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Gefährliche Probefahrt

Nicht jeder Auto-Kaufinteressent hat ehrliche Absichten  

Celle, 20.10.2022 - Vorsicht bei Autoverkäufen. Nicht jeder Interessent hat ehrliche Absichten, wie aus einem vor dem Oberlandesgericht in Celle verhandelten Fall hervorgeht. Dabei hat ein Autohaus einem Kaufinteressenten einen Pkw für eine unbegleitete Probefahrt überlassen. Doch der brachte das Fahrzeug nicht zurück, sondern verkaufte es weiter.

Konkret ging es darum: Ein Autohaus gab einem angeblichen Kaufinteressenten am 8. September 2020 einen Audi Q5 für eine einstündige Probefahrt. Der Interessent, der falsche Personalien angegeben hatte, kehrte nicht zurück. Stattdessen inserierte er das Fahrzeug bei Ebay und verkaufte es schließlich für 31.000 Euro in bar. Bei dem Verkauf übergab seine Frau dem Käufer gefälschte Fahrzeugpapiere. Der Käufer übergab das Fahrzeug zwei Wochen später der Polizei, die es dem Autohaus zurückgab. Dieses verkaufte es anschließend für 35.000 Euro. Der getäuschte Käufer verlangte diesen Erlös heraus. 

Zu recht, entschied der 7. Senat des Oberlandesgerichts. Und zwar, weil er das Eigentum "wirksam" von dem Betrüger erlangt hatte. Zwar könne grundsätzlich nur der Eigentümer wirksam über eine Sache verfügen. Übergibt ein Nichtberechtigter die Kaufsache aber beim Verkauf an den Käufer, kann dieser auch dann Eigentümer werden, wenn die Sache tatsächlich nicht dem Verkäufer gehörte, so das Gericht.

Ein solcher sogenannter "gutgläubiger Erwerb von einem Nichtberechtigten" scheidee zwar aus, wenn die Kaufsache dem wahren Eigentümer gestohlen wurde oder ihm sonst abhandengekommen ist. Hier hatte das Autohaus das Fahrzeug aber freiwillig für eine unbegleitete einstündige Probefahrt herausgegeben. Damit habe es den Besitz an dem Pkw freiwillig aufgegeben, auch wenn das Auto über eingebaute SIM-Karten geortet werden konnte. Aber: Diese Ortungsmöglichkeit stand einer Begleitung bei der Probefahrt schon deshalb nicht gleich, weil eine Ortung nur mit erheblicher zeitlicher Verzögerung über die Polizei und den Hersteller möglich war. Sie schloss einen gutgläubigen Erwerb des Wagens daher nicht aus, erklärte das Gericht.

Darüber hinaus scheidet ein gutgläubiger Erwerb des gestohlenen Fahrzeugs zwar auch dann aus, wenn der Käufer grob fahrlässig nicht erkannt hat, dass der Verkäufer nicht der Eigentümer war. Bei dem Kauf eines Kraftfahrzeugs muss er sich zumindest den Kraftfahrzeugbrief beziehungsweise die Zulassungsbescheinigung Teil II vorlegen lassen, um die Berechtigung des Verkäufers zu prüfen. Die Zulassungsbescheinigung sei hier aber so professionell gefälscht worden, dass der Käufer die Fälschung nicht erkennen musste, befand das Gericht.

Der Verkauf eines gebrauchten Pkw auf der Straße gegen Bargeld ist nach Auffassung des Senats auch nicht unüblich und habe keinen Verdacht erwecken müssen, zumal der Kaufpreis nicht auffallend günstig war. Dass der Verkäufer den Zweitschlüssel nicht mit übergeben konnte, habe er nachvollziehbar damit erklärt, dass sich der Käufer erheblich verspätet hatte, er selbst aber nicht habe warten können und vergessen habe, seiner Frau den Zweitschlüssel zu geben.