letztlich geschieht. Überdies überrasche ihn die Aktion, nachdem die Oberbürgermeisterin ja gerade erst mit Vertreterinnen der "Letzten Generation" zusammensaß.

FDP-Fraktionschef Frank Soldan gesteht der "Letzten Generation" grundsätzlich das Recht zu, öffentlich ihre Meinung zu äußern. "Daraus leitet sich auch das Versammlungs- und Demonstrationsrecht ab. Ob die Ankündigung eines öffentlichen "Protest-Tainings" dadurch gedeckt ist, müssen erfahrene Juristen klären", sagt Soldan. Und ergänzt: "Sollte dort das Ankleben auf und die Blockade von öffentlichen Strassen trainiert werden, so ist auch zu klären, ob das schon an die Beihilfe zu einer Straftat heranreicht." Er kündigte an, das Thema in der heutigen Ratssitzung anzusprechen.

AfD-Fraktionschef Robin Gaberle schaut eher auf die Folgen, die sich aus dem Protest-Training ergeben: "Das Demonstrationsrecht ist ein hohes Gut, für das wir als AfD stets eintreten. Diese Form der Demonstration der Klimakleber, die einzig darauf abzielt, Autofahrer zu behindern und zu stören, lehnen wir entschieden ab. Vielmehr sollte dies als gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr strafrechtlich konsequent verfolgt werden."

Eine Anfrage bei SPD-Fraktionschefin Andrea Schröder-Ehlers blieb unbeantwortet, ebenso die von Sören Köppen (die Basis). Die Linke und Die Partei waren nicht erreichbar.