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Freispruch für Thüringer Abgeordneten im Schottern-Prozess

Amtsgericht Lüneburg erkennt besonderen Schutz des Angeklagten an

Lüneburg, 06.05.2013 - Das Amtsgericht Lüneburg hat den Thüringer Landtagsabgeordneten und Mitglied der Links-Fraktion Frank Kuschel am 2. Mai vom Vorwurf der Aufforderung zur Begehung einer Straftat im Zusammenhang mit dem öffentlichen Aufruf "Castor? Schottern!" im Jahr 2010 freigesprochen. Wie die Lüneburger Bundestagsabgeordnete Johanna Voß mitteilt, sei der Freispruch aufgrund des besonderen Schutzes erfolgt, den die Thüringer Verfassung für ihre Landtagsabgeordneten vorsieht.

Kuschel soll den Richter und den Staatsanwalt in der Verhandlung mehrfach auf Artikel 55, Absatz 1, der Verfassung des Freistaats Thüringen hingewiesen haben. Dort heißt es: "Abgeordnete dürfen zu keiner Zeit wegen ihrer Abstimmung oder wegen einer Äußerung, die sie im Landtag, in einem seiner Ausschüsse oder sonst in Ausübung ihres Mandats getan haben, gerichtlich oder dienstlich verfolgt oder sonst außerhalb des Landtags zur Verantwortung gezogen werden. Dies gilt nicht für verleumderische Beleidigungen."

Nach einer kurzen Prüfung der Rechtslage durch den Richter sei dann das Urteil ergangen. Der Staatsanwalt habe in seinem Schlussplädoyer einräumen müssen, sich vorher nicht ausreichend mit der in der Thüringer Landesverfassung geregelten weitreichenden Indemnität (Freistellung vor strafrechtlicher Verfolgung) der Abgeordneten des Thüringer Landtags beschäftigt zu haben. Sie schließt, anders als bei Bundestagsabgeordneten, ausdrücklich auch die sonstige Mandatswahrnahme außerhalb des Parlaments ein.

Kuschels Immunität war im Mai 2011 vom Justizausschuss des Thüringer Landtags auf Antrag der Staatsanwaltschaft Lüneburg aufgehoben worden, die gegen ihn wegen Aufforderung zur Begehung einer Straftat ermitteln ließ. Nach dem nun erfolgten Urteil, das die Abgeordnetenrechte ausdrücklich betone, fordert Kuschel Konsequenzen für das Verfahren der Immunitätsaufhebung im Thüringer Landtag. Diesem massivsten Eingriff in die Abgeordnetenrechte müsse künftig eine rechtliche Prüfung des Sachverhalts vorgeschaltet werden, es dürfe nicht ausschließlich - wie derzeit noch der Fall - von einer Ausschussmehrheit nach politischen Gesichtspunkten entschieden werden.