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"Ein Messerverbot gehört in die Schublade"

Polizei-Gewerkschafter Gerlach spricht sich gegen Forderungen der Politik aus

Christian-Tobias Gerlach meldet sich nicht nur als Polizei-Gewerkschafter immer wieder zu Wort. Foto: privatLüneburg, 17.07.2023 - Ist ein Verbot des Mitführens von Messern sinnvoll? Eine solche Forderung kam zuletzt von Politikern, nachdem in den vergangenen Wochen wiederholt Menschen gezielt durch Messereinsatz verletzt wurden, auch im Bereich der Polizeidirektion Lüneburg. Die Polizeigewerkschaft aber steht einem solchen Verbot kritisch gegenüber.

Er sei nicht davon überzeugt, dass ein generelles Messerverbot zur Problemlösung beitrage, sagt der Vorsitzende des Direktionsverbandes Lüneburg der Deutschen Polizeigewerkschaft, Christian-Tobias Gerlach. "Messer gehören auf den Tisch oder in die Küche, und die Forderung der Politik nach einem Messerverbot gehört in die Schublade. Beides gehört nicht auf die Straße!"

Gerlach sieht in der "zunehmenden Gewaltbereitschaft und Enthemmung" das "eigentliche gesellschaftliche Problem", das aber bei der Forderung nach einem Messerverbot "beinahe unbeachtet" bleibe. Ohnehin sei das Mitführen bestimmter Messer spätestens seit den Verschärfungen des Waffengesetzes verboten oder als so gefährlich eingestuft, dass bereits ihr Besitz eine Straftat darstelle.

◼︎ Verbote treffen die Falschen 

"Derartige Verbote, wie auch schon das geforderte 'Böllerverbot', schränken alle die ein, die sich an Recht und Gesetz halten, nicht aber die, die sich hiervon bereits abgekehrt haben. Die Entwicklung offenbart unseres Erachtens ein strukturelles und gesellschaftliches Problem, dem nicht mit Verboten beizukommen ist", so Gerlach.

Jedes Verbot bedürfe außerdem auch einer Überwachung und konsequenter Verfolgung. Die Polizei und die Justiz aber würden durch fortwährende Einsparungen "zunehmend limitiert", obwohl die Zahl der Aufgaben in allen Bereichen zunehme. "Ein Verbot entfaltet aber nur dann seine volle Wirkung, wenn die 'Strafe' sprichwörtlich 'auf dem Fuße' folgt."

"Es mutet an, als würden derartige Entwicklungen eine Art Pawlow'scher Reflex in der Politik sowie offensichtlich auch bei einigen 'Fachleuten' auslösen", sagt Gerlach, übrigens selbst Politiker. Er ist Mitglied der CDU-Fraktion im Rat der Stadt Lüneburg. Ein Verbot verschaffe demjenigen, des es fordert, "Aufmerksamkeit. Das eigentliche, komplexe Problem löst man hierdurch aber nicht."

◼︎ Ja zu "Messerverbotszonen"

Gänzlich ohne Verbote aber kann es auch für Gerlach nicht weitergehen. So fordert seine Gewerkschaft die Einrichtung von "Messerverbotszonen", die sich an den polizeilichen Lageerkenntnissen orientieren. Auch spricht er sich dafür aus, den Verkauf von bestimmten Messern ohne Bedürfnisnachweis zu verbieten. Des Weiteren sollen die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden, um an Brennpunkten den Einsatz einer (KI-gestützten) anonymisierten Verhaltenserkennungssoftware zu ermöglichen. Und er erwartet, was seine Gewerkschaft schon seit langem fordert: "Keine weiteren Einsparungen im Bereich der Inneren Sicherheit."