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Gemälde-Posse im Lüneburger Rathaus

Oberbürgermeisterin Kalisch drückt sich um Entscheidung beim Zwist mit Alt-OB Mädge zur "Ahnengalerie"

Die andere Seite des Rathauses: Hinter diesen Fenstern wird entschieden, was in Lüneburg geschieht – oder auch nicht. Foto: LGheuteLüneburg, 17.01.2024 - Hat die Stadt keine anderen Probleme? Diese Frage poppt unwillkürlich auf bei einer Posse, die derzeit das Lüneburger Rathaus bietet. Was die Chefetage dort aktuell umtreibt ist die Frage, wie und an welchem Ort im Rathaus ehemalige Oberbürgermeister der Stadt mit einem Bildnis geehrt werden sollen. Das Thema ist offenbar so brisant, dass darüber öffentlich nicht gesprochen, geschweige denn geschrieben werden darf. Das macht die Stadtverwaltung nun von sich aus und beklagt obendrein Unterstellungen, ohne diese aber zu benennen. Und nun stehen auch noch 10.000 Euro für ein Foto im Raum.

Der Reihe nach: Es ist Tradition, dass Lüneburgs ehemalige Oberstadtdirektoren und Oberbürgermeister in einem Seitengang des Rathauses ihren Platz in der dortigen "Ahnengalerie" finden, die Oberbürgermeister mit einem gemalten Portrait, die Oberstadtdirektoren – bis 1996 waren die Ämter noch getrennt – mit einem Foto. Nun gibt es eine interne Diskussion darüber, wie die Verwaltung mit dem Wunsch von Alt-OB Ulrich Mädge (SPD) umgehen soll. Der nämlich möchte kein Gemälde, sondern nur ein Foto von sich aufgehängt sehen. Da Mädge aber erstmalig beide Ämter in einer Person vereinigte, sieht sich die amtierende Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch (Grüne) vor ein für sie allein offenbar unlösbares Problem gestellt: Soll, kann, darf oder muss sie dem Wunsch stattgeben oder nicht?

Weil hierzu aus Sicht des Rathauses "grundsätzliche Vorgaben" fehlen, hat die Oberbürgermeisterin den Rat der Stadt eingeschaltet. Doch nicht nur das: Der Vorgang wurde auch gleich in den Verwaltungsausschuss gehoben, in dem bekanntlich ein ausgewählter Kreis der im Rat der Stadt vertretenen Fraktionen hinter verschlossenen Türen Entscheidungen treffen, die nicht an die Öffentlichkeit dringen sollen.

◼︎ Thema gelangt doch an die Öffentlichkeit

Das aber passierte dann doch. Der frühere Chefreporter der "Landeszeitung", Carlo Eggeling, hatte Wind von der Sache bekommen und darüber auf seinen Kanälen berichtet – kein ungewöhnlicher Vorgang und Alltagsgeschäft vor allem kritischer Medien. Im Lüneburger Rathaus aber kam dies nicht gut an. Per Pressemitteilung wurde das Vorgehen des Journalisten kritisiert, ebenso, dass er kritisiert habe, dass sich der Verwaltungsausschuss nicht-öffentlich mit dem Thema beschäftigt habe. Die Erklärung aus Sicht des Rathauses: "Es gibt gute Gründe für die rechtlich vorgegebene Nicht-Öffentlichkeit des Verwaltungsausschusses."

Zwar wurde dies von niemandem bestritten, doch erklärt es nicht, warum ein Thema wie die Frage, ob für einen früheren Oberbürgermeister ein Gemälde oder ein Foto angefertigt werden soll, Gegenstand einer Behandlung im Verwaltungsausschuss sein muss, zumal es dafür keine Vorgaben gibt und allein das Rathaus entscheidet, was dort auf die Tagesordnung kommt.

◼︎ Oberbürgermeisterin hätte auch allein entscheiden können

Hinzu kommt, dass Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch die Angelegenheit souverän auch hätte allein entscheiden können. Schließlich steht ihr für alles Mögliche ein Betrag von 12.500 Euro zur Verfügung, über den sie ohne Einbindung weiterer Gremien selbsttätig verfügen darf, egal wie oft. Und: Ein entsprechendes Angebot, das Mädge-Foto für 10.000 Euro anzufertigen, gibt es auch. Es wäre also ein Leichtes gewesen, das Thema per Verwaltungsakt entscheiden und sich wieder den wirklich wichtigen Themen zuwenden zu können.

Nicht so Kalisch. Sie bindet für das vermeintliche Gemälde-Problem lieber den Verwaltungsausschuss ein und erklärt dies mit ihrer Befangenheit als Oberbürgermeisterin und dem daraus folgenden "Mitwirkungsverbot", weil sie ja irgendwann auch selbst von einer wie auch immer getroffenen Entscheidung profitieren werde. Das ist zwar richtig, nur scheint es hier anlässlich der offenkundig untergeordneten Bedeutung des Themas doch eher so zu sein, dass sie einer Entscheidung von sich aus aus dem Weg gehen will.

Stattdessen ist von "grundsätzlichen Entscheidungen" die Rede, die aus Sicht des Rathauses diesen Schritt notwendig machten. Und weiter: "Aufgrund der Relevanz des Themas auch mit Blick auf die Außendarstellung städtischer Würdenträger:innen gilt es hier, Maß und Mitte zu finden und eine breite politische Einigkeit herzustellen" – höher hätte man die Gemälde-Frage wohl kaum aufhängen können.

◼︎ Unterstellungen! Nur welche? 

Doch damit nicht genug. In der Pressemitteilung, in der das Rathaus sich ausgiebig über dieses Thema, das es eigentlich ja lieber hinter verschlossenen Türen behandelt wissen wollte, auslässt, ist auch von "Unterstellungen" die Rede, die Kalisch sich sogar "verbittet". Leider wird darin nicht verraten, welche es sind und von wem sie stammen, auch nicht auf Nachfrage von LGheute.

Zurück bleibt vorerst der Eindruck einer angefassten Oberbürgermeisterin, die sich obendrein noch einer Pressearbeit ihres Hauses ausgesetzt sieht, die durch ihr Agieren das Feuer, das sie löschen sollte, erst richtig zum Lodern brachte.