header

Verfall statt Zukunft

Von dem versprochenen Museum in der Papenstraße ist nichts zu sehen – Rathaus will "Lösung" suchen 

Versteckt hinter dieser Mauer wirkt das alte Hort-Gebäude sich selbst überlassen. Foto: LGheuteLüneburg, 19.09.2023 - Marode Fenster, wuchernde Pflanzen, ungepflegtes Grundstück – verwahrlost und verlassen kommt das Haus in der Papenstraße daher, das vor fünf Jahren von der Stadt verkauft wurde. Ein Schmuckstück in bester Innenstadtlage war es, gleich mehrere Interessenten hatten sich darum beworben. Das Rennen damals machte Michael Braungart, ein Nachhaltigkeits-Begeisterter, der dort ein "Museum der Zukunft" versprochen hat. Doch zu sehen ist davon nichts, im Gegenteil: Gebäude und Grundstück verfallen zusehends.

Mit seiner Idee, aus dem ehemaligen Hort in der Papenstraße ein "Museum der Zukunft" zu machen, hatte Michael Braungart die Stadt Lüneburg 2018 begeistern können. Er bekam den Zuschlag für das Gebäude nebst großzügigem Grundstück mit altem Baumbestand, das eingebettet zwischen Lüneburger Altstadt-Häusern nur fünfzig Meter von der Großen Bäckerstraße entfernt sich zu den Immobilien-Perlen der Lüneburger Innenstadt zählen darf.

Braungart gilt in Nachhaltigkeitskreisen als geistiger Mitschöpfer der "Cradle to Cradle"-Idee, einem Konzept, wonach Stoffe in einem immerwährenden Kreislauf stets aufs Neue genutzt werden sollen. In dem Museum sollte dies auch praktisch unter Beweis gestellt werden, etwa, indem sämtliche Materialien wie Fußbodenbeläge oder Stühle und anderes anschaubar nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip verwendet werden. Zugleich sollte der Ort für Veranstaltungen und Seminare rund um die Nachhaltigkeit genutzt werden.

Doch von wenigen Veranstaltungen mit Leuphana-Studenten kurz nach Erwerb des Objekts – Braungart ist unter anderem Professor für Eco-Design an der Lüneburger Universität –, passiert seitdem nichts mehr, was die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit erreicht. Das Gebäude, von einer hohen Steinmauer umgeben, wirkt verlassen, das Tor zum Grundstück ist verschlossen, Öffnungszeiten für das groß angekündigte "Museum der Zukunft" gibt es ebenso wenig wie einen Hinweis, was sich hinter den Mauern verbirgt. 

◼︎ Rathaus hält sich bedeckt 

Und was sagt die Stadt dazu? Ist sie womöglich sogar einem Käufer aufgesessen, der nicht hält, was er versprochen hat? LGheute fragte dazu im Rathaus an, doch dort hält man sich bedeckt. Man sei "selbstverständlich nicht glücklich darüber, dass der Käufer des Grundstücks seine Pläne für die Errichtung eines visionären Museums noch nicht vollständig umgesetzt hat", teilt die Pressestelle mit. Und sie liefert auch eine Erklärung, warum nichts geschieht: "Ein Grund dafür könnten die explosionsartig gestiegenen Baukosten sein. Dadurch geraten derzeit leider viele ambitionierte Bauprojekte ins Stocken."  

Nachfragen, ob denn die Schaffung des Zukunfts-Museums vertraglich geregelt sei, etwa durch zeitliche Vorgaben, weicht die Pressestelle aus: Zu genauen Vertragsinhalten gebe die Stadt keine Auskunft. Auch äußert sich das Rathaus nicht dazu, ob und was die Stadt bereits unternommen hat, um den vertraglich vereinbarten Zweck auch sicherzustellen. 

◼︎ Mädge: "Ich hätte Auskunft gegeben"

Lüneburgs Alt-Oberbürgermeister Ulrich Mädge, unter dessen Ägide der Kauf damals zustande kam, zeigt sich verwundert über die Zurückhaltung im Rathaus. "Ich weiß nicht, warum man sich da so bedeckt hält. Ich hätte Auskunft gegeben." Schließlich bestehe hier ein öffentliches Interesse, ebenso wie beim Verkauf des früheren Kinderheims an der Altenbrückertorstraße, "da hat das Rathaus ja auch die Konditionen offengelegt", so Mädge weiter.

Welche konkreten vertraglichen Vereinbarungen damals geschlossen wurden, könne er nicht mehr sagen, "aber dass Herr Braungart ein Paradiesvogel ist, war uns klar", sagt Mädge. Insofern könne davon ausgegangen werden, dass wie üblich in solchen Fällen eine Bauherren-Sanierungsverpflichtung vereinbart worden sei. 

Doch wie geht es jetzt an der Papenstraße weiter? Aus der Pressestelle heißt es dazu: "Die Stadt wird mit Herrn Prof. Dr. Braungart nach einer Lösung suchen." Das wird sie wohl auch müssen, will sie sich nicht vorhalten lassen, andere Kauf-Interessenten, die womöglich sogar einen höheren Kaufpreis angeboten haben, im Bieter-Wettbewerb nicht berücksichtigt zu haben.