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Mehr Einnahmen, aber kein Geld fürs Theater?

Hannover kann mit knapp 700 Millionen Euro Mehreinnahmen rechnen – Grüner Finanzminister sieht dennoch "keine Spielräume"

Niedersachsen kann sich über deutliche Steuer-Mehreinnahmen freuen. Grafik: Arbeitsgruppe Steuerschätzung und Finanzministerium HannoverHannover, 30.10.2023 - Wenn Landrat Jens Böther und Lüneburgs Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch demnächst in Hannover vorsprechen, um mehr Geld für das angeschlagene Theater locker zu machen, sollten sie die Zahlen im Gepäck haben, die heute in Hannover veröffentlicht wurden. Danach zeichnet sich ein deutliches Plus bei den Steuereinnahmen von knapp 700 Millionen Euro ab, wie die aktuelle Steuerschätzung ergab. Eine Million fürs Theater sollte da doch eigentlich drin sein, sollte man glauben. Doch Hannover wiegelt schon ab.

Die aktuelle Steuerschätzung bestätige die Budgetplanungen des Landes Niedersachsen, eröffne aber keine neuen Spielräume durch höhere Steuereinnahmen, teilte das Finanzministerium heute mit. Weder für zusätzliche Ausgaben noch für substanzielle Steuersenkungen sei Geld da, erklärte Finanzminister Gerold Heere (Grüne).

◼︎ Deutliches Plus von 676 Millionen Euro

Dabei müsste er sich über die aktuelle Steuerschätzung eigentlich freuen, denn unterm Strich werden für das laufende Jahr höhere Einnahmen in Höhe von 676 Millionen Euro angesetzt. Dies geht insbesondere auf inflationsbedingte Mehreinnahmen und einen weiteren Beitrag des Bundes an den flüchtlingsbezogenen Ausgaben zurück, der noch in diesem Jahr an die Kommunen weitergeleitet werden muss. Ob sich am Ende tatsächlich ein solch hohes Plus in 2023 einstellen wird, bleibe aber abzuwarten, heißt es in Hannover.

Seine gewohnt skeptische Haltung begründet das Finanzministerium damit, dass aus konjunktureller Sicht das Sommerhalbjahr aufgrund der "weiterhin hohen Inflation und hohen Unsicherheit" deutlich schwächer verlaufen sei als noch im Frühjahr erwartet. Die aktuelle Steuerschätzung geht nun für 2023 von einer Rezession aus und korrigiert die preisbereinigte Wachstumserwartung von zuletzt +0,4 Prozent auf -0,4 Prozent. Für 2024 wird das reale Wachstum auf +1,3 Prozent abgesenkt. Für die Mai-Steuerschätzung wurde ein Wachstum von + 1,6 Prozent angenommen. Für 2025 wird nunmehr ein reales Wachstum von +1,5 Prozent erwartet. 

◼︎ Finanzminister zeichnet düsteres Bild

Ein düsteres Bild zeichnet Finanzminister Heere auch mit Blick auf die gesamtwirtschaftliche Situation, es drohten "erhebliche Abwärtsrisiken". So seien die Unsicherheiten mit Blick auf die geopolitischen Entwicklungen weiterhin hoch und schlössen eine weitere Eskalation oder die Entstehung neuer Konflikte nicht aus, die zu erneuten Verunsicherungen, Lieferkettenproblemen und Preisanstiegen führen könnten. Binnenwirtschaftlich entwickle sich die Bauwirtschaft angesichts der Fachkräfteengpässe sowie der gestiegenen Finanzierungskosten zudem schlechter. Warum die Steuereinnahmen in den kommenden Jahren dennoch steigen werden, erklärte er nicht.

Welchen Blick wiederum Wirtschaftsminister Olaf Lies auf die Entwicklung Niedersachens in den kommenden Monaten wirft, wurde ebenfalls nicht mitgeteilt. Lies dürfte das Düster-Szenario seines Kabinetts-Kollegen vermutlich nicht teilen. Böther und Kalisch wären daher gut beraten, dies bei ihren Verhandlungen mit Hannover in die Waagschale zu werfen. Zumal die Steuereinnahmen in den kommenden Jahren weiter deutlich ansteigen werden, wie die Zahlen aus dem Finanzministerium belegen.