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Eine Erklärung wofür?

Der Lüneburger Kreistag schließt sich der "Trierer Erklärung" an – und die AfD legt weiter zu

Abstimmung im Lüneburger Kreistag. Archiv-Foto: LGheuteLüneburg, 17.02.2024 - Das Ergebnis war absehbar: Mit großer Mehrheit schloss sich nach dem Lüneburger Stadtrat nun auch der Kreistag des Landkreises Lüneburg der sogenannten "Trierer Erklärung" an. Sämtliche im Kreistag vertretenen Parteien außer der AfD und der Basis votierten bei zwei Enthaltungen aus dem Kreis der CDU-Fraktion damit für eine Erklärung, die im Kern die politische und gesellschaftliche Ächtung der AfD zum Ziel hat. Das mag aus Sicht der Parteien, die hinter der Trierer Erklärung stehen, das erhoffte Ziel sein. Die Frage aber ist: War es auch klug?

"Cui bono" – nicht nur in der Kriminalistik, auch in der Politik steht seit der Antike die Frage "Wem zum Vorteil?" nicht ohne Grund meist am Beginn jeder Untersuchung. Wer herausfinden will, warum ein Mensch ermordet oder ein Gesetz verabschiedet wurde, nähert sich in der Regel schnell den wahren Gründen, wenn gefragt wird, wer Nutznießer eben jener Maßnahme ist.

Womit man schon mitten im Lüneburger Kreistag landet. Denn hier wie auch in den anderen Kommunal-Parlamenten, die sich der "Trierer Erklärung" des Deutschen Städtetags angeschlossen haben, wächst die Sorge vor einem weiteren Erstarken der AfD, in den Landesparlamenten und im Bund ohnehin. Da kommt eine Erklärung, die zwar nicht eines der Probleme löst, die zu dem anhaltenden Zuspruch zur AfD führen, gerade recht. Zugleich wird eine Stimmung aufgegriffen, die durch den Bericht des selbsternannten Recherchenetzwerks "Correctiv" Hunderttausende mit Unterstützung der Medien auf die Straße gebracht haben. Dass der "Correctiv"-Bericht wegen fragwürdiger Methoden inzwischen die Gerichte beschäftigt, spielt kaum noch eine Rolle, er hat seine beabsichtigte Wirkung längst erzielt. 

◼︎ AfD kann sich vor Mitglieds-Anträgen kaum retten

Nur: Das Kalkül der etablierten Parteien, den Zulauf zur AfD durch Ausgrenzung zu stoppen, scheint nicht aufzugehen. Die Partei hat nach einem leichten Dämpfer kurz nach Erscheinen des "Correctiv"-Berichts inzwischen nicht nur wieder zu alter Form zurückgefunden, sie legt sogar wieder deutlich zu. Laut "FAZ" gehen seitdem jeden Tag 130 bis 150 Mitgliedsanträge in der AfD-Bundesgeschäftsstelle in Berlin ein, 8.000 Anträge sollen dort inzwischen unbearbeitet herumliegen, die Partei will weitere Leute einstellen, um es abzuarbeiten, heißt es.

Im Kreistag und im Stadtrat in Lüneburg wird das vermutlich mit einem Achselzucken aufgenommen, wenn es dort überhaupt bekannt ist. Hier wie auch andernorts glänzt man lieber darin, die Demokratie vor ihren Feinden zu schützen – gegebenenfalls durch Entzug der bürgerlichen Grundrechte, wie im Stadtrat zu hören war. Das eigentliche Motiv, sich über diesen Weg bequem eines unliebsamen Widersachsers entledigen zu können, ohne sich einer inhaltlichen Diskussion stellen zu müssen, entzieht sich dabei auf wundersame Weise. 

Auf Dauer aber dürfte diese bei Politikern beliebte Spielart des Verdrängens nicht tragen. Wenn aber schon die Probleme nicht angegangen werden, die der AfD zu immer mehr Zustimmung verhelfen, dann sollten sich künftig doch all jene, die bei einer der nächsten "Erklärungen" wieder ihre Hand heben, vielleicht besser vorab fragen: "Cui bono"? Nicht, dass der Schuss wieder nach hinten losgeht.

Die "Trierer Erklärung" kann im Original-Wortlaut hier nachgelesen werden.