header

A39 gerät zunehmend ins Abseits

Bund senkt Wirtschaftlichkeitsprognose - A39-Gegner fordern Überprüfung des Bundesverkehrswegeplans

Landkreis, 02.06.2012 - Die Wirtschaftlichkeit der geplanten Lückenschließung der Bundesautobahn 39 zwischen Lüneburg und Wolfsburg rutscht weiter ab. Anlässlich einer Anfrage der Bundestagsfraktion der Grünen teilte das Bundesverkehrsministerium jetzt mit, dass der Wert des Nutzen-Kosten-Verhältnisses von bislang 2,78 auf nun 1,9 gesunken sei. Bürgerinitiativen gegen die A39 sehen sich in ihren Einschätzungen bestätigt und fordern den Ausstieg aus dem Projekt.

"Damit bestätigt die Bundesregierung, was sowohl durch uns als auch von Bürgerinitiativen und unabhängigen Verkehrsexperten schon seit Jahren immer wieder kritisiert wurde", sagt Sven-Christian Kindler, Verkehrsexperte der Grünen im Bund. Seine Kritik: Die Kosten seien krass unterschätzt worden und die rechnerische Wirtschaftlichkeit des Projekts durch Tricks und Intransparenz hochgehalten. "Es gibt keinen anderen Autobahnneubau in Deutschland mit einem schlechteren Wert", stellt Kindler fest.

Nachdem Mitte April bekannt wurde, dass die Kosten für das Autobahnprojekt von bislang 630 Millionen Euro auf 1,1 Milliarden steigen werden, waren die Zweifel an der Wirtschaftlichkeit des Projekts massiv gestiegen. Noch Mitte Mai hatte Niedersachsens Verkehrsminister Jörg Bode versucht, an dem bislang vom Bund angesetzten NKV-Wert von 2,78 festzuhalten, da, so Bode, auch die Nutzen stiftenden Werte der Autobahn um den gleichen Faktor gestiegen seien (LGheute berichtete).

Doch offenbar hat der Bund inzwischen selber keine Möglichkeit mehr gesehen, an den bisherigen Einschätzungen festhalten zu können. Mit der jetzt vorgenommenen Korrektur des NKV-Werts von 2,78 auf 1,9 rückt der Wert in die Nähe, die von A39-Gegnern seit längerem als realistisch angesehen wird. Erst kürzlich hatte der Verkehrsclub Deutschland (VCD) für die A39 auf Basis der neuen Kostenschätzung einen NKV-Wert von 1,84 errechnet, der damit aber nur geringfügig unterhalb früherer Einschätzungen liegt.

|| Bundesverkehrswegeplan ist kein Wunschkonzert ||

Die Bürgerinitiative Hohnstorf 2011 sieht die A39 nun auf dem besten Weg in die Unwirtschaftlichkeit. "Sämtliche weiteren Autobahnneubauten schneiden hier wesentlich besser ab", so die A39-Gegner, die für das Projekt keine Zukunft mehr erkennen können. "Bei einer dreifachen Überzeichnung der vorhandenen Mittel ist für Projekte wie die A39 kein Platz im Verkehrswegeplan", folgert die Bürgerinitiative.

Aber auch dieser Wert könnte sich nochmals verschlechtern, da nach Einschätzung des Grünen-Politikers Kindler die Kosten weiter steigen könnten. "Für fünf der insgesamt sieben Bauabschnitte liegen keine abgeschlossenen Detailplanungen und damit noch keine abschließende Kostenberechnung vor", so Kindler. Er fordert nun, dass die Planungen für das Projekt A39 gestoppt werden, bis es zu einer komplett neuen Überprüfung im Rahmen der Neuaufstellung des nächsten Bundesverkehrswegeplans kommt.

Dass die A39 im neuen Bundesverkehrswegeplan 2015 erneut berücksichtigt wird, bezeichnet der Niedersächsische Landesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (LBU) allerdings als fraglich. Dagegen spreche nicht nur das schlechte NKV, sondern, so der LBU, "dass der neue Plan im Gegensatz zu früheren Plänen kein 'Wunschkonzert der Landesfürsten' mehr sein solle." Der laufende Bundesverkehrswegeplan sei im Jahre 2003 mit einer Vielzahl von Projekten überfüllt worden, von denen ein Großteil von vornherein als unfinanzierbar galt, und deshalb extra eine gesonderte interne Prioritätenliste erstellt werden musste, will der LBU wissen. Der neue Bundesverkehrswegeplan solle deshalb wieder auf objektiven Vergleichs-Kriterien und finanzierbaren Prioritätssetzungen beruhen.

|| Bekenntnis zur A39 nimmt ab ||

Wie der LBU weiter mitteilt, habe das Bundesverkehrsministerium dem Vernehmen nach bereits eine Überprüfung der Begründung für das A39-Projekt angefordert. "Diese Skepsis des Ministeriums spiegelt sich auch in der Tatsache, dass es bisher für kein Teilstück der A39 eine Finanzierungs-Zusage im derzeitigen Infrastruktur-Rahmenplan bis 2015 gibt", so LBU-Vertreter Günter Schäfers.

Nach Auffassung von Schäfers wird die A39 daher auch aus der "Ahrensburger Liste", einer von den Industrie- und Handelskammern zusammengetragenen Aufstellung von 19 norddeutschen Verkehrsprojekten, wieder herausfallen. Es sei bezeichnend für den Wert dieser Liste, so der LBU-Vertreter, dass Hamburg die A39 bei der Nennung vordringlicher Projekte schon lange nicht mehr erwähne, VW sich in der Öffentlichkeit zur A39 eher zurückhaltend positioniere und auch Ministerpräsident McAllister in Statements allein die Küstenautobahn A20 erwähne. Selbst der Beauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für die maritime Wirtschaft, Eckhardt Rehberg, habe den norddeutschen Küstenländern empfohlen, ihre "Ahrensburger Liste" zu kürzen: "Alles aufzuschreiben, um niemandem wehzutun“, sei nicht zielführend.