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Rat beschließt Haushalt mit 5,9 Millionen-Defizit

Hansestadt, 30.01.2012 - Mit einem Defizit von 5,9 Millionen Euro hat der Rat der Hansestadt Lüneburg am Freitag den Haushalt der Stadt für 2012 verabschiedet. Kurzfristig eingebrachte Änderungsanträge aus der Mehrheitsgruppe von SPD und Grünen passierten die Abstimmung, Anträge von CDU und Linken hatten erwartungsgemäß keine Chance. Die Stadt hofft bereits ab 2013 auf einen ausgeglichenen Haushalt.

Haushaltsdefizit soll bis 2015 kontinuierlich sinken

Minus 5,9 Millionen Euro, diesem Haushalt stimmte der Rat am Freitag mit überraschend großer Mehrheit zu. Neben der Mehrheitsgruppe von SPD und Grünen stimmte selbst die Links-Partei für den Entwurf, obwohl sämtliche von ihr vorgelegten 19 Änderungsvorschläge (siehe LGheute vom 25.01.) keine Berücksichtigung im neuen Haushalt fanden. Auch die FDP/RRP-Fraktion, die zuvor heftige Kritik am Haushaltentwurf geäußert und den Sparwillen der Stadt stark angezweifelt hatte,  stimmte letztendlich ebenso wie die Piraten dem Defizit-Paket zu. Lediglich die CDU, deren Änderungswünsche ebenfalls ohne Berücksichtigung blieben, stimmte gegen den Haushalt.*

Zu Beginn der Sitzung hatte Stadtkämmerin Gabriele Lukoschek die Eckdaten für den aktuellen Haushalt erläutert und eine Aussicht auf die mittelfristige Finanzplanung gegeben. Danach stehen in 2012 Ausgaben in Höhe von 203,03 Millionen Euro nur 197,12 Millionen Euro an Erträgen gegenüber. Das Resultat ist ein Minus von 5,01 Millionen Euro im Ergebnishaushalt. Dieses, so Lukoschek, sei aber um rund 1,6 Millionen Euro geringer ausgefallen als der ursprüngliche Entwurf. Grund hierfür sei im Wesentlichen die Anhebung der Grund- und Gewerbesteuer, die der Rat bereits im vergangenen Dezember beschlossen hatte.

Bis 2015 werde das Haushaltsdefizit bei bestehenden Rahmenbedingungen kontinuierlich auf  1,9 Millionen Euro sinken, zeigte sich Lukoschek optimistisch. Allerdings, so die Stadtkämmerin, könne bereits ab 2013 ein ausgeglichener Haushalt erzielt werden, sofern Einsparungen unter anderem bei der Kreisumlage erzielt würden. Diese entwickle sich trotz gleichbleibenden Hebesatzes von aktuell 33 Millionen Euro auf rund 43 Millionen Euro in 2015 und könne daher nicht im Interesse der Stadt liegen. Da der Kreis, wie die Stadtkämmerin mit Anspielung auf einen Bericht in der "Landeszeitung" bemerkte, inzwischen Freude am Sparen gefunden habe, sehe sie entsprechenden Gesprächen mit dem Kreis positiv entgegen.

Vor dem Hintergrund des von der Stadt angestrebten Ziels, den Entschuldungsfonds des Landes in Anspruch nehmen zu können, seien weitere Maßnahmen erforderlich, sagte Lukoschek. Denn Voraussetzung hierfür sei ein ausgeglichener Haushalt bereits ab 2013. Hierfür sei unter anderem eine Anhebung der Vergnügungssteuer von 11 auf 15 Prozent geplant. Auch durch die Hunde- und Beherbergungssteuer sollen zusätzliche Mittel in den Stadtsäckl fließen. Sofern sich die Rahmenbedingungen entsprechend positiv entwickelten, so die Stadtkämmerin, sei ab 2013 sogar erstmals wieder ein positives Ergebnis von rund 800.000 Euro erzielbar.

Lob und Kritik: Der Schlagabtausch der Fraktionen

Heiko Dörbaum, Fraktionsvorsitzender der SPD, lobte den aus seiner Sicht gelungenen Haushaltsentwurf und damit auch die eigene Arbeit. Dieser trage durch die von der Mehrheitsgruppe eingebrachten Änderungsanträge deutlich eine rot-grüne Handschrift. Mit Blick auf den neuen Gruppenpartner, mit dem "sehr schnell viele Gemeinsamkeiten" gefunden worden seien, hob Dörbaum die drei Themenbereiche hervor, die auch den Grünen am Herz lägen: Energiewende, Bildungsstadt Lüneburg und Familienfreundlichkeit.
Als Beispiele hierfür nannte er die energetische Sanierung von Häusern, den Ausbau des Radwegenetzes und die Verbesserung des Öffentlichen Personen-Nahverkehrs (ÖPNV) mit dem Umbau des Bahnhofs und des ZOB mit weiteren Busstellen. Für den Bildungsbereich stünden der Museumsneubau und das Angebot der Volkshochschule, familienfreundlicher werde die Stadt durch die Schaffung von 80 weiteren Krippenplätzen, die Umwandlung aller Grundschulen in Ganztagsschulen und den Ausbau der Ganztagsbetreuung. Die Anhebung der Steuern, so Dörbaum, sei notwendig geworden, um das Ziel der Haushaltskonsolidierung ab 2013 schaffen zu können.

Dem konnte selbst Grünen-Fraktionschef Andreas Meihsies nicht mehr viel hinzufügen: "Heiko, Du hast es schon gesagt", lobte er mehrfach den neuen Partner. Allerdings war ihm wichtig, einen Ausblick auf die künftige Arbeit der neuen Mehrheitsgruppe zu geben. "Gründlichkeit vor Schnelligkeit" sei die Devise, mit der man die anstehenden Probleme anpacken wolle. Und um mögliche Zweifel an dem neuen Bündnis gleich im Keim zu ersticken, versicherte Meihsies, dass er "die Hochzeit ganz fest für die nächsten fünf Jahre geschlossen" habe. Sodann ging er auf Konfrontationskurs zum politischen Gegner, den er wahlweise in den Linken und in der CDU sah. Diese habe nur "Ausgeben mit vollen Händen gelernt ohne Gegenfinanzierung", und mit Blick auf die Vorschläge der "sogenannten Linken", wie Meihsies sie nannte, "mache Regieren richtig Spaß."

Eckhard Pols von der CDU kleidete die Kritik seiner Fraktion am Haushaltsentwurf in die Worte: "Ihrem Entwurf fehlt der Sparwille!" Lüneburg habe kein Einnahme- sondern ein Ausgabenproblem. Statt des Baus neuer Spielplätze sollten besser bestehende Plätze saniert werden. Die im Haushalt vorgesehene energetische Sanierung sei zwar grundsätzlich zu begrüßen, doch nicht zum jetzigen Zeitpunkt.
Die CDU selber hatte in Sachen Sparwillen allerdings nur wenig aufzubieten. Ihr Änderungsantrag konnte wie berichtet  lediglich auf der Ausgabenseite punkten, dort waren Maßnahmen wie die Sanierung der Bockelsbergteiche oder Investitionen in den Straßenbau aufgeführt. Dass diese zusätzlichen Kosten im Haushalt nicht gegenfinanziert waren, kritisierte nicht nur die Mehrheitsgruppe. An CDU-Fraktionschef Pols, der sich offenbar schnell an seine neue Rolle in der Opposition gewöhnt hat, prallte diese Kritik jedoch ab: "Das müssen wir auch gar nicht", entgegnete er den erstaunten Widersachern.

Der Fraktionschef der Linken, Michèl Pauly, stellte fest, dass sich etwas in der Hansestadt bewege, "und gar nicht mal in die falsche Richtung." Manches von dem, was die Linken schon seit langem gefordert hätten, werde nun umgesetzt. Pauly nannte hierzu die Gewerbe- und Vergnügungssteuer, wobei dies von der SPD vor der Wahl noch strikt abgelehnt worden sei. "Das ist hoch unehrlich", kritisierte Pauly das Verhalten der SPD.
Pauly plädierte dann für die Annahme seiner insgesamt 19 Änderungsvorschläge, die aber in der nachfolgenden Abstimmung keine Chance hatten. Lediglich in Torbjörn Bartels von den Piraten fand Pauly einen Unterstützer für zwei seiner Vorschläge: Den Bau des neuen Audimax-Gebäudes auf dem Leuphana-Campus um ein Jahr zu verschieben und die Lizenzverträge mit Microsoft zugunsten von Open-Source-Lizenzen nicht weiter zu verlängern.

Birte Schellmann, die für die Fraktion von FDP und Rentnerinnen- und Rentner-Partei (RRP) sprach, mahnte die Runde, die gute wirtschaftliche Ausgangssituation für deutlich mehr Sparanstrengungen zu nutzen. "Wann, wenn nicht jetzt?" fragte die FDP-Dame. Und mit Blick auf die Diskussion um fehlende Zahlungen von Land und Bund forderte sie in Richtung der Mehrheitsgruppe: "Hören Sie auf, für die Kostenmisere immer die Anderen verantwortlich zu machen. Wir sind es selber, die immer neue Ausgaben verursachen."
Zudem würden Folgebelastungen ausgeblendet und trickreich neue Finanzierungslücken gesucht. Auch sei das bezifferte Haushaltsdefizit von 5,9 Millionen angesichts der zahlreichen Schattenhaushalte sehr zweifelhaft, sagte Schellmann, die der Stadt obendrein vorwarf, "städtischen Gesellschaften Kosten der Stadt aufs Auge zu drücken." Zwar sei auch sie wie die Linke für eine Priorisierung der Aufgaben, für eine Verschiebung von Großprojekten sei es aber jetzt zu spät, da hätte man etwas früher auf die FDP hören sollen.

Auch Torbjörn Bartels von der Piraten-Partei sieht die Stadt auf dem richtigen Weg, und auch die Steuererhöhungen wurden von ihm begrüßt. Vor allem lobte er die gemeinsamen Anstrengungen aller Fraktionen, die es ermöglicht hätten, das ursprünglich kalkulierte Defizit von 7,6 auf jetzt 5,9 Millionen Euro zu verringern. Wunschlisten ohne Gegenfinanzierung seien aber nicht seine Sache, weshalb es auch keine Änderungsanträge seitens der Piraten gegeben habe.

In den abschließenden Abstimmungen wurden nicht nur der Haushalt wie erwartet mehrheitlich verabschiedet, auch die übrigen Tagesordnungspunkte, darunter die Beschlussfassungen über die Haushaltspläne der Stiftungen, wurden wie vorgeschlagen verabschiedet.

Einen Kommentar zu diesem Thema lesen Sie hier.

*) Hier muss sich die Redaktion korrigieren: Die Vertreter von FDP und RRP, Frau Schellmann und Herr Kiesel, stimmten dem vorgelegten Haushaltsentwurf nicht zu.