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Kein Wort über den Hass

Der Newsletter der SPD-Bundestagsabgeordneten Hiltrud Lotze offenbart erstaunliche Lücken

Beschäftigt sich lieber mit Omas gegen Rechts als mit antisemitischem Hass pro-palästinensischer Gruppen: die SPD-Bundestagsabgeordnete Hiltrud Lotze. Foto: LotzeLüneburg/Berlin, 03.06.2021 - "Nicht sein kann, was nicht sein darf" – Christian Morgenstern brachte mit seinem inzwischen vielzitierten Vers auf den Punkt, was heute gängiges Prinzip bei Politikern und Medien ist. Beide haben schließlich eines gemeinsam: Ausblenden, was nicht ins politische Weltbild passt. Nach diesem wohlerprobten Verfahren scheint auch Lüneburgs Bundestagsabgeordnete Hiltrud Lotze (SPD) gern vorzugehen. In ihrem jüngsten Newsletter sprach sie vieles an – nur nicht das, womit sich sogar der Bundestag ausführlich beschäftigte.

"Die letzte Sitzungswoche im Mai hatte es in sich", schreibt Hiltrud Lotze in ihrem Newsletter und führt auch gleich Beispiele an: die Verabschiedung des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes oder das Gesetz zum Aufladen von Elektroautos und zur Ganztagsbetreuung von Schulkindern. Auch das Transsexuellengesetz war ebenso Thema im Bundestag wie das Schnelladegesetz für Elektroautos. 

Nur über ein Thema, das nahezu eine Woche lang durch die Medien ging, weil selbst diese davor doch nicht ganz die Augen verschließen konnten, kam bei Lotze nicht vor: die antisemitischen Hassreden bei pro-palästinensischen Kundgebungen in zahlreichen deutschen Städten. Dass der Bundestag darüber debattierte, dass er Antisemitismus ablehnt – kein Wort darüber bei Hiltrud Lotze.

Warum sie darüber in ihrem Newsletter nicht berichtet habe, wollte LGheute von der SPD-Bundestagsabgeordneten wissen. Nach gut einer Woche und auch erst auf erneutes Nachfragen kam die Antwort: "In meinem Newsletter greife ich immer nur eine Auswahl an Themen auf und zeige einen Ausschnitt aus meiner Abgeordnetentätigkeit. Es würde den Rahmen des Newsletter sprengen, ginge ich auf jedes Thema einer Sitzungswoche ein, sei es auch noch so relevant. Diese Reduktion auf einen überschaubaren Umfang heißt nicht mangelndes Interesse oder Engagement in anderen Themenfeldern."

Dafür zeigte sie "Haltung" in Lüneburg. Hier traf sich Lotze, wie dem Newsletter zu entnehmen war, mit den "Omas gegen Rechts". Gelte es doch, den rechten Parolen Paroli zu bieten. Ein Gespräch mit pro-palästinensischen Gruppen, die es auch in Lüneburg gibt und von denen man sicher gern erfahren hätte, wie sie nicht nur zu Israel, sondern vor allem zu den Juden stehen  – davon war nichts zu lesen.

Lieber posierte Lotze vor dem Theater in Lüneburg. Sie war auf Einladung der "Mitarbeiter*innen" des Theaters zum Aktionstag "40.000 Theatermitarbeiter:innen treffen ihre Abgeordneten" an die Lindenstraße gekommen. Ihr Fazit: "Das Theater bietet einen Grundbaustein für die Auseinandersetzung mit Demokratie."Jawoll.

Dort fehlte nur noch eine Einlage mit dem Gedicht von Christian Morgenstern und dem Vers: "nicht sein kann, was nicht sein darf". Der Titel des Gedichts lautet übrigens: "Die unmögliche Tatsache".