header

Juso-Vorsitzende Kamila Pienkos verlässt die SPD

Hansestadt, 26.04.2012 - Die Vorsitzende des Juso-Unterbezirks Lüneburg, Kamila Pienkos, verlässt zum 29. April die SPD und tritt auch von ihren Ämtern in der Partei und parteinahen Organisationen zurück. Als Gründe nennt die 27-Jährige nicht akzeptable Vorkommnisse in den letzten Wochen und Monaten innerhalb der Lüneburger SPD sowie festgefahrene parteiinterne Strukturen, die eine notwendige Veränderung nicht zuließen. Pienkos kündigte zugleich an, eine neue politische Heimat zu suchen.

"Nach reiflicher Überlegung ist der Tag gekommen, an dem ich die Partei verlasse. Damit trete ich auch von meinem Amt als Juso-Vorsitzende zurück", teilt Frau Pienkos in einer mehrseitigen Pressemitteilung mit, in der sie detailliert Vorgänge und Geschehnisse auflistet, die sie als "absolute Unmenschlichkeit" empfunden habe. Über Monate hinweg habe sich bei ihr eine Art Ohnmacht eingestellt, ausgelöst durch "die schiere Masse an Unverfrorenheiten", die sie in den drei Jahren ihrer Mitgliedschaft bei der SPD habe erfahren müssen, erklärt Pienkos.

Ihre Art und ihr Stil, Politik zu machen, seien immer wieder kritisiert und angeprangert worden. "Kritik war nicht erwünscht, andere Meinungen wurden untergebuttert", so Pienkos. Kritik sei sogar von einigen Parteimitgliedern als persönliche Beleidigung empfunden worden. "Mein Demokratieverständnis wurde hier stark angeschlagen."

"Ich habe Erfahrungen in einer Sozialdemokratischen Partei gesammelt, die ich mir nie hätte ausmalen können. Diese Erfahrungen, die mich letztendlich dazu geführt haben, mich nicht mehr in dieser Partei zu engagieren, sind entweder mir persönlich widerfahren, habe ich mitbekommen oder aus der Vergangenheitsbewältigung der Partei erfahren", begründet Kamila Pienkos ihren Schritt.

Besonders enttäuscht habe sie das Verhalten der Partei während der Auseinandersetzung zwischen Oberbürgermeister Ulrich Mädge und Erstem Stadtrat Peter Koch, beide Mitglied der Lüneburger SPD. "Jahrzehntelange Freundschaften waren plötzlich nicht mehr relevant. Der Erste Stadtrat wird gemieden, die meisten sind nicht einmal auf ihn zugegangen und haben nach seiner Version gefragt. Das hat mich persönlich getroffen."

Als "endgültigen Knackpunkt" und Auslöser für ihren Schritt bezeichnet Pienkos den Umgang der SPD-Stadtratsfraktion mit dem Thema Transparenz im Zusammenhang mit der Diskussion über die Internetplattform "Abgeordnetenwatch" in der Ratssitzung am 19. April. In der Sitzung wurde das von der Piraten-Fraktion eingebrachte Thema mit einem Änderungsantrag der Mehrheitsgruppe von SPD und Grünen blockiert mit dem Hinweis, hierfür zunächst eine Informationsveranstaltung durchführen zu lassen. "Eine Infoveranstaltung zu einer Plattform zu verlangen, dessen FAQ in nicht mal fünf Minuten alles Nötige erklärt, spiegelt wider, wie wenig das Interesse besteht, dieses Thema sinngemäß anzugehen", bemerkt Pienkos verständnislos dazu.

Auch ihr Versuch, den politischen Schaden, der durch die Äußerung von Ratsmitglied Eckhard Neubauer "Transparenz ist das Gegenteil von Vertrauen" entstanden sei, zu minimieren, sei blockiert worden. Zugleich sei deutlich geworden, "dass sämtliche Bemühungen vergebens sind, ein Verständnis für die Sensibilität der Transparenz im Staatswesen zu entdecken", erklärt Pienkos. Dieses Handeln, so Pienkos, spiegele grundlegend das Verhalten der Fraktion und Parteimitglieder "vorwiegend im Lüneburger Macht-Dunstkreis wider - bedingt durch die festgefahrenen parteiinternen Strukturen".

Kamila Pienkos war erst kurz vor der Bundestagswahl im September 2009 in die SPD eingetreten. Im Frühjahr 2011 übernahm sie das Amt der Vorsitzenden des Juso-Unterbezirks Lüneburg von ihrer Vorgängerin Eva Köhler, Anfang dieses Jahres wurde sie für ein weiteres Jahr als Juso-Vorsitzende im Amt bestätigt. "Ich wollte etwas verändern", sagt Pienkos, die von sich selbst behauptet, dass sie ein Mensch sei, der in die Politik gehöre. "Ich liebe es, Meinungen der Menschen aufzunehmen und umzusetzen, das sind meine Talente, die ich in meine politische Arbeit einbringen möchte".

Zunächst aber werde sie eine politische Auszeit nehmen, um, wie sie sagt, die "verlorene Zeit meiner Diplomarbeit nachzuholen". Und sie werde die Zeit nutzen, "um das politische Geschehen als normaler Bürger zu erleben".

Pienkos kündigte an, sich eine neue politische Heimat zu suchen, "aber zunächst möchte ich eine Ära beenden, bevor ich eine neue beginne".