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Kommentar

Chance vertan

14.01.2018 - Es war eine zufällige Begegnung am Gedenkstein für die Gefallenen der 110. Infanterie-Division, eine, die Dr. Gerhard Scharf vielleicht das Bürgermeister-Amt kosten wird. Und das zu Recht. Nicht, weil er dort etwa Nazi-Parolen verbreitete oder Fremdenhass schürte. Und auch nicht, weil er die bevormundende Art und Weise der Lüneburger Linken über den Umgang mit der deutschen Vergangenheit nicht ertragen kann und dabei seinem Herzen mit deutlichen Worten Luft machte. Sondern weil Scharf ganz offensichtlich nicht den Mumm hat, seine Haltung – die man nicht teilen muss, die inhaltlich aber keinen Anlass für einen Rücktritt bietet – auch zu vertreten.

Vertane Zeit

01.09.2017 - Wer ein Praktikum macht, sammelt in der Regel Erfahrungen, die sonst nicht so schnell zu haben sind. Das ist grundsätzlich lobenswert. Deshalb sind Praktika vor dem Berufseinstieg heute quasi ja Pflichtprogramm. Doch das Absolvieren selbiger ist nur ein erster Schritt. Entscheidend sind die Schlüsse, die aus dem Gelernten gezogen werden. Zwar hat Jung-Unionist Alexander Schwake nach seinem Kurz-Praktikum bei der Polizei ebenfalls Schlüsse gezogen – leider aber die falschen. Das Praktikum hätte er sich ohnehin sparen können. Denn nicht die Polizei ist das Problem, es sind die Richter.

"Wie die Faschisten"

11.06.2017 - Es sind die gewohnten Reflexe, die in diesem Land immer noch ihr Unwesen treiben: Wer anderer Meinung ist, wird diffamiert. Mehr als 70 Jahre nach überwunden geglaubter Blockwart-Mentalität, die nicht nur mit zu Angst, Terror und Tod für Millionen Juden, sondern auch zum Verlust bürgerlicher Grundrechte vieler Hunderttausend Andersdenkender führte, greift der tiefsitzende Drang nach gesellschaftlicher Gleichförmigkeit wieder um sich. Wer auffällig wird, weil er sich nicht dem Absolutheitsanspruch kleingeistigen Mainstream-Denkens anschließt, wird von der Gemeinschaft ausgeschlossen und muss – wie ein von der Gewerkschaft verdi herausgegebener Flyer nahelegt – mit ernsten Konsequenzen am Arbeitsplatz rechnen. Und wehe dem, der es wagt, darüber zu berichten. Der macht sich gleich mit verdächtig.

Nachhaltig? Macht nichts

15.04.2017 - Wenn es den Begriff nicht schon gäbe, man müsste ihn erfinden: Nachhaltigkeit. Welch' Strahlkraft und Glanz! So richtungweisend und bedeutungsschwanger kommen sonst allerhöchstens noch Integration, Populismus und Gleichstellungsbeauftragte daher. Doch so schön die Vorstellung von einem Rundum-Sorglos-Begriff auch ist, bleibt er doch eine Chimäre, ein leeres Plakat, auf das jeder pinseln kann, was ihm so in den Sinn kommt. Nun soll sogar eine ganze Stadt nachhaltig werden, mit Fahrrädern. Blödsinn? Macht nichts.

Rohrkrepierer

02.02.2017 - Die Nachricht ging nach hinten los. Jetzt, Jahre nach der vollmundigen Ankündigung des "Intergrierten Mobilitätskonzept" für Stadt und Kreis, soll sie also kommen. Die Rede ist nicht etwa von der fertigen Ausarbeitung, wie Verkehrs- und Pendlerströme in der Region sinnvoll zusammengefügt und aufeinander abgestimmt werden. Nein, es geht um eine schlichte Auftaktveranstaltung, um herauszufinden, welche Ziele wünschenswert sind. Nun ist Ziele definieren nichts Verwerfliches, wohl aber, lange Zeit so getan zu haben, als sei das Konzept so gut wie fertig.

Ulrich der Große

04.12.2016 - 25 Jahre Oberbürgermeister – eine verdammt lange Zeit. Das schafft nicht jeder. Ulrich Mädge hat es geschafft. Er ist ein Macher, einer, der ein Ziel hat und daran festhält, egal, was da kommt. Solche Leute braucht die Stadt, wenn sie nicht vor die Hunde gehen will. Mädge hat sie davor bewahrt, zumindest tut er gern so. Das muss er auch, sollen die 25 Jahre nicht vergebens gewesen sein. Am Ende – 2021, dann endet definitiv seine Amtszeit, es sei denn, Hannover macht noch einmal eine Ausnahme für ihn – werden es sogar 30 Jahre, schier uneinholbar für alles, was noch nach ihm kommen wird. Eine verdammt lange Zeit war es bisweilen aber auch für Ratsmitglieder und Mitarbeiter.

Pustekuchen

27.11.2016 - Er war ein großer Politiker, der sich Zeit seines Lebens für die Hansestadt eingesetzt hat, dessen Herz für die Lüneburger schlug. Klingt gut, stimmt aber leider nicht. Olof Palme war Schwede, Lüneburger Boden hat er nicht ein einziges Mal betreten, vermutlich wusste er nicht einmal, dass es diese Stadt überhaupt gibt. Diese hindert es aber nicht daran, dem vor 30 Jahren ermordeten schwedischen Ministerpräsidenten einen Gedenkstein zu widmen. Die Ankündigung der Stadt, an gleicher Stelle nun auch für den 1634 ermordeten Feldherrn und Politiker Wallenstein ein Denkmal zu setzen, der sich während des Dreißigjährigen Kriegs dem in deutschen Landen brandschatzenden schwedischen König Gustav Adolf in den Weg stellte und so tausendfaches Leid vermeiden half – stimmt leider auch nicht.

Lebenserfahrung

14.11.2016 - In England würde man liebevoll von "good old Tanja" sprechen, geduldig die Widrigkeiten, die mit dem Altern eines manchmal verfluchten, am Ende aber immer doch liebgewonnenen Alltagsbegleiters und Vertrauten einhergehen, ertragen. In Deutschland ist das anders. Hier wird alles, was nicht funktioniert, in der Regel umgehend ausgetauscht, oder, wie im Fall "Tanja", am besten gleich komplett entsorgt. Dass Schüler dann murren, weil sie noch vor Schulbeginn einen langen Umweg in Kauf nehmen müssen, ist verständlich. Doch ist nicht auch das mal eine wichtige Lebenserfahrung, dass nicht alles immer und in gleicher Form verfügbar ist?

Der nächste Hammer

05.11.2016 - Nun hat es die SPD auch im Kreistag erwischt. Nachdem den Sozialdemokraten bereits im Lüneburger Stadtrat die schwarz-grün-gelbe Karte gezeigt wurde, sind sie jetzt auch auf Kreisebende aus dem Rennen um die Macht geworfen worden. Wieder sind es CDU und Grüne, die sich zusammengetan haben, um, wie es heißt, mehr Transparenz und Offenheit in politische Entscheidungsprozesse zu bringen. Dass sie, anders als im Stadtparlament, jetzt sogar auf die Bildung einer Gruppe verzichtet und sich "nur" für eine Kooperation entschieden haben, deutet darauf hin, dass sie ihr Versprechen sogar ernst meinen.

Zeitenwende

23.10.2016 - Es ist kein Paukenschlag, es ist ein Beben, das sich an diesem Wochenende mit einem Riesenknall wie bei einem tief im Innern immer mehr unter Druck geratenen Vulkan mit aller Macht entladen hat. Der Druck, den Oberbürgermeister Ulrich Mädge in seinen nicht enden wollenden Amtsjahren unter den Ratsmitgliedern offenbar erzeugt haben muss, hat nun ihn selbst mit einer Heftigkeit kalt erwischt, wie es der machtgewohnte Politiker bislang nie gewohnt war – von seiner eigenen Partei nicht, aber auch vom politischen Gegner nicht. Viele Jahre wurde das System Mädge mehr ertragen als akzeptiert, nun haben er und seine SPD die Quittung bekommen. Für Lüneburg könnte es der Beginn einer neuen Zeitrechnung werden.