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Fracking droht jetzt dem gesamten Landkreis

US-Firma will ein weiteres Erlaubnisfeld im Landkreis erkunden - auch Harburg, Uelzen und Lüchow-Dannenberg betroffen

Hansestadt, 05.10.2012 - Die Wogen um die Pläne eines US-amerikanischen Unternehmens zur Erkundung des "Erlaubnisfeldes Oldendorf" nach möglichen Erdöl- oder Erdgasvorkommen schlagen hoch. Politiker sorgen sich um die Gefährdung des Grund- und Trinkwassers in der Heide, da sie den Einsatz der umstrittenen Fracking-Technologie fürchten. Jetzt wurde bekannt, dass zusätzlich auch das sogenannte "Erlaubnisfeld Lüneburg" erkundet werden soll. Damit wären dann der gesamte Landkreis Lüneburg sowie Teile der Landkreise Harburg, Uelzen und Lüchow-Dannenberg betroffen.

"Auch hier sind zunächst neben dem Aufbau einer Datenbasis geochemische Erkundungen sowie horizontale und vertikale Explorationsbohrungen vorgesehen mit einem Kostenaufwand, der auf über 20 Millionen Euro geschätzt wird", teilte Lüneburgs SPD-Landtagsabgeordnete Andrea Schröder-Ehlers heute mit.

|| Fast der gesamte Landkreis ist betroffen ||

Mit den beiden Bereichen "Erlaubnisfeld Oldendorf" und "Erlaubnisfeld Lüneburg" ist bis auf das Amt Neuhaus der gesamte Landkreis Lüneburg betroffen. 713 Quadratkilometer umfasst das neue Feld Lüneburg, der größte Teil davon befindet sich auf dem Gebiet des Landkreises. Von dem 884 Quadratkilometer großen "Erlaubnisfeld Oldendorf" im westlichen Landkreis  entfallen nochmals 241 Quadratkilometer auf den Landkreis Lüneburg.

Zusammen mit den beiden Landtagskandidaten Franz-Josef Kamp aus dem Wahlkreis Elbe und Sylvia Meyer aus dem Wahlkreis Uelzen warnt Schröder-Ehlers vor den Folgen, die bei einem möglichen Einsatz der Fracking-Technologie entstehen können: "Es geht hier um unser Wasser. Und das unweit einer Region, in der es bereits jetzt zu Problemen kommt wie im Uelzener Becken."

Beim Fracking würden unterirdische Gesteinsschichten mit Wasserkraft aufgesprengt werden, das Wasser könne dabei mit giftigen Chemikalien versetzt sein, kritisieren Experten entgegen Behauptungen der Betreiber (LGheute berichtete). "Diese Chemikalien sollten auf keinen Fall in unser Trinkwasser gelangen", erklären die SPD-Politiker. Sie fordern, dass die hydrologischen Gegebenheiten in den betroffenen Gebieten beachtet werden: "Wasser ist unser höchstes Gut. Wir erwarten, dass Landes- und Kreisbehörden alles tun und hier eine klare Linie verfolgen."

|| Landrat Nahrstedt stellt sich gegen die Pläne ||

Mit dieser Forderung laufen sie bei Landrat Manfred Nahrstedt offene Türen ein. "Von der Absicht, fast den gesamten Landkreis Lüneburg nach Erdöl und Erdgas zu erkunden, halte ich rundweg gesagt: gar nichts", sagte Nahrstedt gegenüber LGheute. "Wir haben bei uns im Landkreis Trinkwasserschutzgebiete und Naturschutzgebiete. Gerade die Nahrungsmittelindustrie ist bei uns sehr stark vertreten. Diesen Unternehmen müssen wir sauberes Trinkwasser garantieren, denn das sichert Arbeitsplätze in der Region."

Nahrstedt verwies auch auf die Landwirtschaft, die auf Grundwasser angewiesen sei. Auch die Stadt Hamburg bekomme einen Großteil ihres Trinkwassers aus der Lüneburger Heide. Dies alles gelte es zu sichern. "Die Sicherheit unseres Trinkwassers geht vor den wirtschaftlichen Interessen einer amerikanischen Firma", so der Landrat.

Trotz der deutlichen Ablehnung durch Landrat Nahrstedt sind die zuständigen Behörden im Landkreis aber gehalten, den vom Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) erteilten Prüfauftrag "rechtssicher abzuarbeiten", wie Landkreis-Pressesprecherin Katrin Holzmann erklärte. Dabei soll geprüft werden, inwieweit eine Bodenerkundung den Schutz von Mensch und Natur gefährdet.

|| "Vorgehen des LBEG absolut unverständlich" ||

Mit Unverständnis reagierten Schröder-Ehlers, Kamp und Meyer auf die Einschätzung des LBEG, wonach es die beantragten Maßnahmen für sinnvoll erachte. Auch halte das LBEG die kurze Frist zur Stellungnahme für ausreichend. Die Landesbehörde hatte ursprünglich eine Frist von vier Wochen zur Stellungnahme eingeräumt. "Dieses Vorgehen ist absolut unverständlich. Mit Transparenz und Kundenfreundlichkeit einer Landesbehörde hat das nichts mehr zu tun", sind die SPD-Landtagskandidaten überzeugt. Inzwischen wurde die Frist auf Antrag um zwei Wochen bis Ende Oktober verlängert.

Kritik kommt auch von der Bundestagsabgeordneten Johanna Voß von den Linken. Sie beklagt große Wissenslücken bei Unternehmen und politischen Entscheidungsträgern beim Thema Fracking und weist auf Gefahren hin, die nach Ansicht von Wissenschaftlern vom Fracking und den verwendeten Chemikalien ausgehen: Undichte Zementabdichtungen, unkontrollierte Rissbildungen, vermehrt auftretende Erdbeben und nicht zuletzt die ungeklärte Entsorgung der Abwässer mit radioaktiven Elementen, Quecksilber und anderen giftigen Stoffen.

Nach Auffassung der Linken sei daher nicht nur ein generelles Fracking-Verbot, sondern auch eine Reform des Bergrechts erforderlich. Ein Moratorium, wie es SPD und Grüne im Bundestag wollen, biete keine Rechtssicherheit und reiche daher nicht aus.