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Die Stimmen am Tag danach

Was die Landtagskandidaten zum Wahlausgang sagen - Erste Forderungen der Stadt

Lüneburg, 21.01.2013 - Einen Tag nach der mit vielen Überraschungen gespickten Landtagswahl richten Politik und Politiker schon wieder den Blick nach vorn. Auf Landesebene stehen spannende Koalitionsgespräche zwischen SPD und Grünen an, CDU und FDP bereiten sich auf ihre Oppositionszeit vor. Wie das Wahlergebnis bei den Politikern im Landkreis Lüneburg aufgenommen wurde und welche Konsequenzen sich daraus ergeben, hat LGheute jetzt zusammengestellt: Stimmen und Stimmungen zum Wahlausgang.

Gewinner des Abends aus Lüneburger Sicht ist Andrea Schröder-Ehlers (SPD). Im Wahlkreis 49 (Lüneburg) setzte sie sich mit 37,5 Prozent der Erststimmen an die Spitze. "Ich freue mich sehr über das Wahlergebnis und dass es jetzt beim dritten Anlauf endlich geklappt hat", sagt Schröder-Ehlers. Sie war bereits 2003 und 2008 angetreten, unterlag aber jeweils ihrem CDU-Konkurrenten Dr. Bernd Althusmann. "Und das, obwohl die Bedingungen bei dieser Wahl schlechter waren als in der Vergangenheit", so Schröder-Ehlers, die daran erinnert, dass mit Adendorf eine wichtige SPD-Gemeinde an den Wahlkreis Elbe abgegeben werden musste.
Jetzt aber konzentriere sie sich auf die Arbeit, die im Landtag auf sie wartet. Wie genau diese aussehen wird, sei aber noch nicht ganz klar. "Das wird sich in den nächsten Tagen entscheiden, denn wir haben eine völlig neue Fraktion und müssen sehen, wer welche Aufgaben übernimmt."

Wie Dr. Bernd Althusmann (CDU) den gestrigen Wahlabend erlebt hat, beschreibt er so: "Das war ein wirkliches Wechselbad der Gefühle! Spannung bis zum endgültigen Ergebnis auf hohem Niveau, mal vorn im Land, dann wieder knapp hinten! So einen Wahlabend hat die Republik kaum jemals zuvor erlebt, glaube ich." Für ihn ist das Ergebnis gleich doppelt bitter: Als Direktkandidat für den Wahlkreis 49 (Lüneburg) musste er sich seiner Herausforderin Andrea Schröder-Ehlers (SPD) geschlagen geben, als Kultusminister der CDU/FDP-Landesregierung wird er nur noch wenige Tage im Amt sein. "Der Wahlkreis Lüneburg war immer ein hart umkämpfter. Die starken Stimmenanteile der Grünen waren offensichtlich am Ende für das hiesige Ergebnis im Kampf um das Direktmandat ausschlaggebend! Die Wähler haben entschieden!"
Wie es jetzt für den langjährigen CDU-Landespolitiker persönlich weitergeht, ist offen, doch Althusmann blickt optimistisch in die Zukunft: "Es geht immer weiter! Natürlich bin ich etwas traurig darüber, die Region Lüneburg nicht mehr im Landtag vertreten zu dürfen, und auch das Ministeramt habe ich mit großer Leidenschaft ausgeübt. Jetzt werde ich mich aber zunächst einmal auf ein Leben außerhalb der Politik einstellen. Umwege erhöhen bekanntlich die Orientierung. Auch das wird eine spannende Zeit, da bin ich sicher!" Gänzlich den Rücken kehren will er der Politik zwar nicht: "Ich werde mich weiter einbringen, aber zunächst gilt es, jetzt mit der Familie nach vorne zu schauen!"

Mehr Wahlerfolg war Karin Bertholdes-Sandrock aus Lüchow beschieden. Als Direktkandidatin der CDU war sie im Wahlkreis 48 (Elbe) angetreten, den sie erneut gegen ihren Herausforderer Franz-Josef Kamp (SPD) aus Dahlenburg verteidigen konnte. "Ich freue mich außerordentlich, besonders über mein Erststimmen-Ergebnis. Ich will mich weiterhin für alle Bürger im Wahlkreis einsetzen. Ich danke sehr herzlich allen ehrenamtlichen Unterstützern und freue mich auf die Arbeit in den kommenden Jahren."
Und mit Blick auf den anstehenden Regierungswechsel in Hannover sagt die CDU-Politikerin: "Dabei müssen verschiedene politische Kräfte auch über Parteigrenzen hinweg zusammenwirken, denn es geht um das Gemeinwohl, das heißt, es muss was für uns alle dabei herauskommen."

Franz-Josef Kamp (SPD), der ebenfalls im Wahlkreis 48 angetreten war, freut sich über sein persönliches Abschneiden bei der Wahl, bei der er mit 33,1 Prozent 8 Prozent mehr Erststimmen als Zweitstimmen für sich verbuchen konnte. Dass er im Wahlkreis dennoch nur Zweiter geworden ist, führt er auch auf die Bundespolitik zurück. "Bei der Großwetterlage und dem 'Nicht-Rückenwind' aus Berlin war es klar, dass man den Wahlbereich nicht holen konnte", sagt Kamp.
Als weiteres Handycap macht der Dahlenburger die aus seiner Sicht falsche Entscheidung der Grünen aus, die sich nicht für eine Erststimmen-Kampagne zugunsten der SPD aussprechen wollten: "Das ist insofern schade, weil man in einem Wahlbereich, in dem Gorleben liegt, schon darauf hätte achten können, dass dort jemand direkt gewinnt, der auch gegen Gorleben ist."

Selbstbewusst gibt sich Detlev Schulz-Hendel aus Amelinghausen. Im Wahlkreis 49 holte er für die Grünen bei den Zweitstimmen 25,1 Prozent. "Das Ergebnis der Grünen im Wahlbereich Lüneburg zeigt zum einen, das es sich bei den Grünen vor Ort längst nicht mehr um eine kleine Partei handelt, sondern wir mit der SPD und CDU fast gleichauf liegen und ein ähnlich gutes Ergebnis wie bei der Kommunalwahl 2011 erzielt haben." Aus seiner Sicht sei es den Grünen gelungen, glaubhaft wichtige landespolitische Themen für die Region wie Bildung in den Vordergrund zu stellen. "Ein Beweis für die gute Arbeit der Grünen vor Ort im Kreistag und im Stadtrat sowie in den Räten der Mitgliedsgemeinden", so Schulz-Hendel.
Über sein Erststimmenergebnis von 17,2 Prozent aber sei er in dieser Größenordnung dann doch sehr positiv überrascht, "zumal ich ja erst sehr spät als Direktkandidat ins Rennen gegangen bin." Den Erfolg führt er auf die Konzentration auf Sach-Themen und nicht auf die Person zurück. "Gerade auch mein klares Nein zur A39 in der Region im Gegensatz zu den anderen Kandidaten war sicherlich mit entscheidend."

Zu den Gewinnern des Abends zählt auch die FDP, die im Wahlkreis Lüneburg ähnlich dem landesweiten Ergebnis gute 9 Prozent der Wählerstimmen im Zweitstimmenergebnis holte. Ihr Direktkandidat Dr. Edzard A. Schmidt-Jortzig ist sich aber durchaus über das Zustandekommen der hohen Prozentpunkte bewusst. "Die FDP hat einen guten und engagierten Wahlkampf gemacht! Dass ein gutes Ergebnis dabei heraus kam, freut mich sehr, auch wenn es viele 'Funktionswähler' gab. Enttäuschend ist, dass es am Ende doch nicht für eine Fortsetzung der Regierungskoalition gereicht hat - trotzdem Glückwunsch an SPD und Grüne."
Für Schmidt-Jortzig war es der erste Wahlkampf, den er als Kandidat bestritten hat. "Eine spannende, horizonterweiternde Erfahrung! Ich danke meiner Frau Christina und unseren fünf Kindern für sehr viel Verständnis, meinen Partnern Dr. Bjarne Petersen und Dr. Dietmar Penzlin für die gewährte 'Rückenfreiheit', stellvertretend für alle Parteifreunde Frank Soldan für seine tolle Unterstützung, meinen Mitbewerbern für eine durchweg faire Auseinandersetzung - und natürlich 'dem Wähler'!"

Enttäuscht zeigt sich hingegen Michèl Pauly (Linke) über sein Abschneiden und das seiner Partei. "Das Ergebnis tut weh, denn es bestätigt, dass Schwarz-Gelb nur dann sicher abgewählt worden wäre, wenn Die Linke eingezogen wäre. Lüneburg schneidet zwar im Vergleich linker Ergebnisse weit überdurchschnittlich ab, doch war auch hier der Gesamttrend ausschlaggebend. Dem konnten auch wir uns nicht entziehen." Inwieweit innerparteiliche Themen eine Rolle für das Ergebnis der Linken insgesamt gespielt haben, ließ Pauly offen.

 

Auch die Piraten hatten gestern Abend nicht den erhofften Sprung ins Parlament geschafft und waren auch in den Wahlkreisen 48 und 49 hinter ihren Erwartungen zurück geblieben. Torbjörn Bartels (Wahlkreis 48) und Daniel Brügge (Wahlkreis 49) äußerten sich selbstkritisch. "Das Ergebnis ist natürlich nicht so, wie wir es erwartet haben. Nun heißt es, Fehler bereinigen und zeigen, dass wir es besser können. Wir müssen Kräfte sammeln und bei der nächsten Wahl erneut alles geben. Jetzt erst recht."
Kritik am politischen Gegner aber gibt es dennoch: "Eine überholte Partei wird künstlich durch 'Leihstimmen' am Leben erhalten und am Ende kommt ein großer Brei heraus. Das Schlimmste am Wahlergebnis ist, dass wir jetzt nichtmal mehr eine richtige Opposition haben."

Auch Oberbürgermeister Ulrich Mädge meldete sich heute zu Wort. Er macht keinen Hehl daraus, was er von der künftigen Landesregierung erwartet: "Lüneburg ist ein wichtiges Oberzentrum, das muss auch das Land jetzt erkennen und die notwendigen Investitionen ermöglichen. Die Verhandlungen über die Förderung des Theaters Lüneburg stehen an, wir brauchen die A39, müssen Kitas und Schulen ausbauen, um fit für die Zukunft zu bleiben. Auch bei der Finanzierung von Museen brauchen wir wieder eine gerechtere Verteilung der Mittel."